Ehe Effi darauf antworten konnte, trat Afra ein und meldete, daß man sich eben zum Lunch versammle. Die Herrschaften seien alle sehr in Aufregung: der Kaiser käme wahrscheinlich auf drei Wochen, und am Schluß seien große Manöver, und die Bonner Husaren kämen auch.
Die Zwicker überschlug sofort, ob es sich verlohnen würde, bis dahin zu bleiben, kam zu einem entschiedenen "Ja" und ging dann, um Effi's Ausbleiben beim Lunch zu entschuldigen.
Als gleich danach auch Afra gehen wollte, sagte Effi: "Und dann, Afra, wenn Sie frei sind, kommen Sie wohl noch eine Viertelstunde zu mir, um mir beim Packen behülflich zu sein. Ich will heute noch mit dem Sieben-Uhr-Zuge fort."
"Heute noch? Ach, gnädigste Frau, das ist doch aber schade. Nun fangen ja die schönen Tage erst an."
Effi lächelte.
Die Zwicker, die noch allerlei zu hören hoffte, hatte sich nur mit Mühe bestimmen lassen, der "Frau Baronin" beim Abschiede nicht das Geleit zu geben. "Auf einem Bahnhofe," so hatte Effi versichert, "sei man immer so zerstreut und nur mit seinem Platz und seinem Gepäck beschäftigt; gerade Personen, die
Effi Brieſt
Ehe Effi darauf antworten konnte, trat Afra ein und meldete, daß man ſich eben zum Lunch verſammle. Die Herrſchaften ſeien alle ſehr in Aufregung: der Kaiſer käme wahrſcheinlich auf drei Wochen, und am Schluß ſeien große Manöver, und die Bonner Huſaren kämen auch.
Die Zwicker überſchlug ſofort, ob es ſich verlohnen würde, bis dahin zu bleiben, kam zu einem entſchiedenen „Ja“ und ging dann, um Effi's Ausbleiben beim Lunch zu entſchuldigen.
Als gleich danach auch Afra gehen wollte, ſagte Effi: „Und dann, Afra, wenn Sie frei ſind, kommen Sie wohl noch eine Viertelſtunde zu mir, um mir beim Packen behülflich zu ſein. Ich will heute noch mit dem Sieben-Uhr-Zuge fort.“
„Heute noch? Ach, gnädigſte Frau, das iſt doch aber ſchade. Nun fangen ja die ſchönen Tage erſt an.“
Effi lächelte.
Die Zwicker, die noch allerlei zu hören hoffte, hatte ſich nur mit Mühe beſtimmen laſſen, der „Frau Baronin“ beim Abſchiede nicht das Geleit zu geben. „Auf einem Bahnhofe,“ ſo hatte Effi verſichert, „ſei man immer ſo zerſtreut und nur mit ſeinem Platz und ſeinem Gepäck beſchäftigt; gerade Perſonen, die
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0459"n="450"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw><p>Ehe Effi darauf antworten konnte, trat Afra<lb/>
ein und meldete, daß man ſich eben zum Lunch<lb/>
verſammle. Die Herrſchaften ſeien alle ſehr in<lb/>
Aufregung: der Kaiſer käme wahrſcheinlich auf drei<lb/>
Wochen, und am Schluß ſeien große Manöver, und<lb/>
die Bonner Huſaren kämen auch.</p><lb/><p>Die Zwicker überſchlug ſofort, ob es ſich verlohnen<lb/>
würde, bis dahin zu bleiben, kam zu einem entſchiedenen<lb/>„Ja“ und ging dann, um Effi's Ausbleiben beim<lb/>
Lunch zu entſchuldigen.</p><lb/><p>Als gleich danach auch Afra gehen wollte, ſagte<lb/>
Effi: „Und dann, Afra, wenn Sie frei ſind, kommen<lb/>
Sie wohl noch eine Viertelſtunde zu mir, um mir<lb/>
beim Packen behülflich zu ſein. Ich will heute noch<lb/>
mit dem Sieben-Uhr-Zuge fort.“</p><lb/><p>„Heute noch? Ach, gnädigſte Frau, das iſt<lb/>
doch aber ſchade. Nun fangen ja die ſchönen Tage<lb/>
erſt an.“</p><lb/><p>Effi lächelte.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Die Zwicker, die noch allerlei zu hören hoffte,<lb/>
hatte ſich nur mit Mühe beſtimmen laſſen, der „Frau<lb/>
Baronin“ beim Abſchiede nicht das Geleit zu geben.<lb/>„Auf einem Bahnhofe,“ſo hatte Effi verſichert, „ſei<lb/>
man immer ſo zerſtreut und nur mit ſeinem Platz<lb/>
und ſeinem Gepäck beſchäftigt; gerade Perſonen, die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[450/0459]
Effi Brieſt
Ehe Effi darauf antworten konnte, trat Afra
ein und meldete, daß man ſich eben zum Lunch
verſammle. Die Herrſchaften ſeien alle ſehr in
Aufregung: der Kaiſer käme wahrſcheinlich auf drei
Wochen, und am Schluß ſeien große Manöver, und
die Bonner Huſaren kämen auch.
Die Zwicker überſchlug ſofort, ob es ſich verlohnen
würde, bis dahin zu bleiben, kam zu einem entſchiedenen
„Ja“ und ging dann, um Effi's Ausbleiben beim
Lunch zu entſchuldigen.
Als gleich danach auch Afra gehen wollte, ſagte
Effi: „Und dann, Afra, wenn Sie frei ſind, kommen
Sie wohl noch eine Viertelſtunde zu mir, um mir
beim Packen behülflich zu ſein. Ich will heute noch
mit dem Sieben-Uhr-Zuge fort.“
„Heute noch? Ach, gnädigſte Frau, das iſt
doch aber ſchade. Nun fangen ja die ſchönen Tage
erſt an.“
Effi lächelte.
Die Zwicker, die noch allerlei zu hören hoffte,
hatte ſich nur mit Mühe beſtimmen laſſen, der „Frau
Baronin“ beim Abſchiede nicht das Geleit zu geben.
„Auf einem Bahnhofe,“ ſo hatte Effi verſichert, „ſei
man immer ſo zerſtreut und nur mit ſeinem Platz
und ſeinem Gepäck beſchäftigt; gerade Perſonen, die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/459>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.