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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Hervorkehrung deſſen, was man Standes-Vorurtheile nennt, auch
nur einen Augenblick verletzt zu haben. Es war ihr eben einfach
die Gabe geworden, in Liebe den Glauben zu wecken: „in Allem
lebt Gottes Wille, und wie es iſt, iſt es am beſten.“

So die Mittheilungen ſolcher, die die Gräfin noch perſönlich
gekannt haben. Aber Eines vermiſſ’ ich darin: ein Hervorheben
deſſen, was ihr, ich will nicht ſagen ausſchließlich oder auch nur
vorzugsweis, aber doch jedenfalls mitwirkend ihren Einfluß
ſicherte. Dies war ihr Katholicismus. Zunächſt ihr Katho-
licismus als einfache Thatſache.

Wer ein Auge für dieſe Dinge hat, dem kann es nicht ent-
gehen, daß der Katholicismus, all ſeiner vielleicht berechtigten
Klagen und Anklagen unerachtet, eine nach mehr als einer Seite
hin bevorzugte Stellung unter uns einnimmt, und zwar am ent-
ſchiedenſten in dem Geſellſchafts-Bruchtheile, der ſich die „Geſell-
ſchaft“ nennt. Es geht dies ſo weit, daß Leute, die ſonſt nichts
bedeuten, einfach dadurch ein gewiſſes Anſehen gewinnen, daß ſie
Katholiken ſind. Wie gering ihre ſonſtige Stellung ſein mag, ſie
werden einer Art Religions-Ariſtokratie zugerechnet, einer Ge-
noſſenſchaft, die Vorrechte hat und von der es nicht blos feſt-
ſteht, daß ſie gewiſſe Dinge beſſer kennt und weiß als wir, ſondern
der es, in Folge dieſes Beſſerwiſſens, auch zukommt, in eben
dieſen Dingen den Ton anzugeben. Alſo zu herrſchen.

Unſerer Gräfin Herrſchaft aber verdoppelte ſich und wurd’
erſt recht eigentlich was ſie war, aus der weit über die bloße
Thatſächlichkeit ihres Katholicismus hinausgehenden ſchönen und
klugen Bethätigung deſſelben. Sie war eine ſtrenge Katholikin
für ſich, in der Berührung mit der Außenwelt jedoch, inſonderheit
mit der ihr in gewiſſem Sinne wenigſtens unterſtellten Gemeinde
betonte ſie ſtets nur das, was beiden Confeſſionen das Gemein-
ſchaftliche war, und übte die hohe Kunſt einer Religionsäußerung,
die der eignen Ueberzeugung nichts vergab und die der andern
nicht kränkte. Sie hatte dies am ſächſiſchen Hofe gelernt und
zeigte ſich befliſſen, dieſem Vorbilde ſchöner Toleranz in allen
Stücken nachzuahmen. Es geſchah dies in einer ganzen Reihe von
Gutthaten und kleinen Stiftungen, am erkennbarſten in dem einem
Neubau gleichkommenden Umbau der Lutheriſchen Groebener Kirche,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/398>, abgerufen am 23.02.2025.