gestellt hatte. Vom rechten Flügel her klang des Landrats bestimmte Weisung herüber, vorläufig dies¬ seits zu bleiben und ihm durch die Dünen hin bis an eine weiter hinauf gelegene Bohlenbrücke zu folgen. Als beide Kutscher, Knut und Kruse, so verständigt waren, trat der Major, der, um Sidonie zu helfen, gleichzeitig mit dieser ausgestiegen war, wieder an Effi heran und sagte: "Ich kann Sie nicht allein lassen, gnäd'ge Frau."
Effi war einen Augenblick unschlüssig, rückte dann aber rasch von der einen Seite nach der anderen hinüber, und Crampas nahm links neben ihr Platz.
All' dies hätte vielleicht mißdeutet werden können, Crampas selbst aber war zu sehr Frauenkenner, um es sich bloß in Eitelkeit zurechtzulegen. Er sah deut¬ lich, daß Effi nur that, was, nach Lage der Sache, das einzig Richtige war. Es war unmöglich für sie, sich seine Gegenwart zu verbitten. Und so ging es denn im Fluge den beiden anderen Schlitten nach, immer dicht an dem Wasserlaufe hin, an dessen anderem Ufer dunkle Waldmassen aufragten. Effi sah hinüber und nahm an, daß schließlich an dem landeinwärts gelegenen Außenrande des Waldes hin die Weiterfahrt gehen würde, genau also den Weg entlang, auf dem man in früher Nachmittagsstunde gekommen war. Innstetten aber hatte sich inzwischen
Effi Brieſt
geſtellt hatte. Vom rechten Flügel her klang des Landrats beſtimmte Weiſung herüber, vorläufig dies¬ ſeits zu bleiben und ihm durch die Dünen hin bis an eine weiter hinauf gelegene Bohlenbrücke zu folgen. Als beide Kutſcher, Knut und Kruſe, ſo verſtändigt waren, trat der Major, der, um Sidonie zu helfen, gleichzeitig mit dieſer ausgeſtiegen war, wieder an Effi heran und ſagte: „Ich kann Sie nicht allein laſſen, gnäd'ge Frau.“
Effi war einen Augenblick unſchlüſſig, rückte dann aber raſch von der einen Seite nach der anderen hinüber, und Crampas nahm links neben ihr Platz.
All' dies hätte vielleicht mißdeutet werden können, Crampas ſelbſt aber war zu ſehr Frauenkenner, um es ſich bloß in Eitelkeit zurechtzulegen. Er ſah deut¬ lich, daß Effi nur that, was, nach Lage der Sache, das einzig Richtige war. Es war unmöglich für ſie, ſich ſeine Gegenwart zu verbitten. Und ſo ging es denn im Fluge den beiden anderen Schlitten nach, immer dicht an dem Waſſerlaufe hin, an deſſen anderem Ufer dunkle Waldmaſſen aufragten. Effi ſah hinüber und nahm an, daß ſchließlich an dem landeinwärts gelegenen Außenrande des Waldes hin die Weiterfahrt gehen würde, genau alſo den Weg entlang, auf dem man in früher Nachmittagsſtunde gekommen war. Innſtetten aber hatte ſich inzwiſchen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0288"n="279"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw> geſtellt hatte. Vom rechten Flügel her klang des<lb/>
Landrats beſtimmte Weiſung herüber, vorläufig dies¬<lb/>ſeits zu bleiben und ihm durch die Dünen hin bis<lb/>
an eine weiter hinauf gelegene Bohlenbrücke zu folgen.<lb/>
Als beide Kutſcher, Knut und Kruſe, ſo verſtändigt<lb/>
waren, trat der Major, der, um Sidonie zu helfen,<lb/>
gleichzeitig mit dieſer ausgeſtiegen war, wieder an Effi<lb/>
heran und ſagte: „Ich kann Sie nicht allein laſſen,<lb/>
gnäd'ge Frau.“</p><lb/><p>Effi war einen Augenblick unſchlüſſig, rückte<lb/>
dann aber raſch von der einen Seite nach der anderen<lb/>
hinüber, und Crampas nahm links neben ihr Platz.</p><lb/><p>All' dies hätte vielleicht mißdeutet werden können,<lb/>
Crampas ſelbſt aber war zu ſehr Frauenkenner, um<lb/>
es ſich bloß in Eitelkeit zurechtzulegen. Er ſah deut¬<lb/>
lich, daß Effi nur that, was, nach Lage der Sache,<lb/>
das einzig Richtige war. Es war unmöglich für ſie,<lb/>ſich ſeine Gegenwart zu verbitten. Und ſo ging es<lb/>
denn im Fluge den beiden anderen Schlitten nach,<lb/>
immer dicht an dem Waſſerlaufe hin, an deſſen<lb/>
anderem Ufer dunkle Waldmaſſen aufragten. Effi<lb/>ſah hinüber und nahm an, daß ſchließlich an dem<lb/>
landeinwärts gelegenen Außenrande des Waldes hin<lb/>
die Weiterfahrt gehen würde, genau alſo <hirendition="#g">den</hi> Weg<lb/>
entlang, auf dem man in früher Nachmittagsſtunde<lb/>
gekommen war. Innſtetten aber hatte ſich inzwiſchen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[279/0288]
Effi Brieſt
geſtellt hatte. Vom rechten Flügel her klang des
Landrats beſtimmte Weiſung herüber, vorläufig dies¬
ſeits zu bleiben und ihm durch die Dünen hin bis
an eine weiter hinauf gelegene Bohlenbrücke zu folgen.
Als beide Kutſcher, Knut und Kruſe, ſo verſtändigt
waren, trat der Major, der, um Sidonie zu helfen,
gleichzeitig mit dieſer ausgeſtiegen war, wieder an Effi
heran und ſagte: „Ich kann Sie nicht allein laſſen,
gnäd'ge Frau.“
Effi war einen Augenblick unſchlüſſig, rückte
dann aber raſch von der einen Seite nach der anderen
hinüber, und Crampas nahm links neben ihr Platz.
All' dies hätte vielleicht mißdeutet werden können,
Crampas ſelbſt aber war zu ſehr Frauenkenner, um
es ſich bloß in Eitelkeit zurechtzulegen. Er ſah deut¬
lich, daß Effi nur that, was, nach Lage der Sache,
das einzig Richtige war. Es war unmöglich für ſie,
ſich ſeine Gegenwart zu verbitten. Und ſo ging es
denn im Fluge den beiden anderen Schlitten nach,
immer dicht an dem Waſſerlaufe hin, an deſſen
anderem Ufer dunkle Waldmaſſen aufragten. Effi
ſah hinüber und nahm an, daß ſchließlich an dem
landeinwärts gelegenen Außenrande des Waldes hin
die Weiterfahrt gehen würde, genau alſo den Weg
entlang, auf dem man in früher Nachmittagsſtunde
gekommen war. Innſtetten aber hatte ſich inzwiſchen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/288>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.