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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
man mir gesagt) und wohl gelitten. Auch beim
Bürgermeister Kirstein, und vor allem bei dem da¬
maligen Pastor in Kessin, einem Berliner, der kurz
vor Thomsen auch hierher gekommen war und viel
Anfeindung hatte."

"Glaub' ich. Ich merke das auch; sie sind hier
so streng und selbstgerecht. Ich glaube, das ist
pommersch."

"Ja und nein, je nachdem. Es giebt auch
Gegenden, wo sie gar nicht streng sind und wo's
drunter und drüber geht ... Aber sieh' nur, Effi,
da haben wir gerade den Kroschentiner Kirchturm
dicht vor uns. Wollen wir nicht den Bahnhof auf¬
geben und lieber bei der alten Frau von Grasenabb
vorfahren? Sidonie, wenn ich recht berichtet
bin, ist nicht zu Hause. Wir könnten es also
wagen ..."

"Ich bitte Dich, Geert, wo denkst Du hin?
Es ist ja himmlisch, so hinzufliegen, und ich fühle
ordentlich, wie mir so frei wird und wie alle Angst
von mir abfällt. Und nun soll ich das alles auf¬
geben, bloß um den alten Leuten eine Stippvisite zu
machen und ihnen sehr wahrscheinlich eine Verlegen¬
heit zu schaffen. Um Gotteswillen nicht. Und dann
will ich vor allem auch die Geschichte hören. Also
wir waren bei Kapitän Thomsen, den ich mir als

Effi Brieſt
man mir geſagt) und wohl gelitten. Auch beim
Bürgermeiſter Kirſtein, und vor allem bei dem da¬
maligen Paſtor in Keſſin, einem Berliner, der kurz
vor Thomſen auch hierher gekommen war und viel
Anfeindung hatte.“

„Glaub' ich. Ich merke das auch; ſie ſind hier
ſo ſtreng und ſelbſtgerecht. Ich glaube, das iſt
pommerſch.“

„Ja und nein, je nachdem. Es giebt auch
Gegenden, wo ſie gar nicht ſtreng ſind und wo's
drunter und drüber geht … Aber ſieh' nur, Effi,
da haben wir gerade den Kroſchentiner Kirchturm
dicht vor uns. Wollen wir nicht den Bahnhof auf¬
geben und lieber bei der alten Frau von Graſenabb
vorfahren? Sidonie, wenn ich recht berichtet
bin, iſt nicht zu Hauſe. Wir könnten es alſo
wagen …“

„Ich bitte Dich, Geert, wo denkſt Du hin?
Es iſt ja himmliſch, ſo hinzufliegen, und ich fühle
ordentlich, wie mir ſo frei wird und wie alle Angſt
von mir abfällt. Und nun ſoll ich das alles auf¬
geben, bloß um den alten Leuten eine Stippviſite zu
machen und ihnen ſehr wahrſcheinlich eine Verlegen¬
heit zu ſchaffen. Um Gotteswillen nicht. Und dann
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[141/0150] Effi Brieſt man mir geſagt) und wohl gelitten. Auch beim Bürgermeiſter Kirſtein, und vor allem bei dem da¬ maligen Paſtor in Keſſin, einem Berliner, der kurz vor Thomſen auch hierher gekommen war und viel Anfeindung hatte.“ „Glaub' ich. Ich merke das auch; ſie ſind hier ſo ſtreng und ſelbſtgerecht. Ich glaube, das iſt pommerſch.“ „Ja und nein, je nachdem. Es giebt auch Gegenden, wo ſie gar nicht ſtreng ſind und wo's drunter und drüber geht … Aber ſieh' nur, Effi, da haben wir gerade den Kroſchentiner Kirchturm dicht vor uns. Wollen wir nicht den Bahnhof auf¬ geben und lieber bei der alten Frau von Graſenabb vorfahren? Sidonie, wenn ich recht berichtet bin, iſt nicht zu Hauſe. Wir könnten es alſo wagen …“ „Ich bitte Dich, Geert, wo denkſt Du hin? Es iſt ja himmliſch, ſo hinzufliegen, und ich fühle ordentlich, wie mir ſo frei wird und wie alle Angſt von mir abfällt. Und nun ſoll ich das alles auf¬ geben, bloß um den alten Leuten eine Stippviſite zu machen und ihnen ſehr wahrſcheinlich eine Verlegen¬ heit zu ſchaffen. Um Gotteswillen nicht. Und dann will ich vor allem auch die Geſchichte hören. Alſo wir waren bei Kapitän Thomſen, den ich mir als

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/150>, abgerufen am 24.11.2024.