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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
nach Kessin zurückkehrte. Dieser letzte Besuch hatte
den Güldenklee's auf Papenhagen gegolten, bei welcher
Gelegenheit Innstetten dem Schicksal nicht entgangen
war, mit dem alten Güldenklee politisieren zu müssen.
"Ja, teuerster Landrat, wenn ich so den Wechsel der
Zeiten bedenke! Heute vor einem Menschenalter
oder ungefähr so lange, ja, da war auch ein zweiter
Dezember und der gute Louis und Napoleons-Neffe
-- wenn er so 'was war und nicht eigentlich ganz
wo anders herstammte, -- der kartätschte damals auf
die Pariser Kanaille. Na, das mag ihm verziehen
sein, für so 'was war er der rechte Mann, und ich
halte zu dem Satze: ,Jeder hat es geradeso gut und
so schlecht, wie er's verdient.' Aber daß er nachher
alle Schätzung verlor und anno 70 so mir nichts dir
nichts auch mit uns anbinden wollte, sehen Sie, Baron,
das war, ja wie sag' ich, das war eine Insolenz. Es
ist ihm aber auch heimgezahlt worden. Unser Alter
da oben läßt sich nicht spotten, der steht zu uns."

"Ja," sagte Innstetten, der klug genug war,
auf solche Philistereien anscheinend ernsthaft einzu¬
gehen: "der Held und Eroberer von Saarbrücken
wußte nicht, was er that. Aber Sie dürfen nicht
zu streng mit ihm persönlich abrechnen. Wer ist am
Ende Herr in seinem Hause? Niemand. Ich richte
mich auch schon darauf ein, die Zügel der Regierung

Effi Brieſt
nach Keſſin zurückkehrte. Dieſer letzte Beſuch hatte
den Güldenklee’s auf Papenhagen gegolten, bei welcher
Gelegenheit Innſtetten dem Schickſal nicht entgangen
war, mit dem alten Güldenklee politiſieren zu müſſen.
„Ja, teuerſter Landrat, wenn ich ſo den Wechſel der
Zeiten bedenke! Heute vor einem Menſchenalter
oder ungefähr ſo lange, ja, da war auch ein zweiter
Dezember und der gute Louis und Napoleons-Neffe
wenn er ſo 'was war und nicht eigentlich ganz
wo anders herſtammte, — der kartätſchte damals auf
die Pariſer Kanaille. Na, das mag ihm verziehen
ſein, für ſo 'was war er der rechte Mann, und ich
halte zu dem Satze: ,Jeder hat es geradeſo gut und
ſo ſchlecht, wie er's verdient.‘ Aber daß er nachher
alle Schätzung verlor und anno 70 ſo mir nichts dir
nichts auch mit uns anbinden wollte, ſehen Sie, Baron,
das war, ja wie ſag' ich, das war eine Inſolenz. Es
iſt ihm aber auch heimgezahlt worden. Unſer Alter
da oben läßt ſich nicht ſpotten, der ſteht zu uns.“

„Ja,“ ſagte Innſtetten, der klug genug war,
auf ſolche Philiſtereien anſcheinend ernſthaft einzu¬
gehen: „der Held und Eroberer von Saarbrücken
wußte nicht, was er that. Aber Sie dürfen nicht
zu ſtreng mit ihm perſönlich abrechnen. Wer iſt am
Ende Herr in ſeinem Hauſe? Niemand. Ich richte
mich auch ſchon darauf ein, die Zügel der Regierung

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[108/0117] Effi Brieſt nach Keſſin zurückkehrte. Dieſer letzte Beſuch hatte den Güldenklee’s auf Papenhagen gegolten, bei welcher Gelegenheit Innſtetten dem Schickſal nicht entgangen war, mit dem alten Güldenklee politiſieren zu müſſen. „Ja, teuerſter Landrat, wenn ich ſo den Wechſel der Zeiten bedenke! Heute vor einem Menſchenalter oder ungefähr ſo lange, ja, da war auch ein zweiter Dezember und der gute Louis und Napoleons-Neffe — wenn er ſo 'was war und nicht eigentlich ganz wo anders herſtammte, — der kartätſchte damals auf die Pariſer Kanaille. Na, das mag ihm verziehen ſein, für ſo 'was war er der rechte Mann, und ich halte zu dem Satze: ,Jeder hat es geradeſo gut und ſo ſchlecht, wie er's verdient.‘ Aber daß er nachher alle Schätzung verlor und anno 70 ſo mir nichts dir nichts auch mit uns anbinden wollte, ſehen Sie, Baron, das war, ja wie ſag' ich, das war eine Inſolenz. Es iſt ihm aber auch heimgezahlt worden. Unſer Alter da oben läßt ſich nicht ſpotten, der ſteht zu uns.“ „Ja,“ ſagte Innſtetten, der klug genug war, auf ſolche Philiſtereien anſcheinend ernſthaft einzu¬ gehen: „der Held und Eroberer von Saarbrücken wußte nicht, was er that. Aber Sie dürfen nicht zu ſtreng mit ihm perſönlich abrechnen. Wer iſt am Ende Herr in ſeinem Hauſe? Niemand. Ich richte mich auch ſchon darauf ein, die Zügel der Regierung

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/117>, abgerufen am 27.11.2024.