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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
machen wünschte, so kam man überein, sich von
entsprechender Dienerschaft begleiten zu lassen, zu
welchem Behufe des Majors Bursche, ein alter Trep¬
tower Ulan, der Knut hieß, und Innstetten's Kutscher
Kruse zu Reitknechten umgewandelt wurden, aller¬
dings ziemlich unvollkommen, indem sie, zu Effi's
Leidwesen, in eine Phantasie-Livree gesteckt wurden,
darin der eigentliche Beruf beider noch nachspukte.

Mitte Oktober war schon heran, als man, so
herausstaffiert, zum erstenmal in voller Kavalkade
aufbrach, in Front Innstetten und Crampas, Effi
zwischen ihnen, dann Kruse und Knut und zuletzt
Rollo, der aber bald, weil ihm das Nachtrotten mi߬
fiel, allen vorauf war. Als man das jetzt öde
Strandhotel passiert und bald danach, sich rechts
haltend, auf dem von einer mäßigen Brandung über¬
schäumten Strandwege den diesseitigen Molendamm
erreicht hatte, verspürte man Lust, abzusteigen und
einen Spaziergang bis an den Kopf der Mole zu
machen. Effi war die erste aus dem Sattel. Zwischen
den beiden Steindämmen floß die Kessine breit und
ruhig dem Meere zu, das wie eine sonnenbeschienene
Fläche, darauf nur hier und da eine leichte Welle
träufelte, vor ihnen lag.

Effi war noch nie hier draußen gewesen, denn
als sie vorigen November in Kessin eintraf, war

Effi Brieſt
machen wünſchte, ſo kam man überein, ſich von
entſprechender Dienerſchaft begleiten zu laſſen, zu
welchem Behufe des Majors Burſche, ein alter Trep¬
tower Ulan, der Knut hieß, und Innſtetten's Kutſcher
Kruſe zu Reitknechten umgewandelt wurden, aller¬
dings ziemlich unvollkommen, indem ſie, zu Effi's
Leidweſen, in eine Phantaſie-Livree geſteckt wurden,
darin der eigentliche Beruf beider noch nachſpukte.

Mitte Oktober war ſchon heran, als man, ſo
herausſtaffiert, zum erſtenmal in voller Kavalkade
aufbrach, in Front Innſtetten und Crampas, Effi
zwiſchen ihnen, dann Kruſe und Knut und zuletzt
Rollo, der aber bald, weil ihm das Nachtrotten mi߬
fiel, allen vorauf war. Als man das jetzt öde
Strandhotel paſſiert und bald danach, ſich rechts
haltend, auf dem von einer mäßigen Brandung über¬
ſchäumten Strandwege den diesſeitigen Molendamm
erreicht hatte, verſpürte man Luſt, abzuſteigen und
einen Spaziergang bis an den Kopf der Mole zu
machen. Effi war die erſte aus dem Sattel. Zwiſchen
den beiden Steindämmen floß die Keſſine breit und
ruhig dem Meere zu, das wie eine ſonnenbeſchienene
Fläche, darauf nur hier und da eine leichte Welle
träufelte, vor ihnen lag.

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[220/0229] Effi Brieſt machen wünſchte, ſo kam man überein, ſich von entſprechender Dienerſchaft begleiten zu laſſen, zu welchem Behufe des Majors Burſche, ein alter Trep¬ tower Ulan, der Knut hieß, und Innſtetten's Kutſcher Kruſe zu Reitknechten umgewandelt wurden, aller¬ dings ziemlich unvollkommen, indem ſie, zu Effi's Leidweſen, in eine Phantaſie-Livree geſteckt wurden, darin der eigentliche Beruf beider noch nachſpukte. Mitte Oktober war ſchon heran, als man, ſo herausſtaffiert, zum erſtenmal in voller Kavalkade aufbrach, in Front Innſtetten und Crampas, Effi zwiſchen ihnen, dann Kruſe und Knut und zuletzt Rollo, der aber bald, weil ihm das Nachtrotten mi߬ fiel, allen vorauf war. Als man das jetzt öde Strandhotel paſſiert und bald danach, ſich rechts haltend, auf dem von einer mäßigen Brandung über¬ ſchäumten Strandwege den diesſeitigen Molendamm erreicht hatte, verſpürte man Luſt, abzuſteigen und einen Spaziergang bis an den Kopf der Mole zu machen. Effi war die erſte aus dem Sattel. Zwiſchen den beiden Steindämmen floß die Keſſine breit und ruhig dem Meere zu, das wie eine ſonnenbeſchienene Fläche, darauf nur hier und da eine leichte Welle träufelte, vor ihnen lag. Effi war noch nie hier draußen geweſen, denn als ſie vorigen November in Keſſin eintraf, war

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/229>, abgerufen am 24.11.2024.