Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.Horch! Weiberstimmen durch die Lüfte kreischen; Da sind sie selbst; -- in Wollust zu zerfleischen, Hat ihres Fleisches Wollust sich verkehrt, -- Blut heißt jetzt was die Sinnlichkeit begehrt. Manch Eine trägt den Säugling an der Brust, Doch nirgends einer Mutter stille Lust; Mit aufgelöstem Haar, halbnackt die Leiber, So ziehn vorbei mir die Versailler Weiber. Und jetzt, verhallt kaum ist ihr Schrei nach
Brot, Da naht ein zweiter Zug, den führt der Tod, Er zieht als Mordgesell dem Zug vorauf, Und trägt zwei Stangen und zwei Köpfe drauf; Wild heulend folgen aus den Rhone-Landen Die Lyoneser- und Marseiller Banden, Siegtrunken noch vom Sturm der Tuilerien, Seh' ich die Blutgen mir vorüberziehn. Horch! Weiberſtimmen durch die Lüfte kreiſchen; Da ſind ſie ſelbſt; — in Wolluſt zu zerfleiſchen, Hat ihres Fleiſches Wolluſt ſich verkehrt, — Blut heißt jetzt was die Sinnlichkeit begehrt. Manch Eine trägt den Säugling an der Bruſt, Doch nirgends einer Mutter ſtille Luſt; Mit aufgelöſtem Haar, halbnackt die Leiber, So ziehn vorbei mir die Verſailler Weiber. Und jetzt, verhallt kaum iſt ihr Schrei nach
Brot, Da naht ein zweiter Zug, den führt der Tod, Er zieht als Mordgeſell dem Zug vorauf, Und trägt zwei Stangen und zwei Köpfe drauf; Wild heulend folgen aus den Rhône-Landen Die Lyoneſer- und Marſeiller Banden, Siegtrunken noch vom Sturm der Tuilerien, Seh’ ich die Blutgen mir vorüberziehn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0306" n="292"/> </l> <lg n="11"> <l>Horch! Weiberſtimmen durch die Lüfte kreiſchen;</l><lb/> <l>Da ſind ſie ſelbſt; — in Wolluſt zu zerfleiſchen,</l><lb/> <l>Hat ihres Fleiſches Wolluſt ſich verkehrt, —</l><lb/> <l>Blut heißt jetzt was die Sinnlichkeit begehrt.</l><lb/> <l>Manch Eine trägt den Säugling an der Bruſt,</l><lb/> <l>Doch nirgends einer Mutter ſtille Luſt;</l><lb/> <l>Mit aufgelöſtem Haar, halbnackt die Leiber,</l><lb/> <l>So ziehn vorbei mir die Verſailler Weiber.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Und jetzt, verhallt kaum iſt ihr Schrei nach</l><lb/> <l>Brot,</l><lb/> <l>Da naht ein zweiter Zug, <hi rendition="#g">den</hi> führt der Tod,</l><lb/> <l>Er zieht als Mordgeſell dem Zug vorauf,</l><lb/> <l>Und trägt zwei Stangen und zwei Köpfe drauf;</l><lb/> <l>Wild heulend folgen aus den Rh<hi rendition="#aq">ô</hi>ne-Landen</l><lb/> <l>Die Lyoneſer- und Marſeiller Banden,</l><lb/> <l>Siegtrunken noch vom Sturm der Tuilerien,</l><lb/> <l>Seh’ ich die Blutgen mir vorüberziehn.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [292/0306]
Horch! Weiberſtimmen durch die Lüfte kreiſchen;
Da ſind ſie ſelbſt; — in Wolluſt zu zerfleiſchen,
Hat ihres Fleiſches Wolluſt ſich verkehrt, —
Blut heißt jetzt was die Sinnlichkeit begehrt.
Manch Eine trägt den Säugling an der Bruſt,
Doch nirgends einer Mutter ſtille Luſt;
Mit aufgelöſtem Haar, halbnackt die Leiber,
So ziehn vorbei mir die Verſailler Weiber.
Und jetzt, verhallt kaum iſt ihr Schrei nach
Brot,
Da naht ein zweiter Zug, den führt der Tod,
Er zieht als Mordgeſell dem Zug vorauf,
Und trägt zwei Stangen und zwei Köpfe drauf;
Wild heulend folgen aus den Rhône-Landen
Die Lyoneſer- und Marſeiller Banden,
Siegtrunken noch vom Sturm der Tuilerien,
Seh’ ich die Blutgen mir vorüberziehn.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/306>, abgerufen am 17.07.2024. |