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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"O, er ist noch ebenso gut wie früher. Sie
haben immer noch Strudelwitz und Prudelwitz, und
da macht es sich von selber."

"Mein Liebling ist Karlchen Mießnick und
Wippchen von Bernau."

"Ja, das sind die besten. Aber Wippchen, der
übrigens -- Pardon, schöne Cousine -- keine
Kladderadatschfigur ist, Wippchen hat gegenwärtig
nichts zu thun, es ist ja kein Krieg mehr. Leider.
Unsereins möchte doch auch 'mal an die Reihe kommen
und hier diese schreckliche Leere," und er strich vom
Knopfloch nach der Achsel hinüber, "endlich los werden."

"Ach, das sind ja bloß Eitelkeiten. Erzähle lieber.
Was ist denn jetzt dran?"

"Ja, Cousine, das ist ein eigen Ding. Das ist nicht
für jedermann. Jetzt haben wir nämlich die Bibelwitze."

"Die Bibelwitze? Was soll das heißen? ...
Bibel und Witze gehören nicht zusammen."

"Eben deshalb sagte ich, es sei nicht für jeder¬
mann. Aber ob zulässig oder nicht, sie stehen jetzt
hoch im Preise. Modesache, wie Kibitzeier."

"Nun, wenn es nicht zu toll ist, so gieb uns
eine Probe. Geht es?"

"Gewiß geht es. Und ich möchte sogar hinzu¬
setzen dürfen, Du triffst es besonders gut. Was
jetzt nämlich kursiert, ist etwas hervorragend Feines,

Effi Brieſt

„O, er iſt noch ebenſo gut wie früher. Sie
haben immer noch Strudelwitz und Prudelwitz, und
da macht es ſich von ſelber.“

„Mein Liebling iſt Karlchen Mießnick und
Wippchen von Bernau.“

„Ja, das ſind die beſten. Aber Wippchen, der
übrigens — Pardon, ſchöne Couſine — keine
Kladderadatſchfigur iſt, Wippchen hat gegenwärtig
nichts zu thun, es iſt ja kein Krieg mehr. Leider.
Unſereins möchte doch auch 'mal an die Reihe kommen
und hier dieſe ſchreckliche Leere,“ und er ſtrich vom
Knopfloch nach der Achſel hinüber, „endlich los werden.“

„Ach, das ſind ja bloß Eitelkeiten. Erzähle lieber.
Was iſt denn jetzt dran?“

„Ja, Couſine, das iſt ein eigen Ding. Das iſt nicht
für jedermann. Jetzt haben wir nämlich die Bibelwitze.“

„Die Bibelwitze? Was ſoll das heißen? …
Bibel und Witze gehören nicht zuſammen.“

„Eben deshalb ſagte ich, es ſei nicht für jeder¬
mann. Aber ob zuläſſig oder nicht, ſie ſtehen jetzt
hoch im Preiſe. Modeſache, wie Kibitzeier.“

„Nun, wenn es nicht zu toll iſt, ſo gieb uns
eine Probe. Geht es?“

„Gewiß geht es. Und ich möchte ſogar hinzu¬
ſetzen dürfen, Du triffſt es beſonders gut. Was
jetzt nämlich kurſiert, iſt etwas hervorragend Feines,

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[338/0347] Effi Brieſt „O, er iſt noch ebenſo gut wie früher. Sie haben immer noch Strudelwitz und Prudelwitz, und da macht es ſich von ſelber.“ „Mein Liebling iſt Karlchen Mießnick und Wippchen von Bernau.“ „Ja, das ſind die beſten. Aber Wippchen, der übrigens — Pardon, ſchöne Couſine — keine Kladderadatſchfigur iſt, Wippchen hat gegenwärtig nichts zu thun, es iſt ja kein Krieg mehr. Leider. Unſereins möchte doch auch 'mal an die Reihe kommen und hier dieſe ſchreckliche Leere,“ und er ſtrich vom Knopfloch nach der Achſel hinüber, „endlich los werden.“ „Ach, das ſind ja bloß Eitelkeiten. Erzähle lieber. Was iſt denn jetzt dran?“ „Ja, Couſine, das iſt ein eigen Ding. Das iſt nicht für jedermann. Jetzt haben wir nämlich die Bibelwitze.“ „Die Bibelwitze? Was ſoll das heißen? … Bibel und Witze gehören nicht zuſammen.“ „Eben deshalb ſagte ich, es ſei nicht für jeder¬ mann. Aber ob zuläſſig oder nicht, ſie ſtehen jetzt hoch im Preiſe. Modeſache, wie Kibitzeier.“ „Nun, wenn es nicht zu toll iſt, ſo gieb uns eine Probe. Geht es?“ „Gewiß geht es. Und ich möchte ſogar hinzu¬ ſetzen dürfen, Du triffſt es beſonders gut. Was jetzt nämlich kurſiert, iſt etwas hervorragend Feines,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/347>, abgerufen am 23.11.2024.