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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Ruppin'sche hinein und begann in seinen Luch- und Bruch-
Dörfern umherzuwandern, den Rhin und die Dosse hinauf und
hinunter, und gleich das erste Kapitel, das ich schrieb, ergiebt denn
auch bis diese Stunde, wie lediglich touristenhaft ich meine Sache
damals auffaßte.

Dies erste Kapitel behandelte "Wustrau" das am Ruppiner
See gelegene Herrenhaus des alten Zieten. Es fiel mir nicht
ein, unter dieser Ueberschrift irgend etwas auf historischem Gebiete
Neues über den berühmten alten Husarenvater erzählen zu wollen,
vielmehr lief in meinem Vorhaben alles auf etwa folgende Be-
trachtung und Ansprache hinaus: "Ihr kennt alle den alten Zieten,
den Zieten aus dem Busch, der auf dem Wilhemsplatze steht und
zu dem der alte Fritze sagte: "Zieten setz er sich." Und ist auch
derselbe, der den Zietenritt ausführte, den unser Scherenberg in
wahren Steeple-Chase-Versen besungen hat, und ist endlich auch
der, der bei Torgau nicht locker ließ und die Schlacht gewann,
die der König schon verloren glaubte ... Nun seht, dieser alte
Zieten ist nicht so blos spurlos aus dieser Zeitlichkeit geschwunden,
und sitzt auch nicht so blos, wie's uns unser Chodowiecki glaub' ich
gezeichnet hat, oben im Himmel und regiert da mit Gott und dem
alten Fritzen um die Wette, nein, nein, er ist auch noch diesseits
zu finden und wenn ihr nur an den rechten Fleck Erde kommt,
so wird sich euch noch allerhand aufthun, Kleines und Großes, das
an ihn erinnert. Und dieser Fleck Erde liegt am Ruppiner See.
Da geht nur hin, und wenn ihr erst da seid, so werdet ihr da-
selbst nicht blos das Herrenhaus sehen das er gebaut und den
Park den er angelegt hat, sondern zugleich auch seinen Grabstein
an der äußeren Kirchenwand und sein stattliches Grabdenkmal
im Innern der Kirche. Ja, wenn ihr Glück habt und es trefft,
daß die Herrschaften oben ausgefahren oder wohl gar verreist sind,
so könnt' ihr am End' auch den Säbel sehen, den der Alte nie zog
(ein einzig Mal abgerechnet, wo's ihm an's Leben ging) und könnt'
auch vielleicht in den Husaren-Ahnensaal eintreten, in dem all die
rothröckigen und schnauzbärtigen Zieten'schen Officiere hängen, die
den 7jährigen Krieg mit durchgefochten haben. All' das könnt ihr
da sehen und nebenher auch noch dies und jenes hören, allerlei
Schnurren und Anekdoten, die von Mund zu Munde gehn. Und

Ruppin’ſche hinein und begann in ſeinen Luch- und Bruch-
Dörfern umherzuwandern, den Rhin und die Doſſe hinauf und
hinunter, und gleich das erſte Kapitel, das ich ſchrieb, ergiebt denn
auch bis dieſe Stunde, wie lediglich touriſtenhaft ich meine Sache
damals auffaßte.

Dies erſte Kapitel behandelte „Wuſtrau“ das am Ruppiner
See gelegene Herrenhaus des alten Zieten. Es fiel mir nicht
ein, unter dieſer Ueberſchrift irgend etwas auf hiſtoriſchem Gebiete
Neues über den berühmten alten Huſarenvater erzählen zu wollen,
vielmehr lief in meinem Vorhaben alles auf etwa folgende Be-
trachtung und Anſprache hinaus: „Ihr kennt alle den alten Zieten,
den Zieten aus dem Buſch, der auf dem Wilhemsplatze ſteht und
zu dem der alte Fritze ſagte: „Zieten ſetz er ſich.“ Und iſt auch
derſelbe, der den Zietenritt ausführte, den unſer Scherenberg in
wahren Steeple-Chaſe-Verſen beſungen hat, und iſt endlich auch
der, der bei Torgau nicht locker ließ und die Schlacht gewann,
die der König ſchon verloren glaubte … Nun ſeht, dieſer alte
Zieten iſt nicht ſo blos ſpurlos aus dieſer Zeitlichkeit geſchwunden,
und ſitzt auch nicht ſo blos, wie’s uns unſer Chodowiecki glaub’ ich
gezeichnet hat, oben im Himmel und regiert da mit Gott und dem
alten Fritzen um die Wette, nein, nein, er iſt auch noch dieſſeits
zu finden und wenn ihr nur an den rechten Fleck Erde kommt,
ſo wird ſich euch noch allerhand aufthun, Kleines und Großes, das
an ihn erinnert. Und dieſer Fleck Erde liegt am Ruppiner See.
Da geht nur hin, und wenn ihr erſt da ſeid, ſo werdet ihr da-
ſelbſt nicht blos das Herrenhaus ſehen das er gebaut und den
Park den er angelegt hat, ſondern zugleich auch ſeinen Grabſtein
an der äußeren Kirchenwand und ſein ſtattliches Grabdenkmal
im Innern der Kirche. Ja, wenn ihr Glück habt und es trefft,
daß die Herrſchaften oben ausgefahren oder wohl gar verreiſt ſind,
ſo könnt’ ihr am End’ auch den Säbel ſehen, den der Alte nie zog
(ein einzig Mal abgerechnet, wo’s ihm an’s Leben ging) und könnt’
auch vielleicht in den Huſaren-Ahnenſaal eintreten, in dem all die
rothröckigen und ſchnauzbärtigen Zieten’ſchen Officiere hängen, die
den 7jährigen Krieg mit durchgefochten haben. All’ das könnt ihr
da ſehen und nebenher auch noch dies und jenes hören, allerlei
Schnurren und Anekdoten, die von Mund zu Munde gehn. Und

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[450/0466] Ruppin’ſche hinein und begann in ſeinen Luch- und Bruch- Dörfern umherzuwandern, den Rhin und die Doſſe hinauf und hinunter, und gleich das erſte Kapitel, das ich ſchrieb, ergiebt denn auch bis dieſe Stunde, wie lediglich touriſtenhaft ich meine Sache damals auffaßte. Dies erſte Kapitel behandelte „Wuſtrau“ das am Ruppiner See gelegene Herrenhaus des alten Zieten. Es fiel mir nicht ein, unter dieſer Ueberſchrift irgend etwas auf hiſtoriſchem Gebiete Neues über den berühmten alten Huſarenvater erzählen zu wollen, vielmehr lief in meinem Vorhaben alles auf etwa folgende Be- trachtung und Anſprache hinaus: „Ihr kennt alle den alten Zieten, den Zieten aus dem Buſch, der auf dem Wilhemsplatze ſteht und zu dem der alte Fritze ſagte: „Zieten ſetz er ſich.“ Und iſt auch derſelbe, der den Zietenritt ausführte, den unſer Scherenberg in wahren Steeple-Chaſe-Verſen beſungen hat, und iſt endlich auch der, der bei Torgau nicht locker ließ und die Schlacht gewann, die der König ſchon verloren glaubte … Nun ſeht, dieſer alte Zieten iſt nicht ſo blos ſpurlos aus dieſer Zeitlichkeit geſchwunden, und ſitzt auch nicht ſo blos, wie’s uns unſer Chodowiecki glaub’ ich gezeichnet hat, oben im Himmel und regiert da mit Gott und dem alten Fritzen um die Wette, nein, nein, er iſt auch noch dieſſeits zu finden und wenn ihr nur an den rechten Fleck Erde kommt, ſo wird ſich euch noch allerhand aufthun, Kleines und Großes, das an ihn erinnert. Und dieſer Fleck Erde liegt am Ruppiner See. Da geht nur hin, und wenn ihr erſt da ſeid, ſo werdet ihr da- ſelbſt nicht blos das Herrenhaus ſehen das er gebaut und den Park den er angelegt hat, ſondern zugleich auch ſeinen Grabſtein an der äußeren Kirchenwand und ſein ſtattliches Grabdenkmal im Innern der Kirche. Ja, wenn ihr Glück habt und es trefft, daß die Herrſchaften oben ausgefahren oder wohl gar verreiſt ſind, ſo könnt’ ihr am End’ auch den Säbel ſehen, den der Alte nie zog (ein einzig Mal abgerechnet, wo’s ihm an’s Leben ging) und könnt’ auch vielleicht in den Huſaren-Ahnenſaal eintreten, in dem all die rothröckigen und ſchnauzbärtigen Zieten’ſchen Officiere hängen, die den 7jährigen Krieg mit durchgefochten haben. All’ das könnt ihr da ſehen und nebenher auch noch dies und jenes hören, allerlei Schnurren und Anekdoten, die von Mund zu Munde gehn. Und

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/466>, abgerufen am 23.11.2024.