Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite
Die spricht: wenn wo ein Mädchen wacht
Um zwölf in der Sylvesternacht,
Und wenn sie deckt den Tisch für zwei,
Gewahrt sie, wer ihr Künftger sei.
Und hätt' ihn nie gesehn die Maid,
Und wär' er hundert Meilen weit,
Er tritt herein, und schickt sich an,
Und ißt und trinkt, und scheidet dann. --
Zwölf schlägt die Uhr, sie horcht erschreckt,
Sie wollt' ihr Tisch wär' ungedeckt,
Es überfällt sie Angst und Graun,
Sie will den Bräutigam nicht schaun.
Fort setzt der Zeiger seinen Lauf, --
Niemand tritt ein, -- sie athmet auf, --
Sie starrt nicht länger auf die Thür, --
Herr Gott, da sitzt er neben ihr.
Die ſpricht: wenn wo ein Mädchen wacht
Um zwölf in der Sylveſternacht,
Und wenn ſie deckt den Tiſch für zwei,
Gewahrt ſie, wer ihr Künftger ſei.
Und hätt’ ihn nie geſehn die Maid,
Und wär’ er hundert Meilen weit,
Er tritt herein, und ſchickt ſich an,
Und ißt und trinkt, und ſcheidet dann. —
Zwölf ſchlägt die Uhr, ſie horcht erſchreckt,
Sie wollt’ ihr Tiſch wär’ ungedeckt,
Es überfällt ſie Angſt und Graun,
Sie will den Bräutigam nicht ſchaun.
Fort ſetzt der Zeiger ſeinen Lauf, —
Niemand tritt ein, — ſie athmet auf, —
Sie ſtarrt nicht länger auf die Thür, —
Herr Gott, da ſitzt er neben ihr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0143" n="129"/>
            </l>
            <lg n="3">
              <l>Die &#x017F;pricht: wenn wo ein Mädchen wacht</l><lb/>
              <l>Um zwölf in der Sylve&#x017F;ternacht,</l><lb/>
              <l>Und wenn &#x017F;ie deckt den Ti&#x017F;ch für zwei,</l><lb/>
              <l>Gewahrt &#x017F;ie, wer ihr Künftger &#x017F;ei.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und hätt&#x2019; ihn nie ge&#x017F;ehn die Maid,</l><lb/>
              <l>Und wär&#x2019; er hundert Meilen weit,</l><lb/>
              <l>Er tritt herein, und &#x017F;chickt &#x017F;ich an,</l><lb/>
              <l>Und ißt und trinkt, und &#x017F;cheidet dann. &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Zwölf &#x017F;chlägt die Uhr, &#x017F;ie horcht er&#x017F;chreckt,</l><lb/>
              <l>Sie wollt&#x2019; ihr Ti&#x017F;ch wär&#x2019; ungedeckt,</l><lb/>
              <l>Es überfällt &#x017F;ie Ang&#x017F;t und Graun,</l><lb/>
              <l>Sie will den Bräutigam nicht &#x017F;chaun.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Fort &#x017F;etzt der Zeiger &#x017F;einen Lauf, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Niemand tritt ein, &#x2014; &#x017F;ie athmet auf, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;tarrt nicht länger auf die Thür, &#x2014;</l><lb/>
              <l>Herr Gott, da &#x017F;itzt er neben ihr.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0143] Die ſpricht: wenn wo ein Mädchen wacht Um zwölf in der Sylveſternacht, Und wenn ſie deckt den Tiſch für zwei, Gewahrt ſie, wer ihr Künftger ſei. Und hätt’ ihn nie geſehn die Maid, Und wär’ er hundert Meilen weit, Er tritt herein, und ſchickt ſich an, Und ißt und trinkt, und ſcheidet dann. — Zwölf ſchlägt die Uhr, ſie horcht erſchreckt, Sie wollt’ ihr Tiſch wär’ ungedeckt, Es überfällt ſie Angſt und Graun, Sie will den Bräutigam nicht ſchaun. Fort ſetzt der Zeiger ſeinen Lauf, — Niemand tritt ein, — ſie athmet auf, — Sie ſtarrt nicht länger auf die Thür, — Herr Gott, da ſitzt er neben ihr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/143
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/143>, abgerufen am 22.11.2024.