machte, schrieb Käthe ziemlich ketzerisch zurück: "Sorge Dich nicht, Mama. Botho's Bruder hat sich ja nun ebenfalls verlobt, in einem halben Jahr ist Hochzeit und ich überlass' es gern meiner zu¬ künftigen Schwägerin, sich die Fortdauer des Hauses Rienäcker angelegen sein zu lassen."
Botho sah es anders an, aber auch sein Glück wurde durch das, was fehlte, nicht sonderlich getrübt, und wenn ihn trotzdem von Zeit zu Zeit eine Mi߬ stimmung anwandelte, so war es, wie schon damals auf seiner Dresdener Hochzeitsreise, vorwiegend dar¬ über, daß mit Käthe wohl ein leidlich vernünftiges, aber durchaus kein ernstes Wort zu reden war. Sie war unterhaltlich und konnte sich mitunter bis zu glücklichen Einfällen steigern, aber auch das Beste, was sie sagte, war oberflächlich und "spielrig", als ob sie der Fähigkeit entbehrt hätte, zwischen wich¬ tigen und unwichtigen Dingen zu unterscheiden. Und was das Schlimmste war, sie betrachtete das alles als einen Vorzug, wußte sich was damit und dachte nicht daran, es abzulegen. "Aber, Käthe, Käthe," rief Botho dann wohl und ließ in diesem Zuruf etwas von Mißbilligung mit durchklingen, ihr glückliches Naturell aber wußt' ihn immer wieder zu entwaffnen, ja, so sehr, daß er sich mit dem An¬ spruch, den er erhob, fast pedantisch vorkam.
Lene mit ihrer Einfachheit, Wahrheit und Un¬
machte, ſchrieb Käthe ziemlich ketzeriſch zurück: „Sorge Dich nicht, Mama. Botho's Bruder hat ſich ja nun ebenfalls verlobt, in einem halben Jahr iſt Hochzeit und ich überlaſſ' es gern meiner zu¬ künftigen Schwägerin, ſich die Fortdauer des Hauſes Rienäcker angelegen ſein zu laſſen.“
Botho ſah es anders an, aber auch ſein Glück wurde durch das, was fehlte, nicht ſonderlich getrübt, und wenn ihn trotzdem von Zeit zu Zeit eine Mi߬ ſtimmung anwandelte, ſo war es, wie ſchon damals auf ſeiner Dresdener Hochzeitsreiſe, vorwiegend dar¬ über, daß mit Käthe wohl ein leidlich vernünftiges, aber durchaus kein ernſtes Wort zu reden war. Sie war unterhaltlich und konnte ſich mitunter bis zu glücklichen Einfällen ſteigern, aber auch das Beſte, was ſie ſagte, war oberflächlich und „ſpielrig“, als ob ſie der Fähigkeit entbehrt hätte, zwiſchen wich¬ tigen und unwichtigen Dingen zu unterſcheiden. Und was das Schlimmſte war, ſie betrachtete das alles als einen Vorzug, wußte ſich was damit und dachte nicht daran, es abzulegen. „Aber, Käthe, Käthe,“ rief Botho dann wohl und ließ in dieſem Zuruf etwas von Mißbilligung mit durchklingen, ihr glückliches Naturell aber wußt' ihn immer wieder zu entwaffnen, ja, ſo ſehr, daß er ſich mit dem An¬ ſpruch, den er erhob, faſt pedantiſch vorkam.
Lene mit ihrer Einfachheit, Wahrheit und Un¬
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machte, ſchrieb Käthe ziemlich ketzeriſch zurück:
„Sorge Dich nicht, Mama. Botho's Bruder hat
ſich ja nun ebenfalls verlobt, in einem halben Jahr
iſt Hochzeit und ich überlaſſ' es gern meiner zu¬
künftigen Schwägerin, ſich die Fortdauer des Hauſes
Rienäcker angelegen ſein zu laſſen.“
Botho ſah es anders an, aber auch ſein Glück
wurde durch das, was fehlte, nicht ſonderlich getrübt,
und wenn ihn trotzdem von Zeit zu Zeit eine Mi߬
ſtimmung anwandelte, ſo war es, wie ſchon damals
auf ſeiner Dresdener Hochzeitsreiſe, vorwiegend dar¬
über, daß mit Käthe wohl ein leidlich vernünftiges,
aber durchaus kein ernſtes Wort zu reden war. Sie
war unterhaltlich und konnte ſich mitunter bis zu
glücklichen Einfällen ſteigern, aber auch das Beſte,
was ſie ſagte, war oberflächlich und „ſpielrig“, als
ob ſie der Fähigkeit entbehrt hätte, zwiſchen wich¬
tigen und unwichtigen Dingen zu unterſcheiden.
Und was das Schlimmſte war, ſie betrachtete das
alles als einen Vorzug, wußte ſich was damit und
dachte nicht daran, es abzulegen. „Aber, Käthe,
Käthe,“ rief Botho dann wohl und ließ in dieſem
Zuruf etwas von Mißbilligung mit durchklingen,
ihr glückliches Naturell aber wußt' ihn immer wieder
zu entwaffnen, ja, ſo ſehr, daß er ſich mit dem An¬
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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/192>, abgerufen am 24.11.2024.
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