hier so gewüthet, daß alles Vieh, jung und alt, hingefallen und keiner was behalten, ausgenommen der Prediger 3 Stück und der Küster 5 Kühe. In der ganzen Zeit ist dieser Ort einge- sperrt worden.
1755. In diesem Jahre hat allhier, wegen des überhand genommenen großen Wassers, kein Heu können gemäht werden, und sind aus eben dieser Ursach auch beide Erndten gar schlecht ausgefallen.
1755 am 21. Juni war ein entsetzliches Unwetter mit Feuer- schaden, und nur das große Wohnhaus des adligen Hofes ist gerettet worden.
1757 am 29. December ist der Weinmeisterknecht Martin Hintze mit der Dorothea Harnack getrauet worden. Erzbube mit Erzdirne.
1760 am 11., 12. und 13. Oktober ist Groeben von einigen herumschweifenden Oestreichern, nebst etlichen von der Reichsarmee, heimgesuchet worden. Bei welcher Gelegenheit dieser Ort nicht allein an 700 Thlr. Brandschatzung hat geben müssen, sondern sind auch noch die Einwohner geplündert und ihnen ihre Pferde weggenommen worden. Desgleichen ist auch die Kirche und das Pfarrhaus nicht verschont geblieben. In ersterer ist der Kirchkasten aufgebrochen und das darin von etwa 4 Jahren her befindliche Klingebeutelgeld geraubt worden. In dem Pfarrhause haben sie Jegliches unten und oben umgewühlt wodurch dem Prediger über 250 Thlr. Schaden verursacht worden. Gott behüt' uns vor fernerem Einfall und Räuberhaufen.
An anderer Stelle: "Diese grausamen Menschen haben mir und den andern Einwohnern dieses Orts nichts als das Hemd auf dem Leibe gelassen und haben auch aus dem Gotteskasten das vorhandene Kirchgeld mit weg geraubt. O tempora, o mores."
1761 am 7. Oktober hat sich der Kossäthe Christian Krüger, zwischen 3 und 4 Uhr Morgens, aus eingewurzelter Melancholie und Gemüthsschwachheit in seinem Garten an einem Birnbaum mit einem Strick erwürget. Er ist in der Stille, aber auf eine ehrliche Art begraben worden. Gott bewahre jeden vor solchem desperaten Weg aus der Zeit in die Ewigkeit.
hier ſo gewüthet, daß alles Vieh, jung und alt, hingefallen und keiner was behalten, ausgenommen der Prediger 3 Stück und der Küſter 5 Kühe. In der ganzen Zeit iſt dieſer Ort einge- ſperrt worden.
1755. In dieſem Jahre hat allhier, wegen des überhand genommenen großen Waſſers, kein Heu können gemäht werden, und ſind aus eben dieſer Urſach auch beide Erndten gar ſchlecht ausgefallen.
1755 am 21. Juni war ein entſetzliches Unwetter mit Feuer- ſchaden, und nur das große Wohnhaus des adligen Hofes iſt gerettet worden.
1757 am 29. December iſt der Weinmeiſterknecht Martin Hintze mit der Dorothea Harnack getrauet worden. Erzbube mit Erzdirne.
1760 am 11., 12. und 13. Oktober iſt Groeben von einigen herumſchweifenden Oeſtreichern, nebſt etlichen von der Reichsarmee, heimgeſuchet worden. Bei welcher Gelegenheit dieſer Ort nicht allein an 700 Thlr. Brandſchatzung hat geben müſſen, ſondern ſind auch noch die Einwohner geplündert und ihnen ihre Pferde weggenommen worden. Desgleichen iſt auch die Kirche und das Pfarrhaus nicht verſchont geblieben. In erſterer iſt der Kirchkaſten aufgebrochen und das darin von etwa 4 Jahren her befindliche Klingebeutelgeld geraubt worden. In dem Pfarrhauſe haben ſie Jegliches unten und oben umgewühlt wodurch dem Prediger über 250 Thlr. Schaden verurſacht worden. Gott behüt’ uns vor fernerem Einfall und Räuberhaufen.
An anderer Stelle: „Dieſe grauſamen Menſchen haben mir und den andern Einwohnern dieſes Orts nichts als das Hemd auf dem Leibe gelaſſen und haben auch aus dem Gotteskaſten das vorhandene Kirchgeld mit weg geraubt. O tempora, o mores.“
1761 am 7. Oktober hat ſich der Koſſäthe Chriſtian Krüger, zwiſchen 3 und 4 Uhr Morgens, aus eingewurzelter Melancholie und Gemüthsſchwachheit in ſeinem Garten an einem Birnbaum mit einem Strick erwürget. Er iſt in der Stille, aber auf eine ehrliche Art begraben worden. Gott bewahre jeden vor ſolchem desperaten Weg aus der Zeit in die Ewigkeit.
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hier ſo gewüthet, daß alles Vieh, jung und alt, hingefallen und
keiner was behalten, ausgenommen der Prediger 3 Stück und
der Küſter 5 Kühe. In der ganzen Zeit iſt dieſer Ort einge-
ſperrt worden.
1755. In dieſem Jahre hat allhier, wegen des überhand
genommenen großen Waſſers, kein Heu können gemäht werden,
und ſind aus eben dieſer Urſach auch beide Erndten gar ſchlecht
ausgefallen.
1755 am 21. Juni war ein entſetzliches Unwetter mit Feuer-
ſchaden, und nur das große Wohnhaus des adligen Hofes iſt
gerettet worden.
1757 am 29. December iſt der Weinmeiſterknecht Martin
Hintze mit der Dorothea Harnack getrauet worden. Erzbube mit
Erzdirne.
1760 am 11., 12. und 13. Oktober iſt Groeben von einigen
herumſchweifenden Oeſtreichern, nebſt etlichen von der Reichsarmee,
heimgeſuchet worden. Bei welcher Gelegenheit dieſer Ort nicht
allein an 700 Thlr. Brandſchatzung hat geben müſſen, ſondern
ſind auch noch die Einwohner geplündert und ihnen ihre Pferde
weggenommen worden. Desgleichen iſt auch die Kirche und das
Pfarrhaus nicht verſchont geblieben. In erſterer iſt der Kirchkaſten
aufgebrochen und das darin von etwa 4 Jahren her befindliche
Klingebeutelgeld geraubt worden. In dem Pfarrhauſe haben ſie
Jegliches unten und oben umgewühlt wodurch dem Prediger über
250 Thlr. Schaden verurſacht worden. Gott behüt’ uns vor
fernerem Einfall und Räuberhaufen.
An anderer Stelle: „Dieſe grauſamen Menſchen haben mir
und den andern Einwohnern dieſes Orts nichts als das Hemd
auf dem Leibe gelaſſen und haben auch aus dem Gotteskaſten das
vorhandene Kirchgeld mit weg geraubt. O tempora, o mores.“
1761 am 7. Oktober hat ſich der Koſſäthe Chriſtian Krüger,
zwiſchen 3 und 4 Uhr Morgens, aus eingewurzelter Melancholie
und Gemüthsſchwachheit in ſeinem Garten an einem Birnbaum
mit einem Strick erwürget. Er iſt in der Stille, aber auf eine
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/378>, abgerufen am 22.11.2024.
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