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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
und wenn die Mama davon erzählt, so kann jeder
leicht sehen, um wen es eigentlich war. Und ich
glaube, es war auch gegenseitig."

"Und wie kam es nachher?["]

"Nun, es kam, wie's kommen mußte, wie's
immer kommt. Er war ja noch viel zu jung, und als
mein Papa sich einfand, der schon Ritterschaftsrat
war und Hohen-Cremmen hatte, da war kein langes
Besinnen mehr, und sie nahm ihn und wurde Frau
von Briest ... Und das andere, was sonst noch kam,
nun, das wißt Ihr ... das andere bin ich."

"Ja, das andere bist Du, Effi," sagte Bertha.
"Gott sei Dank; wir hätten Dich nicht, wenn es
anders gekommen wäre. Und nun sage, was that
Innstetten, was wurde aus ihm? Das Leben hat
er sich nicht genommen, sonst könntet Ihr ihn heute
nicht erwarten."

"Nein, das Leben hat er sich nicht genommen.
Aber ein bißchen war es doch so 'was."

"Hat er einen Versuch gemacht?"

"Auch das nicht. Aber er mochte doch nicht
länger hier in der Nähe bleiben, und das ganze
Soldatenleben überhaupt muß ihm damals wie ver¬
leidet gewesen sein. Es war ja auch Friedenszeit.
Kurz und gut, er nahm den Abschied und fing an,
Juristerei zu studieren, wie Papa sagt, mit einem

Effi Brieſt
und wenn die Mama davon erzählt, ſo kann jeder
leicht ſehen, um wen es eigentlich war. Und ich
glaube, es war auch gegenſeitig.“

„Und wie kam es nachher?[“]

„Nun, es kam, wie's kommen mußte, wie's
immer kommt. Er war ja noch viel zu jung, und als
mein Papa ſich einfand, der ſchon Ritterſchaftsrat
war und Hohen-Cremmen hatte, da war kein langes
Beſinnen mehr, und ſie nahm ihn und wurde Frau
von Brieſt … Und das andere, was ſonſt noch kam,
nun, das wißt Ihr … das andere bin ich.“

„Ja, das andere biſt Du, Effi,“ ſagte Bertha.
„Gott ſei Dank; wir hätten Dich nicht, wenn es
anders gekommen wäre. Und nun ſage, was that
Innſtetten, was wurde aus ihm? Das Leben hat
er ſich nicht genommen, ſonſt könntet Ihr ihn heute
nicht erwarten.“

„Nein, das Leben hat er ſich nicht genommen.
Aber ein bißchen war es doch ſo 'was.“

„Hat er einen Verſuch gemacht?“

„Auch das nicht. Aber er mochte doch nicht
länger hier in der Nähe bleiben, und das ganze
Soldatenleben überhaupt muß ihm damals wie ver¬
leidet geweſen ſein. Es war ja auch Friedenszeit.
Kurz und gut, er nahm den Abſchied und fing an,
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[11/0020] Effi Brieſt und wenn die Mama davon erzählt, ſo kann jeder leicht ſehen, um wen es eigentlich war. Und ich glaube, es war auch gegenſeitig.“ „Und wie kam es nachher?“ „Nun, es kam, wie's kommen mußte, wie's immer kommt. Er war ja noch viel zu jung, und als mein Papa ſich einfand, der ſchon Ritterſchaftsrat war und Hohen-Cremmen hatte, da war kein langes Beſinnen mehr, und ſie nahm ihn und wurde Frau von Brieſt … Und das andere, was ſonſt noch kam, nun, das wißt Ihr … das andere bin ich.“ „Ja, das andere biſt Du, Effi,“ ſagte Bertha. „Gott ſei Dank; wir hätten Dich nicht, wenn es anders gekommen wäre. Und nun ſage, was that Innſtetten, was wurde aus ihm? Das Leben hat er ſich nicht genommen, ſonſt könntet Ihr ihn heute nicht erwarten.“ „Nein, das Leben hat er ſich nicht genommen. Aber ein bißchen war es doch ſo 'was.“ „Hat er einen Verſuch gemacht?“ „Auch das nicht. Aber er mochte doch nicht länger hier in der Nähe bleiben, und das ganze Soldatenleben überhaupt muß ihm damals wie ver¬ leidet geweſen ſein. Es war ja auch Friedenszeit. Kurz und gut, er nahm den Abſchied und fing an, Juriſterei zu ſtudieren, wie Papa ſagt, mit einem

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/20>, abgerufen am 24.11.2024.