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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
in die Irre, das verschiebt alles. Innstetten, unbe¬
stritten, ist ein famoses Menschenexemplar, Mann
von Charakter und Schneid', aber die Briest's --
verzeih' den Berolinismus, Luise -- die Briest's
sind schließlich auch nicht von schlechten Eltern. Wir
sind doch nun 'mal eine historische Familie, laß mich
hinzufügen Gott sei Dank, und die Innstetten's sind
es nicht; die Innstetten's sind bloß alt, meinet¬
wegen Uradel, aber was heißt Uradel? Ich will
nicht, daß eine Briest oder doch mindestens eine
Polterabendfigur, in der jeder das Widerspiel
unserer Effi erkennen muß -- ich will nicht, daß
eine Briest mittelbar oder unmittelbar in einem fort
von "Hoher Herr" spricht. Da müßte denn doch
Innstetten wenigstens ein verkappter Hohenzoller sein,
es giebt ja dergleichen. Das ist er aber nicht, und
so kann ich nur wiederholen, es verschiebt die
Situation."

Und wirklich, Briest hielt mit besonderer Zähig¬
keit eine ganze Zeit lang an dieser Anschauung fest.
Erst nach der zweiten Probe, wo das "Käthchen",
schon halb im Kostüm, ein sehr eng anliegendes
Sammetmieder trug, ließ er sich -- der es auch sonst
nicht an Huldigungen gegen Hulda fehlen ließ --
zu der Bemerkung hinreißen, "das Käthchen liege
sehr gut da," welche Wendung einer Waffenstreckung

Effi Brieſt
in die Irre, das verſchiebt alles. Innſtetten, unbe¬
ſtritten, iſt ein famoſes Menſchenexemplar, Mann
von Charakter und Schneid', aber die Brieſt's —
verzeih' den Berolinismus, Luiſe — die Brieſt's
ſind ſchließlich auch nicht von ſchlechten Eltern. Wir
ſind doch nun 'mal eine hiſtoriſche Familie, laß mich
hinzufügen Gott ſei Dank, und die Innſtetten's ſind
es nicht; die Innſtetten's ſind bloß alt, meinet¬
wegen Uradel, aber was heißt Uradel? Ich will
nicht, daß eine Brieſt oder doch mindeſtens eine
Polterabendfigur, in der jeder das Widerſpiel
unſerer Effi erkennen muß — ich will nicht, daß
eine Brieſt mittelbar oder unmittelbar in einem fort
von „Hoher Herr“ ſpricht. Da müßte denn doch
Innſtetten wenigſtens ein verkappter Hohenzoller ſein,
es giebt ja dergleichen. Das iſt er aber nicht, und
ſo kann ich nur wiederholen, es verſchiebt die
Situation.“

Und wirklich, Brieſt hielt mit beſonderer Zähig¬
keit eine ganze Zeit lang an dieſer Anſchauung feſt.
Erſt nach der zweiten Probe, wo das „Käthchen“,
ſchon halb im Koſtüm, ein ſehr eng anliegendes
Sammetmieder trug, ließ er ſich — der es auch ſonſt
nicht an Huldigungen gegen Hulda fehlen ließ —
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[36/0045] Effi Brieſt in die Irre, das verſchiebt alles. Innſtetten, unbe¬ ſtritten, iſt ein famoſes Menſchenexemplar, Mann von Charakter und Schneid', aber die Brieſt's — verzeih' den Berolinismus, Luiſe — die Brieſt's ſind ſchließlich auch nicht von ſchlechten Eltern. Wir ſind doch nun 'mal eine hiſtoriſche Familie, laß mich hinzufügen Gott ſei Dank, und die Innſtetten's ſind es nicht; die Innſtetten's ſind bloß alt, meinet¬ wegen Uradel, aber was heißt Uradel? Ich will nicht, daß eine Brieſt oder doch mindeſtens eine Polterabendfigur, in der jeder das Widerſpiel unſerer Effi erkennen muß — ich will nicht, daß eine Brieſt mittelbar oder unmittelbar in einem fort von „Hoher Herr“ ſpricht. Da müßte denn doch Innſtetten wenigſtens ein verkappter Hohenzoller ſein, es giebt ja dergleichen. Das iſt er aber nicht, und ſo kann ich nur wiederholen, es verſchiebt die Situation.“ Und wirklich, Brieſt hielt mit beſonderer Zähig¬ keit eine ganze Zeit lang an dieſer Anſchauung feſt. Erſt nach der zweiten Probe, wo das „Käthchen“, ſchon halb im Koſtüm, ein ſehr eng anliegendes Sammetmieder trug, ließ er ſich — der es auch ſonſt nicht an Huldigungen gegen Hulda fehlen ließ — zu der Bemerkung hinreißen, „das Käthchen liege ſehr gut da,“ welche Wendung einer Waffenſtreckung

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/45>, abgerufen am 24.11.2024.