Dienste zu nehmen. Da schlägt man sich jetzt herum. Hier ist die Geschichte, glauben Sie mir, auf dreißig Jahre vorbei, und wer seinen Soldatentod sterben will ..."
"... Der muß sich erst bei Bismarck einen Krieg bestellen. Weiß ich alles, Innstetten. Aber das ist doch für Sie eine Kleinigkeit. Jetzt haben wir Ende September; in zehn Wochen spätestens ist der Fürst wieder in Varzin, und da er ein liking für Sie hat -- mit der volkstümlicheren Wendung will ich zurückhalten, um nicht direkt vor Ihren Pistolenlauf zu kommen -- so werden Sie einem alten Kameraden von Vionville her doch wohl ein bißchen Krieg besorgen können. Der Fürst ist auch nur ein Mensch, und Zureden hilft."
Effi hatte während dieses Gesprächs einige Brotkügelchen gedreht, würfelte damit und legte sie zu Figuren zusammen, um so anzuzeigen, daß ihr ein Wechsel des Themas wünschenswert wäre. Trotz¬ dem schien Innstetten auf Crampas scherzhafte Be¬ merkungen antworten zu wollen, was denn Effi bestimmte, lieber direkt einzugreifen. "Ich sehe nicht ein, Major, warum wir uns mit Ihrer Todesart beschäftigen sollen; das Leben ist uns näher und zunächst auch eine viel ernstere Sache."
Crampas nickte.
Effi Brieſt
Dienſte zu nehmen. Da ſchlägt man ſich jetzt herum. Hier iſt die Geſchichte, glauben Sie mir, auf dreißig Jahre vorbei, und wer ſeinen Soldatentod ſterben will …“
„… Der muß ſich erſt bei Bismarck einen Krieg beſtellen. Weiß ich alles, Innſtetten. Aber das iſt doch für Sie eine Kleinigkeit. Jetzt haben wir Ende September; in zehn Wochen ſpäteſtens iſt der Fürſt wieder in Varzin, und da er ein liking für Sie hat — mit der volkstümlicheren Wendung will ich zurückhalten, um nicht direkt vor Ihren Piſtolenlauf zu kommen — ſo werden Sie einem alten Kameraden von Vionville her doch wohl ein bißchen Krieg beſorgen können. Der Fürſt iſt auch nur ein Menſch, und Zureden hilft.“
Effi hatte während dieſes Geſprächs einige Brotkügelchen gedreht, würfelte damit und legte ſie zu Figuren zuſammen, um ſo anzuzeigen, daß ihr ein Wechſel des Themas wünſchenswert wäre. Trotz¬ dem ſchien Innſtetten auf Crampas ſcherzhafte Be¬ merkungen antworten zu wollen, was denn Effi beſtimmte, lieber direkt einzugreifen. „Ich ſehe nicht ein, Major, warum wir uns mit Ihrer Todesart beſchäftigen ſollen; das Leben iſt uns näher und zunächſt auch eine viel ernſtere Sache.“
Crampas nickte.
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Effi Brieſt
Dienſte zu nehmen. Da ſchlägt man ſich jetzt herum.
Hier iſt die Geſchichte, glauben Sie mir, auf dreißig
Jahre vorbei, und wer ſeinen Soldatentod ſterben
will …“
„… Der muß ſich erſt bei Bismarck einen
Krieg beſtellen. Weiß ich alles, Innſtetten. Aber
das iſt doch für Sie eine Kleinigkeit. Jetzt haben
wir Ende September; in zehn Wochen ſpäteſtens iſt
der Fürſt wieder in Varzin, und da er ein liking
für Sie hat — mit der volkstümlicheren Wendung
will ich zurückhalten, um nicht direkt vor Ihren
Piſtolenlauf zu kommen — ſo werden Sie einem
alten Kameraden von Vionville her doch wohl ein
bißchen Krieg beſorgen können. Der Fürſt iſt auch
nur ein Menſch, und Zureden hilft.“
Effi hatte während dieſes Geſprächs einige
Brotkügelchen gedreht, würfelte damit und legte ſie
zu Figuren zuſammen, um ſo anzuzeigen, daß ihr
ein Wechſel des Themas wünſchenswert wäre. Trotz¬
dem ſchien Innſtetten auf Crampas ſcherzhafte Be¬
merkungen antworten zu wollen, was denn Effi
beſtimmte, lieber direkt einzugreifen. „Ich ſehe nicht
ein, Major, warum wir uns mit Ihrer Todesart
beſchäftigen ſollen; das Leben iſt uns näher und
zunächſt auch eine viel ernſtere Sache.“
Crampas nickte.
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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/223>, abgerufen am 25.11.2024.
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