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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

Um die Mitte des Monats kamen Einladungen
aufs Land. Über die dabei inne zu haltende Reihen¬
folge hatten sich die vier Familien, mit denen Inn¬
stettens vorzugsweise verkehrten, geeinigt: die Borcke's
sollten beginnen, die Flemming's und Grasenabb's
folgten, die Güldenklee's schlossen ab. Immer eine
Woche dazwischen. Alle vier Einladungen kamen am
selben Tage; sie sollten ersichtlich den Eindruck des
Ordentlichen und Wohlerwogenen machen, auch wohl
den einer besonderen freundschaftlichen Zusammen¬
gehörigkeit.

"Ich werde nicht dabei sein, Geert, und Du
mußt mich der Kur halber, in der ich nun seit
Wochen stehe, von vornherein entschuldigen."

Innstetten lachte. "Kur. Ich soll es auf die
Kur schieben. Das ist das Vorgebliche; das Eigent¬
liche heißt: Du willst nicht."

"Nein, es ist doch mehr Ehrlichkeit dabei als
Du zugeben willst. Du hast selbst gewollt, daß ich
den Doktor zu Rate ziehe. Das hab' ich gethan,
und nun muß ich doch seinem Rate folgen. Der
gute Doktor, er hält mich für bleichsüchtig, sonderbar
genug, und Du weißt, daß ich jeden Tag von dem
Eisenwasser trinke. Wenn Du Dir ein Borcke'sches
Diner dazu vorstellst, vielleicht mit Preßkopf und
Aal in Aspic, so mußt Du den Eindruck haben, es

Effi Brieſt

Um die Mitte des Monats kamen Einladungen
aufs Land. Über die dabei inne zu haltende Reihen¬
folge hatten ſich die vier Familien, mit denen Inn¬
ſtettens vorzugsweiſe verkehrten, geeinigt: die Borcke's
ſollten beginnen, die Flemming's und Graſenabb's
folgten, die Güldenklee's ſchloſſen ab. Immer eine
Woche dazwiſchen. Alle vier Einladungen kamen am
ſelben Tage; ſie ſollten erſichtlich den Eindruck des
Ordentlichen und Wohlerwogenen machen, auch wohl
den einer beſonderen freundſchaftlichen Zuſammen¬
gehörigkeit.

„Ich werde nicht dabei ſein, Geert, und Du
mußt mich der Kur halber, in der ich nun ſeit
Wochen ſtehe, von vornherein entſchuldigen.“

Innſtetten lachte. „Kur. Ich ſoll es auf die
Kur ſchieben. Das iſt das Vorgebliche; das Eigent¬
liche heißt: Du willſt nicht.“

„Nein, es iſt doch mehr Ehrlichkeit dabei als
Du zugeben willſt. Du haſt ſelbſt gewollt, daß ich
den Doktor zu Rate ziehe. Das hab' ich gethan,
und nun muß ich doch ſeinem Rate folgen. Der
gute Doktor, er hält mich für bleichſüchtig, ſonderbar
genug, und Du weißt, daß ich jeden Tag von dem
Eiſenwaſſer trinke. Wenn Du Dir ein Borcke'ſches
Diner dazu vorſtellſt, vielleicht mit Preßkopf und
Aal in Aſpic, ſo mußt Du den Eindruck haben, es

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[295/0304] Effi Brieſt Um die Mitte des Monats kamen Einladungen aufs Land. Über die dabei inne zu haltende Reihen¬ folge hatten ſich die vier Familien, mit denen Inn¬ ſtettens vorzugsweiſe verkehrten, geeinigt: die Borcke's ſollten beginnen, die Flemming's und Graſenabb's folgten, die Güldenklee's ſchloſſen ab. Immer eine Woche dazwiſchen. Alle vier Einladungen kamen am ſelben Tage; ſie ſollten erſichtlich den Eindruck des Ordentlichen und Wohlerwogenen machen, auch wohl den einer beſonderen freundſchaftlichen Zuſammen¬ gehörigkeit. „Ich werde nicht dabei ſein, Geert, und Du mußt mich der Kur halber, in der ich nun ſeit Wochen ſtehe, von vornherein entſchuldigen.“ Innſtetten lachte. „Kur. Ich ſoll es auf die Kur ſchieben. Das iſt das Vorgebliche; das Eigent¬ liche heißt: Du willſt nicht.“ „Nein, es iſt doch mehr Ehrlichkeit dabei als Du zugeben willſt. Du haſt ſelbſt gewollt, daß ich den Doktor zu Rate ziehe. Das hab' ich gethan, und nun muß ich doch ſeinem Rate folgen. Der gute Doktor, er hält mich für bleichſüchtig, ſonderbar genug, und Du weißt, daß ich jeden Tag von dem Eiſenwaſſer trinke. Wenn Du Dir ein Borcke'ſches Diner dazu vorſtellſt, vielleicht mit Preßkopf und Aal in Aſpic, ſo mußt Du den Eindruck haben, es

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/304>, abgerufen am 25.11.2024.