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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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schaftlich und anspruchslos genug, worin er Recht
haben mag, und Du bist ihm nicht praktisch und
lebensklug genug, worin er wohl ebenfalls das
Richtige treffen wird. Ja, Botho, so liegt es.
Mein Bruder ist ein Mann von einem sehr feinen
Rechts- und Billigkeitsgefühl und von einer in
Geldangelegenheiten geradezu hervorragenden Gen¬
tilezza, was man nur von wenigen unsrer Edelleute
sagen kann. Denn unsre gute Mark Brandenburg
ist die Sparsamkeits- und wo geholfen werden soll
sogar die Aengstlichkeitsprovinz, aber so gentil er
ist, er hat seine Launen und Eigenwilligkeiten, und
sich in diesen beharrlich gekreuzt zu sehen, hat ihn
seit einiger Zeit aufs ernsthafteste verstimmt. Er
sagte mir, als ich letzthin Veranlassung nahm, der
uns abermals drohenden Kapitalskündigung zu ge¬
denken: "Ich stehe gern zu Diensten, Schwester, wie
Du weißt, aber ich bekenne Dir offen, immer da
helfen zu sollen, wo man sich in jedem Augenblicke
selber helfen könnte, wenn man nur etwas ein¬
sichtiger und etwas weniger eigensinnig wäre, das
erhebt starke Zumuthungen an die Seite meines
Charakters, die nie meine hervorragendste war: an
meine Nachgiebigkeit. . ." Du weißt, Botho, worauf
sich diese seine Worte beziehen, und ich lege sie heute
Dir ans Herz, wie sie damals, von Onkel Kurt
Antons Seite mir ans Herz gelegt wurden. Es

ſchaftlich und anſpruchslos genug, worin er Recht
haben mag, und Du biſt ihm nicht praktiſch und
lebensklug genug, worin er wohl ebenfalls das
Richtige treffen wird. Ja, Botho, ſo liegt es.
Mein Bruder iſt ein Mann von einem ſehr feinen
Rechts- und Billigkeitsgefühl und von einer in
Geldangelegenheiten geradezu hervorragenden Gen¬
tilezza, was man nur von wenigen unſrer Edelleute
ſagen kann. Denn unſre gute Mark Brandenburg
iſt die Sparſamkeits- und wo geholfen werden ſoll
ſogar die Aengſtlichkeitsprovinz, aber ſo gentil er
iſt, er hat ſeine Launen und Eigenwilligkeiten, und
ſich in dieſen beharrlich gekreuzt zu ſehen, hat ihn
ſeit einiger Zeit aufs ernſthafteſte verſtimmt. Er
ſagte mir, als ich letzthin Veranlaſſung nahm, der
uns abermals drohenden Kapitalskündigung zu ge¬
denken: „Ich ſtehe gern zu Dienſten, Schweſter, wie
Du weißt, aber ich bekenne Dir offen, immer da
helfen zu ſollen, wo man ſich in jedem Augenblicke
ſelber helfen könnte, wenn man nur etwas ein¬
ſichtiger und etwas weniger eigenſinnig wäre, das
erhebt ſtarke Zumuthungen an die Seite meines
Charakters, die nie meine hervorragendſte war: an
meine Nachgiebigkeit. . .“ Du weißt, Botho, worauf
ſich dieſe ſeine Worte beziehen, und ich lege ſie heute
Dir ans Herz, wie ſie damals, von Onkel Kurt
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[149/0159] ſchaftlich und anſpruchslos genug, worin er Recht haben mag, und Du biſt ihm nicht praktiſch und lebensklug genug, worin er wohl ebenfalls das Richtige treffen wird. Ja, Botho, ſo liegt es. Mein Bruder iſt ein Mann von einem ſehr feinen Rechts- und Billigkeitsgefühl und von einer in Geldangelegenheiten geradezu hervorragenden Gen¬ tilezza, was man nur von wenigen unſrer Edelleute ſagen kann. Denn unſre gute Mark Brandenburg iſt die Sparſamkeits- und wo geholfen werden ſoll ſogar die Aengſtlichkeitsprovinz, aber ſo gentil er iſt, er hat ſeine Launen und Eigenwilligkeiten, und ſich in dieſen beharrlich gekreuzt zu ſehen, hat ihn ſeit einiger Zeit aufs ernſthafteſte verſtimmt. Er ſagte mir, als ich letzthin Veranlaſſung nahm, der uns abermals drohenden Kapitalskündigung zu ge¬ denken: „Ich ſtehe gern zu Dienſten, Schweſter, wie Du weißt, aber ich bekenne Dir offen, immer da helfen zu ſollen, wo man ſich in jedem Augenblicke ſelber helfen könnte, wenn man nur etwas ein¬ ſichtiger und etwas weniger eigenſinnig wäre, das erhebt ſtarke Zumuthungen an die Seite meines Charakters, die nie meine hervorragendſte war: an meine Nachgiebigkeit. . .“ Du weißt, Botho, worauf ſich dieſe ſeine Worte beziehen, und ich lege ſie heute Dir ans Herz, wie ſie damals, von Onkel Kurt Antons Seite mir ans Herz gelegt wurden. Es

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/159>, abgerufen am 27.11.2024.