Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.Effi Briest brauch' ich nicht zu wissen." Und als sie das sosagte, waren sie bis an die Schaukel gekommen. Sie sprang hinauf, mit einer Behendigkeit wie in ihren jüngsten Mädchentagen, und ehe sich noch der Alte, der ihr zusah, von seinem halben Schreck erholen konnte, huckte sie schon zwischen den zwei Stricken nieder und setzte das Schaukelbrett durch ein geschicktes Auf- und Niederschnellen ihres Körpers in Bewegung. Ein paar Sekunden noch, und sie flog durch die Luft, und bloß mit einer Hand sich haltend, riß sie mit der andern ein kleines Seidentuch von Brust und Hals und schwenkte es wie in Glück und Über¬ mut. Dann ließ sie die Schaukel wieder langsam gehen und sprang herab und nahm wieder Niemeyer's Arm. "Effi, Du bist doch noch immer wie Du früher "Nein. Ich wollte, es wäre so. Aber es liegt Niemeyer nahm ihren Kopf in seine zwei alten Effi Brieſt brauch' ich nicht zu wiſſen.“ Und als ſie das ſoſagte, waren ſie bis an die Schaukel gekommen. Sie ſprang hinauf, mit einer Behendigkeit wie in ihren jüngſten Mädchentagen, und ehe ſich noch der Alte, der ihr zuſah, von ſeinem halben Schreck erholen konnte, huckte ſie ſchon zwiſchen den zwei Stricken nieder und ſetzte das Schaukelbrett durch ein geſchicktes Auf- und Niederſchnellen ihres Körpers in Bewegung. Ein paar Sekunden noch, und ſie flog durch die Luft, und bloß mit einer Hand ſich haltend, riß ſie mit der andern ein kleines Seidentuch von Bruſt und Hals und ſchwenkte es wie in Glück und Über¬ mut. Dann ließ ſie die Schaukel wieder langſam gehen und ſprang herab und nahm wieder Niemeyer's Arm. „Effi, Du biſt doch noch immer wie Du früher „Nein. Ich wollte, es wäre ſo. Aber es liegt Niemeyer nahm ihren Kopf in ſeine zwei alten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0504" n="495"/><fw place="top" type="header">Effi Brieſt<lb/></fw> brauch' ich nicht zu wiſſen.“ Und als ſie das ſo<lb/> ſagte, waren ſie bis an die Schaukel gekommen.<lb/> Sie ſprang hinauf, mit einer Behendigkeit wie in<lb/> ihren jüngſten Mädchentagen, und ehe ſich noch der<lb/> Alte, der ihr zuſah, von ſeinem halben Schreck erholen<lb/> konnte, huckte ſie ſchon zwiſchen den zwei Stricken<lb/> nieder und ſetzte das Schaukelbrett durch ein geſchicktes<lb/> Auf- und Niederſchnellen ihres Körpers in Bewegung.<lb/> Ein paar Sekunden noch, und ſie flog durch die<lb/> Luft, und bloß mit einer Hand ſich haltend, riß ſie<lb/> mit der andern ein kleines Seidentuch von Bruſt<lb/> und Hals und ſchwenkte es wie in Glück und Über¬<lb/> mut. Dann ließ ſie die Schaukel wieder langſam gehen<lb/> und ſprang herab und nahm wieder Niemeyer's Arm.</p><lb/> <p>„Effi, Du biſt doch noch immer wie Du früher<lb/> warſt.“</p><lb/> <p>„Nein. Ich wollte, es wäre ſo. Aber es liegt<lb/><hi rendition="#g">ganz</hi> zurück, und ich hab' es nur noch einmal ver¬<lb/> ſuchen wollen. Ach, wie ſchön es war, und wie mir die<lb/> Luft wohlthat; mir war, als flög' ich in den Himmel.<lb/> Ob ich wohl hineinkomme? Sagen Sie mir's, Freund,<lb/> Sie müſſen es wiſſen. Bitte, bitte …“</p><lb/> <p>Niemeyer nahm ihren Kopf in ſeine zwei alten<lb/> Hände und gab ihr einen Kuß auf die Stirn und<lb/> ſagte: „Ja, Effi, Du wirſt.“</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [495/0504]
Effi Brieſt
brauch' ich nicht zu wiſſen.“ Und als ſie das ſo
ſagte, waren ſie bis an die Schaukel gekommen.
Sie ſprang hinauf, mit einer Behendigkeit wie in
ihren jüngſten Mädchentagen, und ehe ſich noch der
Alte, der ihr zuſah, von ſeinem halben Schreck erholen
konnte, huckte ſie ſchon zwiſchen den zwei Stricken
nieder und ſetzte das Schaukelbrett durch ein geſchicktes
Auf- und Niederſchnellen ihres Körpers in Bewegung.
Ein paar Sekunden noch, und ſie flog durch die
Luft, und bloß mit einer Hand ſich haltend, riß ſie
mit der andern ein kleines Seidentuch von Bruſt
und Hals und ſchwenkte es wie in Glück und Über¬
mut. Dann ließ ſie die Schaukel wieder langſam gehen
und ſprang herab und nahm wieder Niemeyer's Arm.
„Effi, Du biſt doch noch immer wie Du früher
warſt.“
„Nein. Ich wollte, es wäre ſo. Aber es liegt
ganz zurück, und ich hab' es nur noch einmal ver¬
ſuchen wollen. Ach, wie ſchön es war, und wie mir die
Luft wohlthat; mir war, als flög' ich in den Himmel.
Ob ich wohl hineinkomme? Sagen Sie mir's, Freund,
Sie müſſen es wiſſen. Bitte, bitte …“
Niemeyer nahm ihren Kopf in ſeine zwei alten
Hände und gab ihr einen Kuß auf die Stirn und
ſagte: „Ja, Effi, Du wirſt.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |