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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
brauch, ein Julklapp in den Hausflur: eine große
Kiste, drin eine Welt von Dingen steckte. Zuletzt
fand man die Hauptsache, ein zierliches, mit allerlei
japanischen Bildchen überklebtes Morsellenkästchen,
dessen eigentlichem Inhalt auch noch ein Zettelchen
beigegeben war. Es hieß da:

Drei Könige kamen zum Heiligenchrist,
Mohrenkönig einer gewesen ist; --
Ein Mohrenapothekerlein
Erscheinet heute mit Spezerein,
Doch statt Weihrauch und Myrrhen, die nicht zur Stelle,
Bringt er Pistazien- und Mandel-Morselle.

Effi las es zwei-, dreimal und freute sich dar¬
über. "Die Huldigungen eines guten Menschen haben
doch etwas besonders Wohlthuendes. Meinst Du
nicht auch, Geert?"

"Gewiß meine ich das. Es ist eigentlich das
einzige, was einem Freude macht oder wenigstens
Freude machen sollte. Denn jeder steckt noch so
nebenher in allerhand dummem Zeuge drinn. Ich
auch. Aber freilich, man ist wie man ist."

Der erste Feiertag war Kirchtag, am zweiten
war man bei Borcke's draußen, alles zugegen, mit
Ausnahme von Grasenabb's, die nicht kommen wollten,
"weil Sidonie nicht da sei", was man als Ent¬
schuldigung allseitig ziemlich sonderbar fand. Einige

Effi Brieſt
brauch, ein Julklapp in den Hausflur: eine große
Kiſte, drin eine Welt von Dingen ſteckte. Zuletzt
fand man die Hauptſache, ein zierliches, mit allerlei
japaniſchen Bildchen überklebtes Morſellenkäſtchen,
deſſen eigentlichem Inhalt auch noch ein Zettelchen
beigegeben war. Es hieß da:

Drei Könige kamen zum Heiligenchriſt,
Mohrenkönig einer geweſen iſt; —
Ein Mohrenapothekerlein
Erſcheinet heute mit Spezerein,
Doch ſtatt Weihrauch und Myrrhen, die nicht zur Stelle,
Bringt er Piſtazien- und Mandel-Morſelle.

Effi las es zwei-, dreimal und freute ſich dar¬
über. „Die Huldigungen eines guten Menſchen haben
doch etwas beſonders Wohlthuendes. Meinſt Du
nicht auch, Geert?“

„Gewiß meine ich das. Es iſt eigentlich das
einzige, was einem Freude macht oder wenigſtens
Freude machen ſollte. Denn jeder ſteckt noch ſo
nebenher in allerhand dummem Zeuge drinn. Ich
auch. Aber freilich, man iſt wie man iſt.“

Der erſte Feiertag war Kirchtag, am zweiten
war man bei Borcke's draußen, alles zugegen, mit
Ausnahme von Graſenabb's, die nicht kommen wollten,
„weil Sidonie nicht da ſei“, was man als Ent¬
ſchuldigung allſeitig ziemlich ſonderbar fand. Einige

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[164/0173] Effi Brieſt brauch, ein Julklapp in den Hausflur: eine große Kiſte, drin eine Welt von Dingen ſteckte. Zuletzt fand man die Hauptſache, ein zierliches, mit allerlei japaniſchen Bildchen überklebtes Morſellenkäſtchen, deſſen eigentlichem Inhalt auch noch ein Zettelchen beigegeben war. Es hieß da: Drei Könige kamen zum Heiligenchriſt, Mohrenkönig einer geweſen iſt; — Ein Mohrenapothekerlein Erſcheinet heute mit Spezerein, Doch ſtatt Weihrauch und Myrrhen, die nicht zur Stelle, Bringt er Piſtazien- und Mandel-Morſelle. Effi las es zwei-, dreimal und freute ſich dar¬ über. „Die Huldigungen eines guten Menſchen haben doch etwas beſonders Wohlthuendes. Meinſt Du nicht auch, Geert?“ „Gewiß meine ich das. Es iſt eigentlich das einzige, was einem Freude macht oder wenigſtens Freude machen ſollte. Denn jeder ſteckt noch ſo nebenher in allerhand dummem Zeuge drinn. Ich auch. Aber freilich, man iſt wie man iſt.“ Der erſte Feiertag war Kirchtag, am zweiten war man bei Borcke's draußen, alles zugegen, mit Ausnahme von Graſenabb's, die nicht kommen wollten, „weil Sidonie nicht da ſei“, was man als Ent¬ ſchuldigung allſeitig ziemlich ſonderbar fand. Einige

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/173>, abgerufen am 28.11.2024.