Das ist für 'nen Leutnant, der Schulden hat. Aber ein Mann wie Sie! Wollen Sie mit einem roten Fez einem Palawer präsidieren oder mit einem Schwiegersohn von König Mtesa Blutfreundschaft schließen? Oder wollen Sie sich in einem Tropen¬ helm, mit sechs Löchern oben, am Kongo entlang tasten, bis Sie bei Kamerun oder da herum wieder heraus kommen? Unmöglich!"
"Unmöglich? Warum? Und wenn unmög¬ lich, was dann?"
"Einfach hier bleiben und Resignation üben. Wer ist denn unbedrückt? Wer sagte nicht jeden Tag: ,eigentlich eine sehr fragwürdige Geschichte.' Sie wissen, ich habe auch mein Päckchen zu tragen, nicht gerade das Ihrige, aber nicht viel leichter. Es ist Thorheit mit dem im Urwald-Umherkriechen oder in einem Termitenhügel nächtigen; wer's mag, der mag es, aber für unserein ist es nichts. In der Bresche stehen und aushalten, bis man fällt, das ist das beste. Vorher aber im kleinen und kleinsten so viel herausschlagen wie möglich, und ein Auge dafür haben, wenn die Veilchen blühen oder das Luisen¬ denkmal in Blumen steht oder die kleinen Mädchen mit hohen Schnürstiefeln über die Korde springen. Oder auch wohl nach Potsdam fahren und in die Friedenskirche gehen, wo Kaiser Friedrich liegt, und
Effi Brieſt
Das iſt für 'nen Leutnant, der Schulden hat. Aber ein Mann wie Sie! Wollen Sie mit einem roten Fez einem Palawer präſidieren oder mit einem Schwiegerſohn von König Mteſa Blutfreundſchaft ſchließen? Oder wollen Sie ſich in einem Tropen¬ helm, mit ſechs Löchern oben, am Kongo entlang taſten, bis Sie bei Kamerun oder da herum wieder heraus kommen? Unmöglich!“
„Unmöglich? Warum? Und wenn unmög¬ lich, was dann?“
„Einfach hier bleiben und Reſignation üben. Wer iſt denn unbedrückt? Wer ſagte nicht jeden Tag: ,eigentlich eine ſehr fragwürdige Geſchichte.‘ Sie wiſſen, ich habe auch mein Päckchen zu tragen, nicht gerade das Ihrige, aber nicht viel leichter. Es iſt Thorheit mit dem im Urwald-Umherkriechen oder in einem Termitenhügel nächtigen; wer's mag, der mag es, aber für unſerein iſt es nichts. In der Breſche ſtehen und aushalten, bis man fällt, das iſt das beſte. Vorher aber im kleinen und kleinſten ſo viel herausſchlagen wie möglich, und ein Auge dafür haben, wenn die Veilchen blühen oder das Luiſen¬ denkmal in Blumen ſteht oder die kleinen Mädchen mit hohen Schnürſtiefeln über die Korde ſpringen. Oder auch wohl nach Potsdam fahren und in die Friedenskirche gehen, wo Kaiſer Friedrich liegt, und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0516"n="507"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw> Das iſt für 'nen Leutnant, der Schulden hat. Aber<lb/>
ein Mann wie Sie! Wollen Sie mit einem roten<lb/>
Fez einem Palawer präſidieren oder mit einem<lb/>
Schwiegerſohn von König Mteſa Blutfreundſchaft<lb/>ſchließen? Oder wollen Sie ſich in einem Tropen¬<lb/>
helm, mit ſechs Löchern oben, am Kongo entlang<lb/>
taſten, bis Sie bei Kamerun oder da herum wieder<lb/>
heraus kommen? Unmöglich!“</p><lb/><p>„Unmöglich? Warum? Und <hirendition="#g">wenn</hi> unmög¬<lb/>
lich, was dann?“</p><lb/><p>„Einfach hier bleiben und Reſignation üben.<lb/>
Wer iſt denn unbedrückt? Wer ſagte nicht jeden<lb/>
Tag: ,eigentlich eine ſehr fragwürdige Geſchichte.‘<lb/>
Sie wiſſen, ich habe auch mein Päckchen zu tragen,<lb/>
nicht gerade das Ihrige, aber nicht viel leichter. Es<lb/>
iſt Thorheit mit dem im Urwald-Umherkriechen oder<lb/>
in einem Termitenhügel nächtigen; wer's mag, der<lb/>
mag es, aber für unſerein iſt es nichts. In der<lb/>
Breſche ſtehen und aushalten, bis man fällt, das iſt<lb/>
das beſte. Vorher aber im kleinen und kleinſten ſo<lb/>
viel herausſchlagen wie möglich, und ein Auge dafür<lb/>
haben, wenn die Veilchen blühen oder das Luiſen¬<lb/>
denkmal in Blumen ſteht oder die kleinen Mädchen<lb/>
mit hohen Schnürſtiefeln über die Korde ſpringen.<lb/>
Oder auch wohl nach Potsdam fahren und in die<lb/>
Friedenskirche gehen, wo Kaiſer Friedrich liegt, und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[507/0516]
Effi Brieſt
Das iſt für 'nen Leutnant, der Schulden hat. Aber
ein Mann wie Sie! Wollen Sie mit einem roten
Fez einem Palawer präſidieren oder mit einem
Schwiegerſohn von König Mteſa Blutfreundſchaft
ſchließen? Oder wollen Sie ſich in einem Tropen¬
helm, mit ſechs Löchern oben, am Kongo entlang
taſten, bis Sie bei Kamerun oder da herum wieder
heraus kommen? Unmöglich!“
„Unmöglich? Warum? Und wenn unmög¬
lich, was dann?“
„Einfach hier bleiben und Reſignation üben.
Wer iſt denn unbedrückt? Wer ſagte nicht jeden
Tag: ,eigentlich eine ſehr fragwürdige Geſchichte.‘
Sie wiſſen, ich habe auch mein Päckchen zu tragen,
nicht gerade das Ihrige, aber nicht viel leichter. Es
iſt Thorheit mit dem im Urwald-Umherkriechen oder
in einem Termitenhügel nächtigen; wer's mag, der
mag es, aber für unſerein iſt es nichts. In der
Breſche ſtehen und aushalten, bis man fällt, das iſt
das beſte. Vorher aber im kleinen und kleinſten ſo
viel herausſchlagen wie möglich, und ein Auge dafür
haben, wenn die Veilchen blühen oder das Luiſen¬
denkmal in Blumen ſteht oder die kleinen Mädchen
mit hohen Schnürſtiefeln über die Korde ſpringen.
Oder auch wohl nach Potsdam fahren und in die
Friedenskirche gehen, wo Kaiſer Friedrich liegt, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/516>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.