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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
günstige Witterung nicht davon abhalten. Es wurde
wie früher bestimmt, daß ihr Roswitha bis an den
Ausgang der Reeperbahn oder bis in die Nähe des
Kirchhofs entgegenkommen solle, sie verfehlten sich
aber noch häufiger als früher. "Ich könnte Dich
schelten, Roswitha, daß Du mich nie findest. Aber
es hat nichts auf sich; ich ängstige mich nicht mehr,
auch nicht einmal am Kirchhof, und im Walde bin
ich noch keiner Menschenseele begegnet."

Es war am Tage vor Innstetten's Rückkehr von
Berlin, daß Effi das sagte. Roswitha machte nicht
viel davon und beschäftigte sich lieber damit, Guir¬
landen über den Thüren anzubringen; auch der
Haifisch bekam einen Fichtenzweig und sah noch
merkwürdiger aus als gewöhnlich. Effi sagte: "Das
ist recht, Roswitha; er wird sich freuen über all'
das Grün, wenn er morgen wieder da ist. Ob ich
heute wohl noch gehe? Doktor Hannemann besteht
darauf und meint in einem fort, ich nähme es nicht
ernst genug, sonst müßte ich besser ausseh'n; ich habe
aber keine rechte Lust heut, es nieselt und der Himmel
ist so grau."

"Ich werde der gnäd'gen Frau den Regen¬
mantel bringen."

"Das thu'! Aber komme heute nicht nach, wir
treffen uns ja doch nicht," und sie lachte. "Wirklich,

Effi Brieſt
günſtige Witterung nicht davon abhalten. Es wurde
wie früher beſtimmt, daß ihr Roswitha bis an den
Ausgang der Reeperbahn oder bis in die Nähe des
Kirchhofs entgegenkommen ſolle, ſie verfehlten ſich
aber noch häufiger als früher. „Ich könnte Dich
ſchelten, Roswitha, daß Du mich nie findeſt. Aber
es hat nichts auf ſich; ich ängſtige mich nicht mehr,
auch nicht einmal am Kirchhof, und im Walde bin
ich noch keiner Menſchenſeele begegnet.“

Es war am Tage vor Innſtetten's Rückkehr von
Berlin, daß Effi das ſagte. Roswitha machte nicht
viel davon und beſchäftigte ſich lieber damit, Guir¬
landen über den Thüren anzubringen; auch der
Haifiſch bekam einen Fichtenzweig und ſah noch
merkwürdiger aus als gewöhnlich. Effi ſagte: „Das
iſt recht, Roswitha; er wird ſich freuen über all'
das Grün, wenn er morgen wieder da iſt. Ob ich
heute wohl noch gehe? Doktor Hannemann beſteht
darauf und meint in einem fort, ich nähme es nicht
ernſt genug, ſonſt müßte ich beſſer ausſeh'n; ich habe
aber keine rechte Luſt heut, es nieſelt und der Himmel
iſt ſo grau.“

„Ich werde der gnäd'gen Frau den Regen¬
mantel bringen.“

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[302/0311] Effi Brieſt günſtige Witterung nicht davon abhalten. Es wurde wie früher beſtimmt, daß ihr Roswitha bis an den Ausgang der Reeperbahn oder bis in die Nähe des Kirchhofs entgegenkommen ſolle, ſie verfehlten ſich aber noch häufiger als früher. „Ich könnte Dich ſchelten, Roswitha, daß Du mich nie findeſt. Aber es hat nichts auf ſich; ich ängſtige mich nicht mehr, auch nicht einmal am Kirchhof, und im Walde bin ich noch keiner Menſchenſeele begegnet.“ Es war am Tage vor Innſtetten's Rückkehr von Berlin, daß Effi das ſagte. Roswitha machte nicht viel davon und beſchäftigte ſich lieber damit, Guir¬ landen über den Thüren anzubringen; auch der Haifiſch bekam einen Fichtenzweig und ſah noch merkwürdiger aus als gewöhnlich. Effi ſagte: „Das iſt recht, Roswitha; er wird ſich freuen über all' das Grün, wenn er morgen wieder da iſt. Ob ich heute wohl noch gehe? Doktor Hannemann beſteht darauf und meint in einem fort, ich nähme es nicht ernſt genug, ſonſt müßte ich beſſer ausſeh'n; ich habe aber keine rechte Luſt heut, es nieſelt und der Himmel iſt ſo grau.“ „Ich werde der gnäd'gen Frau den Regen¬ mantel bringen.“ „Das thu'! Aber komme heute nicht nach, wir treffen uns ja doch nicht,“ und ſie lachte. „Wirklich,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/311>, abgerufen am 26.11.2024.