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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
schrieb, steckte ich noch in den Weihnachtsvorbereitungen,
jetzt liegen die Weihnachtstage schon zurück. Inn¬
stetten und mein guter Freund Gieshübler hatten
alles aufgeboten, mir den heiligen Abend so angenehm
wie möglich zu machen, aber ich fühlte mich doch ein
wenig einsam und bangte mich nach Euch. Über¬
haupt, so viel Ursache ich habe, zu danken und froh
und glücklich zu sein, ich kann ein Gefühl des Allein¬
seins nicht ganz los werden, und wenn ich mich
früher, vielleicht mehr als nötig, über Hulda's ewige
Gefühlsthräne moquiert habe, so werde ich jetzt da¬
für bestraft und habe selber mit dieser Thräne zu
kämpfen. Denn Innstetten darf es nicht sehen. Ich
bin aber sicher, daß das alles besser werden wird,
wenn unser Hausstand sich mehr belebt, und das
wird der Fall sein, meine liebe Mama. Was ich
neulich andeutete, das ist nun Gewißheit, und Inn¬
stetten bezeugt mir täglich seine Freude darüber.
Wie glücklich ich selber im Hinblick darauf bin, brauche
ich nicht erst zu versichern, schon weil ich dann Leben
und Zerstreuung um mich her haben werde oder,
wie Geert sich ausdrückt, "ein liebes Spielzeug".
Mit diesem Worte wird er wohl recht haben, aber
er sollte es lieber nicht gebrauchen, weil es mir
immer einen kleinen Stich giebt und mich daran er¬
innert, wie jung ich bin, und daß ich noch halb in

Effi Brieſt
ſchrieb, ſteckte ich noch in den Weihnachtsvorbereitungen,
jetzt liegen die Weihnachtstage ſchon zurück. Inn¬
ſtetten und mein guter Freund Gieshübler hatten
alles aufgeboten, mir den heiligen Abend ſo angenehm
wie möglich zu machen, aber ich fühlte mich doch ein
wenig einſam und bangte mich nach Euch. Über¬
haupt, ſo viel Urſache ich habe, zu danken und froh
und glücklich zu ſein, ich kann ein Gefühl des Allein¬
ſeins nicht ganz los werden, und wenn ich mich
früher, vielleicht mehr als nötig, über Hulda's ewige
Gefühlsthräne moquiert habe, ſo werde ich jetzt da¬
für beſtraft und habe ſelber mit dieſer Thräne zu
kämpfen. Denn Innſtetten darf es nicht ſehen. Ich
bin aber ſicher, daß das alles beſſer werden wird,
wenn unſer Hausſtand ſich mehr belebt, und das
wird der Fall ſein, meine liebe Mama. Was ich
neulich andeutete, das iſt nun Gewißheit, und Inn¬
ſtetten bezeugt mir täglich ſeine Freude darüber.
Wie glücklich ich ſelber im Hinblick darauf bin, brauche
ich nicht erſt zu verſichern, ſchon weil ich dann Leben
und Zerſtreuung um mich her haben werde oder,
wie Geert ſich ausdrückt, „ein liebes Spielzeug“.
Mit dieſem Worte wird er wohl recht haben, aber
er ſollte es lieber nicht gebrauchen, weil es mir
immer einen kleinen Stich giebt und mich daran er¬
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[166/0175] Effi Brieſt ſchrieb, ſteckte ich noch in den Weihnachtsvorbereitungen, jetzt liegen die Weihnachtstage ſchon zurück. Inn¬ ſtetten und mein guter Freund Gieshübler hatten alles aufgeboten, mir den heiligen Abend ſo angenehm wie möglich zu machen, aber ich fühlte mich doch ein wenig einſam und bangte mich nach Euch. Über¬ haupt, ſo viel Urſache ich habe, zu danken und froh und glücklich zu ſein, ich kann ein Gefühl des Allein¬ ſeins nicht ganz los werden, und wenn ich mich früher, vielleicht mehr als nötig, über Hulda's ewige Gefühlsthräne moquiert habe, ſo werde ich jetzt da¬ für beſtraft und habe ſelber mit dieſer Thräne zu kämpfen. Denn Innſtetten darf es nicht ſehen. Ich bin aber ſicher, daß das alles beſſer werden wird, wenn unſer Hausſtand ſich mehr belebt, und das wird der Fall ſein, meine liebe Mama. Was ich neulich andeutete, das iſt nun Gewißheit, und Inn¬ ſtetten bezeugt mir täglich ſeine Freude darüber. Wie glücklich ich ſelber im Hinblick darauf bin, brauche ich nicht erſt zu verſichern, ſchon weil ich dann Leben und Zerſtreuung um mich her haben werde oder, wie Geert ſich ausdrückt, „ein liebes Spielzeug“. Mit dieſem Worte wird er wohl recht haben, aber er ſollte es lieber nicht gebrauchen, weil es mir immer einen kleinen Stich giebt und mich daran er¬ innert, wie jung ich bin, und daß ich noch halb in

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/175>, abgerufen am 24.11.2024.