ein Murmeltier, Sie haben sieben Jahre lang ge¬ schlafen ... Und hier Löwe'sche Balladen; auch nicht gerade das Neueste. ,Glocken von Speier' ... Ach dies ewige Bim Bam, das beinah' einer Ku¬ lissenreißerei gleich kommt, ist geschmacklos und ab¬ gestanden. Aber hier ,Ritter Olaf' ... nun das geht."
Und sie stand auf, und während der Pastor begleitete, sang sie den Olaf mit großer Sicherheit und Bravour und erntete allgemeinen Beifall.
Es wurde dann noch ähnlich Romantisches ge¬ funden, einiges aus dem fliegenden Holländer und aus Zampa, dann der Heideknabe, lauter Sachen, die sie mit eben so viel Virtuosität wie Seelenruhe vortrug, während Effi von Text und Komposition wie benommen war.
Als die Trippelli mit dem Heideknaben fertig war, sagte sie: "Nun ist es genug," eine Erklärung, die so bestimmt von ihr abgegeben wurde, daß weder Gies¬ hübler noch ein anderer den Mut hatte, mit weiteren Bitten in sie zu dringen. Am wenigsten Effi. Diese sagte nur, als Gieshübler's Freundin wieder neben ihr saß: "Daß ich Ihnen doch sagen könnte, mein gnädigstes Fräulein, wie dankbar ich Ihnen bin! Alles so schön, so sicher, so gewandt. Aber eines, wenn Sie mir verzeihen, bewundere ich fast noch mehr, das ist die Ruhe, womit Sie diese Sachen
Effi Brieſt
ein Murmeltier, Sie haben ſieben Jahre lang ge¬ ſchlafen … Und hier Löwe'ſche Balladen; auch nicht gerade das Neueſte. ‚Glocken von Speier‘ … Ach dies ewige Bim Bam, das beinah' einer Ku¬ liſſenreißerei gleich kommt, iſt geſchmacklos und ab¬ geſtanden. Aber hier ‚Ritter Olaf‘ … nun das geht.“
Und ſie ſtand auf, und während der Paſtor begleitete, ſang ſie den Olaf mit großer Sicherheit und Bravour und erntete allgemeinen Beifall.
Es wurde dann noch ähnlich Romantiſches ge¬ funden, einiges aus dem fliegenden Holländer und aus Zampa, dann der Heideknabe, lauter Sachen, die ſie mit eben ſo viel Virtuoſität wie Seelenruhe vortrug, während Effi von Text und Kompoſition wie benommen war.
Als die Trippelli mit dem Heideknaben fertig war, ſagte ſie: „Nun iſt es genug,“ eine Erklärung, die ſo beſtimmt von ihr abgegeben wurde, daß weder Gies¬ hübler noch ein anderer den Mut hatte, mit weiteren Bitten in ſie zu dringen. Am wenigſten Effi. Dieſe ſagte nur, als Gieshübler's Freundin wieder neben ihr ſaß: „Daß ich Ihnen doch ſagen könnte, mein gnädigſtes Fräulein, wie dankbar ich Ihnen bin! Alles ſo ſchön, ſo ſicher, ſo gewandt. Aber eines, wenn Sie mir verzeihen, bewundere ich faſt noch mehr, das iſt die Ruhe, womit Sie dieſe Sachen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0164"n="155"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw>ein Murmeltier, Sie haben ſieben Jahre lang ge¬<lb/>ſchlafen … Und hier Löwe'ſche Balladen; auch<lb/>
nicht gerade das Neueſte. ‚Glocken von Speier‘…<lb/>
Ach dies ewige Bim Bam, das beinah' einer Ku¬<lb/>
liſſenreißerei gleich kommt, iſt geſchmacklos und ab¬<lb/>
geſtanden. Aber hier ‚Ritter Olaf‘… nun das geht.“</p><lb/><p>Und ſie ſtand auf, und während der Paſtor<lb/>
begleitete, ſang ſie den Olaf mit großer Sicherheit<lb/>
und Bravour und erntete allgemeinen Beifall.</p><lb/><p>Es wurde dann noch ähnlich Romantiſches ge¬<lb/>
funden, einiges aus dem fliegenden Holländer und<lb/>
aus Zampa, dann der Heideknabe, lauter Sachen,<lb/>
die ſie mit eben ſo viel Virtuoſität wie Seelenruhe<lb/>
vortrug, während Effi von Text und Kompoſition<lb/>
wie benommen war.</p><lb/><p>Als die Trippelli mit dem Heideknaben fertig war,<lb/>ſagte ſie: „Nun iſt es genug,“ eine Erklärung, die ſo<lb/>
beſtimmt von ihr abgegeben wurde, daß weder Gies¬<lb/>
hübler noch ein anderer den Mut hatte, mit weiteren<lb/>
Bitten in ſie zu dringen. Am wenigſten Effi. Dieſe<lb/>ſagte nur, als Gieshübler's Freundin wieder neben<lb/>
ihr ſaß: „Daß ich Ihnen doch ſagen könnte, mein<lb/>
gnädigſtes Fräulein, wie dankbar ich Ihnen bin!<lb/>
Alles ſo ſchön, ſo ſicher, ſo gewandt. Aber eines,<lb/>
wenn Sie mir verzeihen, bewundere ich faſt noch<lb/>
mehr, das iſt die Ruhe, womit Sie dieſe Sachen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[155/0164]
Effi Brieſt
ein Murmeltier, Sie haben ſieben Jahre lang ge¬
ſchlafen … Und hier Löwe'ſche Balladen; auch
nicht gerade das Neueſte. ‚Glocken von Speier‘ …
Ach dies ewige Bim Bam, das beinah' einer Ku¬
liſſenreißerei gleich kommt, iſt geſchmacklos und ab¬
geſtanden. Aber hier ‚Ritter Olaf‘ … nun das geht.“
Und ſie ſtand auf, und während der Paſtor
begleitete, ſang ſie den Olaf mit großer Sicherheit
und Bravour und erntete allgemeinen Beifall.
Es wurde dann noch ähnlich Romantiſches ge¬
funden, einiges aus dem fliegenden Holländer und
aus Zampa, dann der Heideknabe, lauter Sachen,
die ſie mit eben ſo viel Virtuoſität wie Seelenruhe
vortrug, während Effi von Text und Kompoſition
wie benommen war.
Als die Trippelli mit dem Heideknaben fertig war,
ſagte ſie: „Nun iſt es genug,“ eine Erklärung, die ſo
beſtimmt von ihr abgegeben wurde, daß weder Gies¬
hübler noch ein anderer den Mut hatte, mit weiteren
Bitten in ſie zu dringen. Am wenigſten Effi. Dieſe
ſagte nur, als Gieshübler's Freundin wieder neben
ihr ſaß: „Daß ich Ihnen doch ſagen könnte, mein
gnädigſtes Fräulein, wie dankbar ich Ihnen bin!
Alles ſo ſchön, ſo ſicher, ſo gewandt. Aber eines,
wenn Sie mir verzeihen, bewundere ich faſt noch
mehr, das iſt die Ruhe, womit Sie dieſe Sachen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/164>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.