ich Sie nicht vergessen. Ich habe mich hier mit¬ unter einsam gefühlt, und mitunter war mir so schwer ums Herz, schwerer als Sie wissen können; ich habe es nicht immer richtig eingerichtet; aber wenn ich Sie gesehen habe, vom ersten Tage an, dann habe ich mich immer wohler gefühlt und auch besser."
"Aber meine gnädigste Frau."
"Und dafür wollte ich Ihnen danken. Ich habe mir eben ein Fläschchen mit Sal volatile gekauft; im Coupe sind mitunter so merkwürdige Menschen und wollen einem nicht 'mal erlauben, daß man ein Fenster aufmacht; und wenn mir dann vielleicht -- denn es steigt einem ja ordentlich zu Kopf, ich meine das Salz -- die Augen übergehen, dann will ich an Sie denken. Adieu, lieber Freund, und grüßen Sie Ihre Freundin, die Trippelli. Ich habe in den letzten Wochen öfter an sie gedacht und an Fürst Kotschukoff. Ein eigentümliches Verhältnis bleibt es doch. Aber ich kann mich hineinfinden ... Und lassen Sie einmal von sich hören. Oder ich werde schreiben."
Damit ging Effi. Gieshübler begleitete sie bis auf den Platz hinaus. Er war wie benommen, so sehr, daß er über manches Rätselhafte, was sie ge¬ sprochen, ganz hinwegsah.
Effi Brieſt
ich Sie nicht vergeſſen. Ich habe mich hier mit¬ unter einſam gefühlt, und mitunter war mir ſo ſchwer ums Herz, ſchwerer als Sie wiſſen können; ich habe es nicht immer richtig eingerichtet; aber wenn ich Sie geſehen habe, vom erſten Tage an, dann habe ich mich immer wohler gefühlt und auch beſſer.“
„Aber meine gnädigſte Frau.“
„Und dafür wollte ich Ihnen danken. Ich habe mir eben ein Fläſchchen mit Sal volatile gekauft; im Coupé ſind mitunter ſo merkwürdige Menſchen und wollen einem nicht 'mal erlauben, daß man ein Fenſter aufmacht; und wenn mir dann vielleicht — denn es ſteigt einem ja ordentlich zu Kopf, ich meine das Salz — die Augen übergehen, dann will ich an Sie denken. Adieu, lieber Freund, und grüßen Sie Ihre Freundin, die Trippelli. Ich habe in den letzten Wochen öfter an ſie gedacht und an Fürſt Kotſchukoff. Ein eigentümliches Verhältnis bleibt es doch. Aber ich kann mich hineinfinden … Und laſſen Sie einmal von ſich hören. Oder ich werde ſchreiben.“
Damit ging Effi. Gieshübler begleitete ſie bis auf den Platz hinaus. Er war wie benommen, ſo ſehr, daß er über manches Rätſelhafte, was ſie ge¬ ſprochen, ganz hinwegſah.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0338"n="329"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw> ich Sie nicht vergeſſen. Ich habe mich hier mit¬<lb/>
unter einſam gefühlt, und mitunter war mir ſo<lb/>ſchwer ums Herz, ſchwerer als Sie wiſſen können;<lb/>
ich habe es nicht immer richtig eingerichtet; aber wenn<lb/>
ich Sie geſehen habe, vom erſten Tage an, dann<lb/>
habe ich mich immer wohler gefühlt und auch beſſer.“</p><lb/><p>„Aber meine gnädigſte Frau.“</p><lb/><p>„Und dafür wollte ich Ihnen danken. Ich habe<lb/>
mir eben ein Fläſchchen mit <hirendition="#aq">Sal volatile</hi> gekauft;<lb/>
im Coup<hirendition="#aq">é</hi>ſind mitunter ſo merkwürdige Menſchen<lb/>
und wollen einem nicht 'mal erlauben, daß man ein<lb/>
Fenſter aufmacht; und wenn mir dann vielleicht —<lb/>
denn es ſteigt einem ja ordentlich zu Kopf, ich meine<lb/>
das Salz — die Augen übergehen, dann will ich<lb/>
an Sie denken. Adieu, lieber Freund, und grüßen<lb/>
Sie Ihre Freundin, die Trippelli. Ich habe in den<lb/>
letzten Wochen öfter an ſie gedacht und an Fürſt<lb/>
Kotſchukoff. Ein eigentümliches Verhältnis bleibt es<lb/>
doch. Aber ich kann mich hineinfinden … Und<lb/>
laſſen Sie einmal von ſich hören. Oder ich werde<lb/>ſchreiben.“</p><lb/><p>Damit ging Effi. Gieshübler begleitete ſie bis<lb/>
auf den Platz hinaus. Er war wie benommen, ſo<lb/>ſehr, daß er über manches Rätſelhafte, was ſie ge¬<lb/>ſprochen, ganz hinwegſah.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[329/0338]
Effi Brieſt
ich Sie nicht vergeſſen. Ich habe mich hier mit¬
unter einſam gefühlt, und mitunter war mir ſo
ſchwer ums Herz, ſchwerer als Sie wiſſen können;
ich habe es nicht immer richtig eingerichtet; aber wenn
ich Sie geſehen habe, vom erſten Tage an, dann
habe ich mich immer wohler gefühlt und auch beſſer.“
„Aber meine gnädigſte Frau.“
„Und dafür wollte ich Ihnen danken. Ich habe
mir eben ein Fläſchchen mit Sal volatile gekauft;
im Coupé ſind mitunter ſo merkwürdige Menſchen
und wollen einem nicht 'mal erlauben, daß man ein
Fenſter aufmacht; und wenn mir dann vielleicht —
denn es ſteigt einem ja ordentlich zu Kopf, ich meine
das Salz — die Augen übergehen, dann will ich
an Sie denken. Adieu, lieber Freund, und grüßen
Sie Ihre Freundin, die Trippelli. Ich habe in den
letzten Wochen öfter an ſie gedacht und an Fürſt
Kotſchukoff. Ein eigentümliches Verhältnis bleibt es
doch. Aber ich kann mich hineinfinden … Und
laſſen Sie einmal von ſich hören. Oder ich werde
ſchreiben.“
Damit ging Effi. Gieshübler begleitete ſie bis
auf den Platz hinaus. Er war wie benommen, ſo
ſehr, daß er über manches Rätſelhafte, was ſie ge¬
ſprochen, ganz hinwegſah.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/338>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.