um seinet- und noch mehr um Effi's willen; es ließ sich aber anfangs nur schwach und vereinzelt damit an, die rechte Zeit war noch nicht gekommen, und das beste, was man zunächst von dem neuen Leben hatte, war genau so wie während des zurückliegenden Halbjahres, ein Leben im Hause. Wüllersdorf kam oft, auch Vetter Briest, und waren die da, so schickte man zu Gizicki's hinauf, einem jungen Ehepaare, das über ihnen wohnte. Gizicki selbst war Land¬ gerichtsrat, seine kluge, aufgeweckte Frau ein Fräu¬ lein von Schmettau. Mitunter wurde musiziert, kurze Zeit sogar ein Whist versucht; man gab es aber wieder auf, weil man fand, daß eine Plauderei gemütlicher wäre. Gizicki's hatten bis vor kurzem in einer kleinen oberschlesischen Stadt gelebt, und Wüllersdorf war sogar, freilich vor einer Reihe von Jahren schon, in den verschiedensten kleinen Nestern der Provinz Posen gewesen, weshalb er denn auch den bekannten Spottvers:
Schrimm Ist schlimm, Rogasen Zum Rasen, Aber weh' dir nach Samter Verdammter --
mit ebenso viel Emphase wie Vorliebe zu zitieren pflegte. Niemand erheiterte sich dabei mehr als Effi,
Effi Brieſt
um ſeinet- und noch mehr um Effi's willen; es ließ ſich aber anfangs nur ſchwach und vereinzelt damit an, die rechte Zeit war noch nicht gekommen, und das beſte, was man zunächſt von dem neuen Leben hatte, war genau ſo wie während des zurückliegenden Halbjahres, ein Leben im Hauſe. Wüllersdorf kam oft, auch Vetter Brieſt, und waren die da, ſo ſchickte man zu Gizicki's hinauf, einem jungen Ehepaare, das über ihnen wohnte. Gizicki ſelbſt war Land¬ gerichtsrat, ſeine kluge, aufgeweckte Frau ein Fräu¬ lein von Schmettau. Mitunter wurde muſiziert, kurze Zeit ſogar ein Whiſt verſucht; man gab es aber wieder auf, weil man fand, daß eine Plauderei gemütlicher wäre. Gizicki's hatten bis vor kurzem in einer kleinen oberſchleſiſchen Stadt gelebt, und Wüllersdorf war ſogar, freilich vor einer Reihe von Jahren ſchon, in den verſchiedenſten kleinen Neſtern der Provinz Poſen geweſen, weshalb er denn auch den bekannten Spottvers:
Schrimm Iſt ſchlimm, Rogaſen Zum Raſen, Aber weh' dir nach Samter Verdammter —
mit ebenſo viel Emphaſe wie Vorliebe zu zitieren pflegte. Niemand erheiterte ſich dabei mehr als Effi,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0395"n="386"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw>um ſeinet- und noch mehr um Effi's willen; es ließ<lb/>ſich aber anfangs nur ſchwach und vereinzelt damit<lb/>
an, die rechte Zeit war noch nicht gekommen, und das<lb/>
beſte, was man zunächſt von dem neuen Leben hatte,<lb/>
war genau ſo wie während des zurückliegenden<lb/>
Halbjahres, ein Leben im Hauſe. Wüllersdorf kam<lb/>
oft, auch Vetter Brieſt, und waren die da, ſo ſchickte<lb/>
man zu Gizicki's hinauf, einem jungen Ehepaare,<lb/>
das über ihnen wohnte. Gizicki ſelbſt war Land¬<lb/>
gerichtsrat, ſeine kluge, aufgeweckte Frau ein Fräu¬<lb/>
lein von Schmettau. Mitunter wurde muſiziert,<lb/>
kurze Zeit ſogar ein Whiſt verſucht; man gab es<lb/>
aber wieder auf, weil man fand, daß eine Plauderei<lb/>
gemütlicher wäre. Gizicki's hatten bis vor kurzem<lb/>
in einer kleinen oberſchleſiſchen Stadt gelebt, und<lb/>
Wüllersdorf war ſogar, freilich vor einer Reihe von<lb/>
Jahren ſchon, in den verſchiedenſten kleinen Neſtern<lb/>
der Provinz Poſen geweſen, weshalb er denn auch<lb/>
den bekannten Spottvers:<lb/><lgtype="poem"><l>Schrimm</l><lb/><l>Iſt ſchlimm,</l><lb/><l>Rogaſen</l><lb/><l>Zum Raſen,</l><lb/><l>Aber weh' dir nach Samter</l><lb/><l>Verdammter —</l><lb/></lg> mit ebenſo viel Emphaſe wie Vorliebe zu zitieren<lb/>
pflegte. Niemand erheiterte ſich dabei mehr als Effi,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[386/0395]
Effi Brieſt
um ſeinet- und noch mehr um Effi's willen; es ließ
ſich aber anfangs nur ſchwach und vereinzelt damit
an, die rechte Zeit war noch nicht gekommen, und das
beſte, was man zunächſt von dem neuen Leben hatte,
war genau ſo wie während des zurückliegenden
Halbjahres, ein Leben im Hauſe. Wüllersdorf kam
oft, auch Vetter Brieſt, und waren die da, ſo ſchickte
man zu Gizicki's hinauf, einem jungen Ehepaare,
das über ihnen wohnte. Gizicki ſelbſt war Land¬
gerichtsrat, ſeine kluge, aufgeweckte Frau ein Fräu¬
lein von Schmettau. Mitunter wurde muſiziert,
kurze Zeit ſogar ein Whiſt verſucht; man gab es
aber wieder auf, weil man fand, daß eine Plauderei
gemütlicher wäre. Gizicki's hatten bis vor kurzem
in einer kleinen oberſchleſiſchen Stadt gelebt, und
Wüllersdorf war ſogar, freilich vor einer Reihe von
Jahren ſchon, in den verſchiedenſten kleinen Neſtern
der Provinz Poſen geweſen, weshalb er denn auch
den bekannten Spottvers:
Schrimm
Iſt ſchlimm,
Rogaſen
Zum Raſen,
Aber weh' dir nach Samter
Verdammter —
mit ebenſo viel Emphaſe wie Vorliebe zu zitieren
pflegte. Niemand erheiterte ſich dabei mehr als Effi,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/395>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.