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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"Sie finden sich selbst in der Haltung Ihres
Herrn Gemahls zurecht und verlangen nur, daß
einem natürlichen Gefühle, wohl dem schönsten unserer
Gefühle (wenigstens wir Frauen werden uns darin
finden), sein Recht werde. Treff' ich es darin?"

"In allem."

"Und so soll ich denn die Erlaubnis zu ge¬
legentlichen Begegnungen erwirken, in Ihrem Hause,
wo Sie versuchen können, sich das Herz Ihres Kindes
zurückzuerobern."

Effi drückte noch einmal ihre Zustimmung aus,
während die Ministerin fortfuhr: "Ich werde also
thun, meine gnädigste Frau, was ich thun kann.
Aber wir werden es nicht eben leicht haben. Ihr
Herr Gemahl, verzeihen Sie, daß ich ihn nach wie
vor so nenne, ist ein Mann, der nicht nach Stim¬
mungen und Laune, sondern nach Grundsätzen handelt
und diese fallen zu lassen oder auch nur momentan
aufzugeben, wird ihm hart ankommen. Läg' es
nicht so, so wäre seine Handlungs- und Erziehungs¬
weise längst eine andere gewesen. Das, was hart
für Ihr Herz ist, hält er für richtig."

"So meinen Exzellenz vielleicht, es wäre besser,
meine Bitte zurückzunehmen?"

"Doch nicht. Ich wollte nur das Thun Ihres
Herrn Gemahls erklären, um nicht zu sagen recht¬

Effi Brieſt

„Sie finden ſich ſelbſt in der Haltung Ihres
Herrn Gemahls zurecht und verlangen nur, daß
einem natürlichen Gefühle, wohl dem ſchönſten unſerer
Gefühle (wenigſtens wir Frauen werden uns darin
finden), ſein Recht werde. Treff' ich es darin?“

„In allem.“

„Und ſo ſoll ich denn die Erlaubnis zu ge¬
legentlichen Begegnungen erwirken, in Ihrem Hauſe,
wo Sie verſuchen können, ſich das Herz Ihres Kindes
zurückzuerobern.“

Effi drückte noch einmal ihre Zuſtimmung aus,
während die Miniſterin fortfuhr: „Ich werde alſo
thun, meine gnädigſte Frau, was ich thun kann.
Aber wir werden es nicht eben leicht haben. Ihr
Herr Gemahl, verzeihen Sie, daß ich ihn nach wie
vor ſo nenne, iſt ein Mann, der nicht nach Stim¬
mungen und Laune, ſondern nach Grundſätzen handelt
und dieſe fallen zu laſſen oder auch nur momentan
aufzugeben, wird ihm hart ankommen. Läg' es
nicht ſo, ſo wäre ſeine Handlungs- und Erziehungs¬
weiſe längſt eine andere geweſen. Das, was hart
für Ihr Herz iſt, hält er für richtig.“

„So meinen Exzellenz vielleicht, es wäre beſſer,
meine Bitte zurückzunehmen?“

„Doch nicht. Ich wollte nur das Thun Ihres
Herrn Gemahls erklären, um nicht zu ſagen recht¬

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[475/0484] Effi Brieſt „Sie finden ſich ſelbſt in der Haltung Ihres Herrn Gemahls zurecht und verlangen nur, daß einem natürlichen Gefühle, wohl dem ſchönſten unſerer Gefühle (wenigſtens wir Frauen werden uns darin finden), ſein Recht werde. Treff' ich es darin?“ „In allem.“ „Und ſo ſoll ich denn die Erlaubnis zu ge¬ legentlichen Begegnungen erwirken, in Ihrem Hauſe, wo Sie verſuchen können, ſich das Herz Ihres Kindes zurückzuerobern.“ Effi drückte noch einmal ihre Zuſtimmung aus, während die Miniſterin fortfuhr: „Ich werde alſo thun, meine gnädigſte Frau, was ich thun kann. Aber wir werden es nicht eben leicht haben. Ihr Herr Gemahl, verzeihen Sie, daß ich ihn nach wie vor ſo nenne, iſt ein Mann, der nicht nach Stim¬ mungen und Laune, ſondern nach Grundſätzen handelt und dieſe fallen zu laſſen oder auch nur momentan aufzugeben, wird ihm hart ankommen. Läg' es nicht ſo, ſo wäre ſeine Handlungs- und Erziehungs¬ weiſe längſt eine andere geweſen. Das, was hart für Ihr Herz iſt, hält er für richtig.“ „So meinen Exzellenz vielleicht, es wäre beſſer, meine Bitte zurückzunehmen?“ „Doch nicht. Ich wollte nur das Thun Ihres Herrn Gemahls erklären, um nicht zu ſagen recht¬

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/484>, abgerufen am 25.11.2024.