Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.Effi Briest Herrin, weil sie sehr geschickt und brauchbar undder Männerwelt gegenüber von einer ausgesprochenen und selbstbewußten Reserviertheit war. Einem Kessiner on dit zufolge ließen sich die Wurzeln ihrer Existenz auf eine längst pensionierte Größe der Garnison Pasewalk zurückführen, woraus man sich auch ihre vornehme Gesinnung, ihr schönes blondes Haar und die besondere Plastik ihrer Gesamterscheinung erklären wollte. Johanna selbst teilte die Freude, die man allerseits über ihr Eintreffen empfand, und war durchaus einverstanden damit, als Hausmädchen und Jungfer, ganz wie früher, den Dienst bei Effi zu übernehmen, während Roswitha, die der Kristel in beinahe Jahresfrist ihre Kochkünste so ziemlich ab¬ gelernt hatte, dem Küchendepartement vorstehen sollte. Annie's Abwartung und Pflege fiel Effi selber zu, worüber Roswitha freilich lachte. Denn sie kannte die jungen Frauen. Innstetten lebte ganz seinem Dienst und seinem Effi Brieſt Herrin, weil ſie ſehr geſchickt und brauchbar undder Männerwelt gegenüber von einer ausgeſprochenen und ſelbſtbewußten Reſerviertheit war. Einem Keſſiner on dit zufolge ließen ſich die Wurzeln ihrer Exiſtenz auf eine längſt penſionierte Größe der Garniſon Paſewalk zurückführen, woraus man ſich auch ihre vornehme Geſinnung, ihr ſchönes blondes Haar und die beſondere Plaſtik ihrer Geſamterſcheinung erklären wollte. Johanna ſelbſt teilte die Freude, die man allerſeits über ihr Eintreffen empfand, und war durchaus einverſtanden damit, als Hausmädchen und Jungfer, ganz wie früher, den Dienſt bei Effi zu übernehmen, während Roswitha, die der Kriſtel in beinahe Jahresfriſt ihre Kochkünſte ſo ziemlich ab¬ gelernt hatte, dem Küchendepartement vorſtehen ſollte. Annie's Abwartung und Pflege fiel Effi ſelber zu, worüber Roswitha freilich lachte. Denn ſie kannte die jungen Frauen. Innſtetten lebte ganz ſeinem Dienſt und ſeinem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0369" n="360"/><fw place="top" type="header">Effi Brieſt<lb/></fw> Herrin, weil ſie ſehr geſchickt und brauchbar und<lb/> der Männerwelt gegenüber von einer ausgeſprochenen<lb/> und ſelbſtbewußten Reſerviertheit war. Einem Keſſiner<lb/><hi rendition="#aq">on dit</hi> zufolge ließen ſich die Wurzeln ihrer Exiſtenz<lb/> auf eine längſt penſionierte Größe der Garniſon<lb/> Paſewalk zurückführen, woraus man ſich auch ihre<lb/> vornehme Geſinnung, ihr ſchönes blondes Haar und<lb/> die beſondere Plaſtik ihrer Geſamterſcheinung erklären<lb/> wollte. Johanna ſelbſt teilte die Freude, die man<lb/> allerſeits über ihr Eintreffen empfand, und war<lb/> durchaus einverſtanden damit, als Hausmädchen und<lb/> Jungfer, ganz wie früher, den Dienſt bei Effi zu<lb/> übernehmen, während Roswitha, die der Kriſtel in<lb/> beinahe Jahresfriſt ihre Kochkünſte ſo ziemlich ab¬<lb/> gelernt hatte, dem Küchendepartement vorſtehen ſollte.<lb/> Annie's Abwartung und Pflege fiel Effi ſelber zu,<lb/> worüber Roswitha freilich lachte. Denn ſie kannte<lb/> die jungen Frauen.</p><lb/> <p>Innſtetten lebte ganz ſeinem Dienſt und ſeinem<lb/> Haus. Er war glücklicher als vordem in Keſſin,<lb/> weil ihm nicht entging, daß Effi ſich unbefangener<lb/> und heiterer gab. Und das konnte ſie, weil ſie ſich<lb/> freier fühlte. Wohl blickte das Vergangene noch in<lb/> ihr Leben hinein, aber es ängſtigte ſie nicht mehr,<lb/> oder doch um vieles ſeltener und vorübergehender,<lb/> und alles, was davon noch in ihr nachzitterte, gab<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [360/0369]
Effi Brieſt
Herrin, weil ſie ſehr geſchickt und brauchbar und
der Männerwelt gegenüber von einer ausgeſprochenen
und ſelbſtbewußten Reſerviertheit war. Einem Keſſiner
on dit zufolge ließen ſich die Wurzeln ihrer Exiſtenz
auf eine längſt penſionierte Größe der Garniſon
Paſewalk zurückführen, woraus man ſich auch ihre
vornehme Geſinnung, ihr ſchönes blondes Haar und
die beſondere Plaſtik ihrer Geſamterſcheinung erklären
wollte. Johanna ſelbſt teilte die Freude, die man
allerſeits über ihr Eintreffen empfand, und war
durchaus einverſtanden damit, als Hausmädchen und
Jungfer, ganz wie früher, den Dienſt bei Effi zu
übernehmen, während Roswitha, die der Kriſtel in
beinahe Jahresfriſt ihre Kochkünſte ſo ziemlich ab¬
gelernt hatte, dem Küchendepartement vorſtehen ſollte.
Annie's Abwartung und Pflege fiel Effi ſelber zu,
worüber Roswitha freilich lachte. Denn ſie kannte
die jungen Frauen.
Innſtetten lebte ganz ſeinem Dienſt und ſeinem
Haus. Er war glücklicher als vordem in Keſſin,
weil ihm nicht entging, daß Effi ſich unbefangener
und heiterer gab. Und das konnte ſie, weil ſie ſich
freier fühlte. Wohl blickte das Vergangene noch in
ihr Leben hinein, aber es ängſtigte ſie nicht mehr,
oder doch um vieles ſeltener und vorübergehender,
und alles, was davon noch in ihr nachzitterte, gab
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