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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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"Gewiß," sagte der Wirth. "Aber das will
nicht viel sagen. Wenn's viele sind, dann sind es
50 oder vielleicht auch mal hundert. Und dann
ruht es wieder und ist auf Wochen und Monate
hin mit dem ganzen Wassersport vorbei. Nein, die
Klubleute, das ist vergleichsweise bequem, das ist
zum aushalten. Aber wenn dann im Juni die
Dampfschiffe kommen, dann ist es schlimm. Und
dann bleibt es so den ganzen Sommer über oder
doch eine lange, lange Weile."

"Glaub's," sagte Botho.

" ... Dann trifft jeden Abend ein Telegramm
ein. "Morgen früh 9 Uhr Ankunft auf Spree¬
dampfer "Alsen". Tagespartie. 240 Personen."
Und dann folgen die Namen derer, die's arrangirt
haben. Einmal geht das. Aber die Länge hat die
Qual. Denn wie verläuft eine solche Partie? Bis
Dunkelwerden sind sie draußen in Wald und Wiese,
dann aber kommt das Abendbrot und dann tanzen
sie bis um 11. Nun werden Sie sagen, "das ist
nichts Großes," und wär' auch nichts Großes, wenn
der andre Tag ein Ruhetag wär'. Aber der zweite
Tag ist wie der erste und der dritte ist wie der
zweite. Jeden Abend um 11 dampft ein Dampfer
mit 240 Personen ab und jeden Morgen um 9 ist ein
Dampfer mit ebenso viel Personen wieder da. Und
inzwischen muß doch aufgeräumt und alles wieder

„Gewiß,“ ſagte der Wirth. „Aber das will
nicht viel ſagen. Wenn's viele ſind, dann ſind es
50 oder vielleicht auch mal hundert. Und dann
ruht es wieder und iſt auf Wochen und Monate
hin mit dem ganzen Waſſerſport vorbei. Nein, die
Klubleute, das iſt vergleichsweiſe bequem, das iſt
zum aushalten. Aber wenn dann im Juni die
Dampfſchiffe kommen, dann iſt es ſchlimm. Und
dann bleibt es ſo den ganzen Sommer über oder
doch eine lange, lange Weile.“

„Glaub's,“ ſagte Botho.

„ ... Dann trifft jeden Abend ein Telegramm
ein. „Morgen früh 9 Uhr Ankunft auf Spree¬
dampfer „Alſen“. Tagespartie. 240 Perſonen.“
Und dann folgen die Namen derer, die's arrangirt
haben. Einmal geht das. Aber die Länge hat die
Qual. Denn wie verläuft eine ſolche Partie? Bis
Dunkelwerden ſind ſie draußen in Wald und Wieſe,
dann aber kommt das Abendbrot und dann tanzen
ſie bis um 11. Nun werden Sie ſagen, „das iſt
nichts Großes,“ und wär' auch nichts Großes, wenn
der andre Tag ein Ruhetag wär'. Aber der zweite
Tag iſt wie der erſte und der dritte iſt wie der
zweite. Jeden Abend um 11 dampft ein Dampfer
mit 240 Perſonen ab und jeden Morgen um 9 iſt ein
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[118/0128] „Gewiß,“ ſagte der Wirth. „Aber das will nicht viel ſagen. Wenn's viele ſind, dann ſind es 50 oder vielleicht auch mal hundert. Und dann ruht es wieder und iſt auf Wochen und Monate hin mit dem ganzen Waſſerſport vorbei. Nein, die Klubleute, das iſt vergleichsweiſe bequem, das iſt zum aushalten. Aber wenn dann im Juni die Dampfſchiffe kommen, dann iſt es ſchlimm. Und dann bleibt es ſo den ganzen Sommer über oder doch eine lange, lange Weile.“ „Glaub's,“ ſagte Botho. „ ... Dann trifft jeden Abend ein Telegramm ein. „Morgen früh 9 Uhr Ankunft auf Spree¬ dampfer „Alſen“. Tagespartie. 240 Perſonen.“ Und dann folgen die Namen derer, die's arrangirt haben. Einmal geht das. Aber die Länge hat die Qual. Denn wie verläuft eine ſolche Partie? Bis Dunkelwerden ſind ſie draußen in Wald und Wieſe, dann aber kommt das Abendbrot und dann tanzen ſie bis um 11. Nun werden Sie ſagen, „das iſt nichts Großes,“ und wär' auch nichts Großes, wenn der andre Tag ein Ruhetag wär'. Aber der zweite Tag iſt wie der erſte und der dritte iſt wie der zweite. Jeden Abend um 11 dampft ein Dampfer mit 240 Perſonen ab und jeden Morgen um 9 iſt ein Dampfer mit ebenſo viel Perſonen wieder da. Und inzwiſchen muß doch aufgeräumt und alles wieder

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/128>, abgerufen am 25.11.2024.