Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.Ich las: "glückselig sind die Reinen, Ihr Sinn ist offen Gott zu schaun;" -- Es trieb in reuevollem Weinen Hinaus mich in die Frühlingsaun. Wie schwach sind unsre besten Gaben: Die Liebe strauchelt und die Treu, Das Beste was wir Menschen haben, Ist unser Wolln und unsre Reu. Ich rief zu Gott: "woll Du mich leiten, Die Gnade kennt ja kein Zuspät!" Da sah ich Ihn vorüberschreiten, Wie Lenz, in stiller Majestät. Ich las: „glückſelig ſind die Reinen, Ihr Sinn iſt offen Gott zu ſchaun;“ — Es trieb in reuevollem Weinen Hinaus mich in die Frühlingsaun. Wie ſchwach ſind unſre beſten Gaben: Die Liebe ſtrauchelt und die Treu, Das Beſte was wir Menſchen haben, Iſt unſer Wolln und unſre Reu. Ich rief zu Gott: „woll Du mich leiten, Die Gnade kennt ja kein Zuſpät!“ Da ſah ich Ihn vorüberſchreiten, Wie Lenz, in ſtiller Majeſtät. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0059" n="45"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich las: „glückſelig ſind die Reinen,</l><lb/> <l>Ihr Sinn iſt offen Gott zu ſchaun;“ —</l><lb/> <l><choice><sic>Er</sic><corr>Es</corr></choice> trieb in reuevollem Weinen</l><lb/> <l>Hinaus mich in die Frühlingsaun.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wie ſchwach ſind unſre beſten Gaben:</l><lb/> <l>Die Liebe ſtrauchelt und die Treu,</l><lb/> <l>Das Beſte was wir Menſchen haben,</l><lb/> <l>Iſt unſer Wolln und unſre Reu.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Ich rief zu Gott: „woll Du mich leiten,</l><lb/> <l>Die Gnade kennt ja kein Zuſpät!“</l><lb/> <l>Da ſah ich Ihn vorüberſchreiten,</l><lb/> <l>Wie Lenz, in ſtiller Majeſtät.</l> </lg> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0059]
Ich las: „glückſelig ſind die Reinen,
Ihr Sinn iſt offen Gott zu ſchaun;“ —
Es trieb in reuevollem Weinen
Hinaus mich in die Frühlingsaun.
Wie ſchwach ſind unſre beſten Gaben:
Die Liebe ſtrauchelt und die Treu,
Das Beſte was wir Menſchen haben,
Iſt unſer Wolln und unſre Reu.
Ich rief zu Gott: „woll Du mich leiten,
Die Gnade kennt ja kein Zuſpät!“
Da ſah ich Ihn vorüberſchreiten,
Wie Lenz, in ſtiller Majeſtät.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/59>, abgerufen am 27.07.2024. |