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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
mich diese Afra ganz ungemein an die stattliche Person
erinnert, die ich in Ihrem Hause ..."

"Ja, Sie haben recht. Es ist eine Ähnlichkeit
da. Nur unser Berliner Hausmädchen ist doch er¬
heblich hübscher und namentlich ihr Haar viel schöner
und voller. Ich habe so schönes flachsenes Haar,
wie unsere Johanna hat, überhaupt noch nicht ge¬
sehen. Ein bißchen davon sieht man ja wohl, aber
solche Fülle ..."

Die Zwicker lächelte. "Das ist wirklich selten,
daß man eine junge Frau mit solcher Begeisterung
von dem flachsenen Haar ihres Hausmädchens sprechen
hört. Und nun auch noch von der Fülle! Wissen
Sie, daß ich das rührend finde. Denn eigentlich ist
man doch bei der Wahl der Mädchen in einer be¬
ständigen Verlegenheit. Hübsch sollen sie sein, weil
es jeden Besucher, wenigstens die Männer, stört,
eine lange Stakete mit griesem Teint und schwarzen
Rändern in der Thüröffnung erscheinen zu sehen,
und ein wahres Glück, daß die Korridore meistens
so dunkel sind. Aber nimmt man wieder zu viel
Rücksicht auf solche Hausrepräsentation und den so¬
genannten ersten Eindruck und schenkt man wohl
gar noch einer solchen hübschen Person eine weiße
Tändelschürze nach der andern, so hat man eigentlich
keine ruhige Stunde mehr und fragt sich, wenn man

Effi Brieſt
mich dieſe Afra ganz ungemein an die ſtattliche Perſon
erinnert, die ich in Ihrem Hauſe …“

„Ja, Sie haben recht. Es iſt eine Ähnlichkeit
da. Nur unſer Berliner Hausmädchen iſt doch er¬
heblich hübſcher und namentlich ihr Haar viel ſchöner
und voller. Ich habe ſo ſchönes flachſenes Haar,
wie unſere Johanna hat, überhaupt noch nicht ge¬
ſehen. Ein bißchen davon ſieht man ja wohl, aber
ſolche Fülle …“

Die Zwicker lächelte. „Das iſt wirklich ſelten,
daß man eine junge Frau mit ſolcher Begeiſterung
von dem flachſenen Haar ihres Hausmädchens ſprechen
hört. Und nun auch noch von der Fülle! Wiſſen
Sie, daß ich das rührend finde. Denn eigentlich iſt
man doch bei der Wahl der Mädchen in einer be¬
ſtändigen Verlegenheit. Hübſch ſollen ſie ſein, weil
es jeden Beſucher, wenigſtens die Männer, ſtört,
eine lange Stakete mit grieſem Teint und ſchwarzen
Rändern in der Thüröffnung erſcheinen zu ſehen,
und ein wahres Glück, daß die Korridore meiſtens
ſo dunkel ſind. Aber nimmt man wieder zu viel
Rückſicht auf ſolche Hausrepräſentation und den ſo¬
genannten erſten Eindruck und ſchenkt man wohl
gar noch einer ſolchen hübſchen Perſon eine weiße
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[439/0448] Effi Brieſt mich dieſe Afra ganz ungemein an die ſtattliche Perſon erinnert, die ich in Ihrem Hauſe …“ „Ja, Sie haben recht. Es iſt eine Ähnlichkeit da. Nur unſer Berliner Hausmädchen iſt doch er¬ heblich hübſcher und namentlich ihr Haar viel ſchöner und voller. Ich habe ſo ſchönes flachſenes Haar, wie unſere Johanna hat, überhaupt noch nicht ge¬ ſehen. Ein bißchen davon ſieht man ja wohl, aber ſolche Fülle …“ Die Zwicker lächelte. „Das iſt wirklich ſelten, daß man eine junge Frau mit ſolcher Begeiſterung von dem flachſenen Haar ihres Hausmädchens ſprechen hört. Und nun auch noch von der Fülle! Wiſſen Sie, daß ich das rührend finde. Denn eigentlich iſt man doch bei der Wahl der Mädchen in einer be¬ ſtändigen Verlegenheit. Hübſch ſollen ſie ſein, weil es jeden Beſucher, wenigſtens die Männer, ſtört, eine lange Stakete mit grieſem Teint und ſchwarzen Rändern in der Thüröffnung erſcheinen zu ſehen, und ein wahres Glück, daß die Korridore meiſtens ſo dunkel ſind. Aber nimmt man wieder zu viel Rückſicht auf ſolche Hausrepräſentation und den ſo¬ genannten erſten Eindruck und ſchenkt man wohl gar noch einer ſolchen hübſchen Perſon eine weiße Tändelſchürze nach der andern, ſo hat man eigentlich keine ruhige Stunde mehr und fragt ſich, wenn man

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/448>, abgerufen am 22.11.2024.