Und ein Haus mit Giebelspitzen Hat uns gastlich aufgenommen, Läßt uns freundlich niedersitzen Auf der Bank, der blanken, alten, Die, mitsammt dem schmalen Tische, Dem Jahrhundert Stand gehalten Hier in dieser Fensternische. G. Hesekiel.
Ein junger Jurist, ein sogenannter Garde-Assessor, war nach Trebbin verschlagen worden. Was ihn hierher geführt, ob Schuld, ob Liebe, wer sagt es? Wahrscheinlich war es einfach die lockende Nähe der Hauptstadt, ein Fehler (un crime vaut mieux qu'une faute) für den er nun zu büßen hatte. Tag um Tag saß er an der "Table d'hote" des damals einen und einzigen Gasthauses. So vergingen Monde. Die Zeit schien endlos.
Einmal, an einem stillen Sommer-Sonntage, setzte man sich wieder zu Tisch. Die Fenster standen auf und man hörte nichts als den Staarmatz, der in seinem Käfig auf- und absprang und das Zusammenschlagen der Bälle vom dritten Zimmer her, wo zwei Trebbiner Commis sich im Billard und im Französischen übten. Es gab Kalbsbraten und Salat. Dem Assessor gegenüber saß die Wirthin, eine blasse Dame von 33, mit Korkzieherlocken, eine jener Hagern und Hochaufgeschossenen, die von alter Zeit her das Vorrecht haben sich "unverstanden" zu fühlen. Und was das Schlimmste war, auch der Assessor hatte das Verständniß nicht finden können.
Trebbin.
Und ein Haus mit Giebelſpitzen Hat uns gaſtlich aufgenommen, Läßt uns freundlich niederſitzen Auf der Bank, der blanken, alten, Die, mitſammt dem ſchmalen Tiſche, Dem Jahrhundert Stand gehalten Hier in dieſer Fenſterniſche. G. Heſekiel.
Ein junger Juriſt, ein ſogenannter Garde-Aſſeſſor, war nach Trebbin verſchlagen worden. Was ihn hierher geführt, ob Schuld, ob Liebe, wer ſagt es? Wahrſcheinlich war es einfach die lockende Nähe der Hauptſtadt, ein Fehler (un crime vaut mieux qu’une faute) für den er nun zu büßen hatte. Tag um Tag ſaß er an der „Table d’hôte“ des damals einen und einzigen Gaſthauſes. So vergingen Monde. Die Zeit ſchien endlos.
Einmal, an einem ſtillen Sommer-Sonntage, ſetzte man ſich wieder zu Tiſch. Die Fenſter ſtanden auf und man hörte nichts als den Staarmatz, der in ſeinem Käfig auf- und abſprang und das Zuſammenſchlagen der Bälle vom dritten Zimmer her, wo zwei Trebbiner Commis ſich im Billard und im Franzöſiſchen übten. Es gab Kalbsbraten und Salat. Dem Aſſeſſor gegenüber ſaß die Wirthin, eine blaſſe Dame von 33, mit Korkzieherlocken, eine jener Hagern und Hochaufgeſchoſſenen, die von alter Zeit her das Vorrecht haben ſich „unverſtanden“ zu fühlen. Und was das Schlimmſte war, auch der Aſſeſſor hatte das Verſtändniß nicht finden können.
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Trebbin.
Und ein Haus mit Giebelſpitzen
Hat uns gaſtlich aufgenommen,
Läßt uns freundlich niederſitzen
Auf der Bank, der blanken, alten,
Die, mitſammt dem ſchmalen Tiſche,
Dem Jahrhundert Stand gehalten
Hier in dieſer Fenſterniſche.
G. Heſekiel.
Ein junger Juriſt, ein ſogenannter Garde-Aſſeſſor, war nach
Trebbin verſchlagen worden. Was ihn hierher geführt, ob Schuld,
ob Liebe, wer ſagt es? Wahrſcheinlich war es einfach die lockende
Nähe der Hauptſtadt, ein Fehler (un crime vaut mieux qu’une
faute) für den er nun zu büßen hatte. Tag um Tag ſaß er an
der „Table d’hôte“ des damals einen und einzigen Gaſthauſes.
So vergingen Monde. Die Zeit ſchien endlos.
Einmal, an einem ſtillen Sommer-Sonntage, ſetzte man ſich
wieder zu Tiſch. Die Fenſter ſtanden auf und man hörte nichts
als den Staarmatz, der in ſeinem Käfig auf- und abſprang und
das Zuſammenſchlagen der Bälle vom dritten Zimmer her, wo
zwei Trebbiner Commis ſich im Billard und im Franzöſiſchen übten.
Es gab Kalbsbraten und Salat. Dem Aſſeſſor gegenüber ſaß die
Wirthin, eine blaſſe Dame von 33, mit Korkzieherlocken, eine jener
Hagern und Hochaufgeſchoſſenen, die von alter Zeit her das Vorrecht
haben ſich „unverſtanden“ zu fühlen. Und was das Schlimmſte
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. [431]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/447>, abgerufen am 22.11.2024.
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