gehn lassen. Und sie muß auch dumm sein, sie spricht ja kein Wort."
"Nein," sagte Margot, "dumm ist sie nicht; sie hat's blos noch nich weg. Und daß sie sich gleich an die gute Dicke 'ran macht, das is doch auch klug genug."
"Ach, die gute Dicke. Geh mir mit der. Die denkt, sie is es. Aber es is gar nichts mit ihr. Ich will ihr sonst nichts nachsagen, aber falsch ist sie, falsch wie Galgenholz."
"Nein, Johanna, falsch is sie nu grade nich. Und sie hat Dir auch öfter aus der Patsche ge¬ holfen. Du weißt schon, was ich meine."
"Gott, warum? Weil sie selber mit drin saß und weil sie sich ewig ziert und wichtig thut. Wer so dick ist, ist nie gut."
"Jott, Johanna, was Du nur redt'st. Umge¬ kehrt is es, die Dicken sind immer gut."
"Na meinetwegen. Aber das kannst Du nicht bestreiten, daß sie 'ne lächerliche Figur macht. Sieh doch nur, wie sie dahinwatschelt; wie 'ne Fettente. Und immer bis oben 'ran zu, blos weil sie sich sonst vor anständigen Leuten gar nicht sehen lassen kann. Und, Margot, das laß ich mir nicht nehmen, ein bischen schlanke Figur ist doch die Hauptsache. Wir sind doch noch keine Türken. Und warum wollte sie nicht mit auf den Kirchhof? Weil sie sich jrault?
gehn laſſen. Und ſie muß auch dumm ſein, ſie ſpricht ja kein Wort.“
„Nein,“ ſagte Margot, „dumm iſt ſie nicht; ſie hat's blos noch nich weg. Und daß ſie ſich gleich an die gute Dicke 'ran macht, das is doch auch klug genug.“
„Ach, die gute Dicke. Geh mir mit der. Die denkt, ſie is es. Aber es is gar nichts mit ihr. Ich will ihr ſonſt nichts nachſagen, aber falſch iſt ſie, falſch wie Galgenholz.“
„Nein, Johanna, falſch is ſie nu grade nich. Und ſie hat Dir auch öfter aus der Patſche ge¬ holfen. Du weißt ſchon, was ich meine.“
„Gott, warum? Weil ſie ſelber mit drin ſaß und weil ſie ſich ewig ziert und wichtig thut. Wer ſo dick iſt, iſt nie gut.“
„Jott, Johanna, was Du nur redt'ſt. Umge¬ kehrt is es, die Dicken ſind immer gut.“
„Na meinetwegen. Aber das kannſt Du nicht beſtreiten, daß ſie 'ne lächerliche Figur macht. Sieh doch nur, wie ſie dahinwatſchelt; wie 'ne Fettente. Und immer bis oben 'ran zu, blos weil ſie ſich ſonſt vor anſtändigen Leuten gar nicht ſehen laſſen kann. Und, Margot, das laß ich mir nicht nehmen, ein biſchen ſchlanke Figur iſt doch die Hauptſache. Wir ſind doch noch keine Türken. Und warum wollte ſie nicht mit auf den Kirchhof? Weil ſie ſich jrault?
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gehn laſſen. Und ſie muß auch dumm ſein, ſie
ſpricht ja kein Wort.“
„Nein,“ ſagte Margot, „dumm iſt ſie nicht; ſie
hat's blos noch nich weg. Und daß ſie ſich gleich
an die gute Dicke 'ran macht, das is doch auch
klug genug.“
„Ach, die gute Dicke. Geh mir mit der. Die
denkt, ſie is es. Aber es is gar nichts mit ihr.
Ich will ihr ſonſt nichts nachſagen, aber falſch iſt
ſie, falſch wie Galgenholz.“
„Nein, Johanna, falſch is ſie nu grade nich.
Und ſie hat Dir auch öfter aus der Patſche ge¬
holfen. Du weißt ſchon, was ich meine.“
„Gott, warum? Weil ſie ſelber mit drin ſaß
und weil ſie ſich ewig ziert und wichtig thut. Wer
ſo dick iſt, iſt nie gut.“
„Jott, Johanna, was Du nur redt'ſt. Umge¬
kehrt is es, die Dicken ſind immer gut.“
„Na meinetwegen. Aber das kannſt Du nicht
beſtreiten, daß ſie 'ne lächerliche Figur macht. Sieh
doch nur, wie ſie dahinwatſchelt; wie 'ne Fettente.
Und immer bis oben 'ran zu, blos weil ſie ſich ſonſt
vor anſtändigen Leuten gar nicht ſehen laſſen kann.
Und, Margot, das laß ich mir nicht nehmen, ein
biſchen ſchlanke Figur iſt doch die Hauptſache. Wir
ſind doch noch keine Türken. Und warum wollte
ſie nicht mit auf den Kirchhof? Weil ſie ſich jrault?
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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/151>, abgerufen am 16.02.2025.
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