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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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Passion hatte, sich von allem dazu Gehörigen er¬
zählen zu lassen.

"Nu," sagte die Dörr, "es war ein mittelscher;
kleine Leute. Epheu mit Azalie."

"Jott." fuhr die Nimptsch fort, "alles is jetzt
für Epheu und Azalie, blos ich nich. Epheu is ganz
gut, wenn er aufs Grab kommt und alles so grün
und dicht einspinnt, daß das Grab seine Ruhe hat
und der drunter liegt auch. Aber Epheu in'n Kranz,
das is nich richtig. Zu meiner Zeit, da nahmen
wir Immortellen, gelbe oder halbgelbe, und wenn
es ganz was Feines sein sollte, denn nahmen wir
rothe oder weiße und machten Kränze draus oder
auch blos einen und hingen ihn ans Kreuz und
da hing er denn den ganzen Winter und wenn der
Frühling kam, da hing er noch. Un manche hingen
noch länger. Aber so mit Epheu oder Azalie, das
is nichts. Un warum nich? Darum nicht, weil
es nich lange dauert. Un ich denke mir immer, je
länger der Kranz oben hängt, desto länger denkt
der Mensch auch an seinen Todten unten. Un mit¬
unter auch 'ne Wittwe, wenn sie nich zu jung is.
Un das is es, warum ich für Immortelle bin, gelbe
oder rothe oder auch weiße, un kann ja jeder einen
andern Kranz zuhängen, wenn er will. Das is
denn so für den Schein. Aber der immortellige,
das is der richtige."

Paſſion hatte, ſich von allem dazu Gehörigen er¬
zählen zu laſſen.

„Nu,“ ſagte die Dörr, „es war ein mittelſcher;
kleine Leute. Epheu mit Azalie.“

„Jott.“ fuhr die Nimptſch fort, „alles is jetzt
für Epheu und Azalie, blos ich nich. Epheu is ganz
gut, wenn er aufs Grab kommt und alles ſo grün
und dicht einſpinnt, daß das Grab ſeine Ruhe hat
und der drunter liegt auch. Aber Epheu in'n Kranz,
das is nich richtig. Zu meiner Zeit, da nahmen
wir Immortellen, gelbe oder halbgelbe, und wenn
es ganz was Feines ſein ſollte, denn nahmen wir
rothe oder weiße und machten Kränze draus oder
auch blos einen und hingen ihn ans Kreuz und
da hing er denn den ganzen Winter und wenn der
Frühling kam, da hing er noch. Un manche hingen
noch länger. Aber ſo mit Epheu oder Azalie, das
is nichts. Un warum nich? Darum nicht, weil
es nich lange dauert. Un ich denke mir immer, je
länger der Kranz oben hängt, deſto länger denkt
der Menſch auch an ſeinen Todten unten. Un mit¬
unter auch 'ne Wittwe, wenn ſie nich zu jung is.
Un das is es, warum ich für Immortelle bin, gelbe
oder rothe oder auch weiße, un kann ja jeder einen
andern Kranz zuhängen, wenn er will. Das is
denn ſo für den Schein. Aber der immortellige,
das is der richtige.“

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[96/0106] Paſſion hatte, ſich von allem dazu Gehörigen er¬ zählen zu laſſen. „Nu,“ ſagte die Dörr, „es war ein mittelſcher; kleine Leute. Epheu mit Azalie.“ „Jott.“ fuhr die Nimptſch fort, „alles is jetzt für Epheu und Azalie, blos ich nich. Epheu is ganz gut, wenn er aufs Grab kommt und alles ſo grün und dicht einſpinnt, daß das Grab ſeine Ruhe hat und der drunter liegt auch. Aber Epheu in'n Kranz, das is nich richtig. Zu meiner Zeit, da nahmen wir Immortellen, gelbe oder halbgelbe, und wenn es ganz was Feines ſein ſollte, denn nahmen wir rothe oder weiße und machten Kränze draus oder auch blos einen und hingen ihn ans Kreuz und da hing er denn den ganzen Winter und wenn der Frühling kam, da hing er noch. Un manche hingen noch länger. Aber ſo mit Epheu oder Azalie, das is nichts. Un warum nich? Darum nicht, weil es nich lange dauert. Un ich denke mir immer, je länger der Kranz oben hängt, deſto länger denkt der Menſch auch an ſeinen Todten unten. Un mit¬ unter auch 'ne Wittwe, wenn ſie nich zu jung is. Un das is es, warum ich für Immortelle bin, gelbe oder rothe oder auch weiße, un kann ja jeder einen andern Kranz zuhängen, wenn er will. Das is denn ſo für den Schein. Aber der immortellige, das is der richtige.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/106>, abgerufen am 22.11.2024.