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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
ein Murmeltier, Sie haben sieben Jahre lang ge¬
schlafen ... Und hier Löwe'sche Balladen; auch
nicht gerade das Neueste. ,Glocken von Speier' ...
Ach dies ewige Bim Bam, das beinah' einer Ku¬
lissenreißerei gleich kommt, ist geschmacklos und ab¬
gestanden. Aber hier ,Ritter Olaf' ... nun das geht."

Und sie stand auf, und während der Pastor
begleitete, sang sie den Olaf mit großer Sicherheit
und Bravour und erntete allgemeinen Beifall.

Es wurde dann noch ähnlich Romantisches ge¬
funden, einiges aus dem fliegenden Holländer und
aus Zampa, dann der Heideknabe, lauter Sachen,
die sie mit eben so viel Virtuosität wie Seelenruhe
vortrug, während Effi von Text und Komposition
wie benommen war.

Als die Trippelli mit dem Heideknaben fertig war,
sagte sie: "Nun ist es genug," eine Erklärung, die so
bestimmt von ihr abgegeben wurde, daß weder Gies¬
hübler noch ein anderer den Mut hatte, mit weiteren
Bitten in sie zu dringen. Am wenigsten Effi. Diese
sagte nur, als Gieshübler's Freundin wieder neben
ihr saß: "Daß ich Ihnen doch sagen könnte, mein
gnädigstes Fräulein, wie dankbar ich Ihnen bin!
Alles so schön, so sicher, so gewandt. Aber eines,
wenn Sie mir verzeihen, bewundere ich fast noch
mehr, das ist die Ruhe, womit Sie diese Sachen

Effi Brieſt
ein Murmeltier, Sie haben ſieben Jahre lang ge¬
ſchlafen … Und hier Löwe'ſche Balladen; auch
nicht gerade das Neueſte. ‚Glocken von Speier‘ …
Ach dies ewige Bim Bam, das beinah' einer Ku¬
liſſenreißerei gleich kommt, iſt geſchmacklos und ab¬
geſtanden. Aber hier ‚Ritter Olaf‘ … nun das geht.“

Und ſie ſtand auf, und während der Paſtor
begleitete, ſang ſie den Olaf mit großer Sicherheit
und Bravour und erntete allgemeinen Beifall.

Es wurde dann noch ähnlich Romantiſches ge¬
funden, einiges aus dem fliegenden Holländer und
aus Zampa, dann der Heideknabe, lauter Sachen,
die ſie mit eben ſo viel Virtuoſität wie Seelenruhe
vortrug, während Effi von Text und Kompoſition
wie benommen war.

Als die Trippelli mit dem Heideknaben fertig war,
ſagte ſie: „Nun iſt es genug,“ eine Erklärung, die ſo
beſtimmt von ihr abgegeben wurde, daß weder Gies¬
hübler noch ein anderer den Mut hatte, mit weiteren
Bitten in ſie zu dringen. Am wenigſten Effi. Dieſe
ſagte nur, als Gieshübler's Freundin wieder neben
ihr ſaß: „Daß ich Ihnen doch ſagen könnte, mein
gnädigſtes Fräulein, wie dankbar ich Ihnen bin!
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[155/0164] Effi Brieſt ein Murmeltier, Sie haben ſieben Jahre lang ge¬ ſchlafen … Und hier Löwe'ſche Balladen; auch nicht gerade das Neueſte. ‚Glocken von Speier‘ … Ach dies ewige Bim Bam, das beinah' einer Ku¬ liſſenreißerei gleich kommt, iſt geſchmacklos und ab¬ geſtanden. Aber hier ‚Ritter Olaf‘ … nun das geht.“ Und ſie ſtand auf, und während der Paſtor begleitete, ſang ſie den Olaf mit großer Sicherheit und Bravour und erntete allgemeinen Beifall. Es wurde dann noch ähnlich Romantiſches ge¬ funden, einiges aus dem fliegenden Holländer und aus Zampa, dann der Heideknabe, lauter Sachen, die ſie mit eben ſo viel Virtuoſität wie Seelenruhe vortrug, während Effi von Text und Kompoſition wie benommen war. Als die Trippelli mit dem Heideknaben fertig war, ſagte ſie: „Nun iſt es genug,“ eine Erklärung, die ſo beſtimmt von ihr abgegeben wurde, daß weder Gies¬ hübler noch ein anderer den Mut hatte, mit weiteren Bitten in ſie zu dringen. Am wenigſten Effi. Dieſe ſagte nur, als Gieshübler's Freundin wieder neben ihr ſaß: „Daß ich Ihnen doch ſagen könnte, mein gnädigſtes Fräulein, wie dankbar ich Ihnen bin! Alles ſo ſchön, ſo ſicher, ſo gewandt. Aber eines, wenn Sie mir verzeihen, bewundere ich faſt noch mehr, das iſt die Ruhe, womit Sie dieſe Sachen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/164>, abgerufen am 22.11.2024.