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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Siebentes Kapitel.

Es war schon heller Tag, als Effi am andern
Morgen erwachte. Sie hatte Mühe, sich zurecht¬
zufinden. Wo war sie? Richtig, in Kessin, im
Hause des Landrats von Innstetten, und sie war
seine Frau, Baronin Innstetten. Und sich aufrichtend,
sah sie sich neugierig um; am Abend vorher war
sie zu müde gewesen, um alles, was sie da halb
fremdartig, halb altmodisch umgab, genauer in Augen¬
schein zu nehmen. Zwei Säulen stützten den Decken¬
balken, und grüne Vorhänge schlossen den alkoven¬
artigen Schlafraum, in welchem die Betten standen,
von dem Rest des Zimmers ab; nur in der Mitte
fehlte der Vorhang oder war zurückgeschlagen, was
ihr von ihrem Bette aus eine bequeme Orientierung
gestattete. Da, zwischen den zwei Fenstern, stand
der schmale, bis hoch hinauf reichende Trumeau,
während rechts daneben, und schon an der Flurwand
hin, der große schwarze Kachelofen aufragte, der noch

Siebentes Kapitel.

Es war ſchon heller Tag, als Effi am andern
Morgen erwachte. Sie hatte Mühe, ſich zurecht¬
zufinden. Wo war ſie? Richtig, in Keſſin, im
Hauſe des Landrats von Innſtetten, und ſie war
ſeine Frau, Baronin Innſtetten. Und ſich aufrichtend,
ſah ſie ſich neugierig um; am Abend vorher war
ſie zu müde geweſen, um alles, was ſie da halb
fremdartig, halb altmodiſch umgab, genauer in Augen¬
ſchein zu nehmen. Zwei Säulen ſtützten den Decken¬
balken, und grüne Vorhänge ſchloſſen den alkoven¬
artigen Schlafraum, in welchem die Betten ſtanden,
von dem Reſt des Zimmers ab; nur in der Mitte
fehlte der Vorhang oder war zurückgeſchlagen, was
ihr von ihrem Bette aus eine bequeme Orientierung
geſtattete. Da, zwiſchen den zwei Fenſtern, ſtand
der ſchmale, bis hoch hinauf reichende Trumeau,
während rechts daneben, und ſchon an der Flurwand
hin, der große ſchwarze Kachelofen aufragte, der noch

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[[82]/0091] Siebentes Kapitel. Es war ſchon heller Tag, als Effi am andern Morgen erwachte. Sie hatte Mühe, ſich zurecht¬ zufinden. Wo war ſie? Richtig, in Keſſin, im Hauſe des Landrats von Innſtetten, und ſie war ſeine Frau, Baronin Innſtetten. Und ſich aufrichtend, ſah ſie ſich neugierig um; am Abend vorher war ſie zu müde geweſen, um alles, was ſie da halb fremdartig, halb altmodiſch umgab, genauer in Augen¬ ſchein zu nehmen. Zwei Säulen ſtützten den Decken¬ balken, und grüne Vorhänge ſchloſſen den alkoven¬ artigen Schlafraum, in welchem die Betten ſtanden, von dem Reſt des Zimmers ab; nur in der Mitte fehlte der Vorhang oder war zurückgeſchlagen, was ihr von ihrem Bette aus eine bequeme Orientierung geſtattete. Da, zwiſchen den zwei Fenſtern, ſtand der ſchmale, bis hoch hinauf reichende Trumeau, während rechts daneben, und ſchon an der Flurwand hin, der große ſchwarze Kachelofen aufragte, der noch

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. [82]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/91>, abgerufen am 23.11.2024.