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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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ließ es rundum gehen, witzelte und spöttelte und -- warf es dann
in's Feuer.

Von dem Augenblick an brach das Unheil herein und jene
Schläge kamen, deren ich theilweis schon erwähnte. Zweimal brach
Feuer aus, Krieg und Mißwachs zerstörten die Ernten und rasche
Todesfälle rafften die Glieder der Familie fort. Der General
starb plötzlich, bald darauf die beiden Söhne desselben, endlich
Geist v. Beeren selbst. Die junge Wittwe, welche Geist hinter-
ließ, verlobte sich zwei Jahre später mit dem Hauptmann Willmer*),
einem liebenswürdigen Mann, und die Hochzeit stand nahe bevor.
Da gerieth Willmer in Streit mit einem Kameraden, einem
Herrn v. Dolfs von den Garde-Kürassieren, und in der Haide
von Wulkow kam es zum Duell. Willmer ward erschossen. Sein
Grab befindet sich auf dem Kirchhofe von Groß-Beeren. Neben
ihm ruht die Tochter des "tollen Geist," die ebenfalls auf räthsel-
hafte Weise starb. Sie war in Berlin im Pensionat und fuhr
nach Groß-Beeren hinaus, um ihre Mutter zu besuchen. Als der
Wagen vor dem Hause hielt, schien das Fräulein fest und ruhig
zu schlafen -- sie war todt. Frau v. Geist verkaufte schließlich
die Besitzung, aber der Unsegen dauerte fort. Nichts gedieh,
nichts wollte vorwärts. Der nächste Besitzer verlor sein Ver-
mögen, der ihm folgende führte ein wüstes, unstätes Leben und
verscholl, der dritte hielt sich, aber Streit und Hader verbitterten
ihm die Tage.

Der Unsegen blieb; aber es blieb auch ein Geist'sches
Element an dieser Stelle lebendig, ein halb räthselhaftes Verlan-
gen es ihm an Tollheiten nachzuthun. Man kann hieran Studien
machen über die Macht und die nachwirkende Kraft eines Origi-

*) Nach einer andern Lesart war ihr Verlobter ein französischer Of-
fizier, der, in der Schlacht bei Groß-Beeren verwundet, in's Herrenhaus ge-
schafft und von Frau v. Beeren gepflegt wurde. Diese Pflege schloß dann,
wie gewöhnlich, mit einer Verlobung. Diese Version läßt sich übrigens mit
der im Text erzählten in Einklang bringen. Capitain Willmer, wie sein
Name ergiebt, war ein Deutscher; da aber bei Großbeeren zwei sächsische
Divisionen auf französischer Seite fochten, so ist es wohl möglich, daß er
als verwundeter sächsischer Offizier die Bekanntschaft der Frau v. Beeren
machte.

ließ es rundum gehen, witzelte und ſpöttelte und — warf es dann
in’s Feuer.

Von dem Augenblick an brach das Unheil herein und jene
Schläge kamen, deren ich theilweis ſchon erwähnte. Zweimal brach
Feuer aus, Krieg und Mißwachs zerſtörten die Ernten und raſche
Todesfälle rafften die Glieder der Familie fort. Der General
ſtarb plötzlich, bald darauf die beiden Söhne deſſelben, endlich
Geiſt v. Beeren ſelbſt. Die junge Wittwe, welche Geiſt hinter-
ließ, verlobte ſich zwei Jahre ſpäter mit dem Hauptmann Willmer*),
einem liebenswürdigen Mann, und die Hochzeit ſtand nahe bevor.
Da gerieth Willmer in Streit mit einem Kameraden, einem
Herrn v. Dolfs von den Garde-Küraſſieren, und in der Haide
von Wulkow kam es zum Duell. Willmer ward erſchoſſen. Sein
Grab befindet ſich auf dem Kirchhofe von Groß-Beeren. Neben
ihm ruht die Tochter des „tollen Geiſt,“ die ebenfalls auf räthſel-
hafte Weiſe ſtarb. Sie war in Berlin im Penſionat und fuhr
nach Groß-Beeren hinaus, um ihre Mutter zu beſuchen. Als der
Wagen vor dem Hauſe hielt, ſchien das Fräulein feſt und ruhig
zu ſchlafen — ſie war todt. Frau v. Geiſt verkaufte ſchließlich
die Beſitzung, aber der Unſegen dauerte fort. Nichts gedieh,
nichts wollte vorwärts. Der nächſte Beſitzer verlor ſein Ver-
mögen, der ihm folgende führte ein wüſtes, unſtätes Leben und
verſcholl, der dritte hielt ſich, aber Streit und Hader verbitterten
ihm die Tage.

Der Unſegen blieb; aber es blieb auch ein Geiſt’ſches
Element an dieſer Stelle lebendig, ein halb räthſelhaftes Verlan-
gen es ihm an Tollheiten nachzuthun. Man kann hieran Studien
machen über die Macht und die nachwirkende Kraft eines Origi-

*) Nach einer andern Lesart war ihr Verlobter ein franzöſiſcher Of-
fizier, der, in der Schlacht bei Groß-Beeren verwundet, in’s Herrenhaus ge-
ſchafft und von Frau v. Beeren gepflegt wurde. Dieſe Pflege ſchloß dann,
wie gewöhnlich, mit einer Verlobung. Dieſe Verſion läßt ſich übrigens mit
der im Text erzählten in Einklang bringen. Capitain Willmer, wie ſein
Name ergiebt, war ein Deutſcher; da aber bei Großbeeren zwei ſächſiſche
Diviſionen auf franzöſiſcher Seite fochten, ſo iſt es wohl möglich, daß er
als verwundeter ſächſiſcher Offizier die Bekanntſchaft der Frau v. Beeren
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[308/0324] ließ es rundum gehen, witzelte und ſpöttelte und — warf es dann in’s Feuer. Von dem Augenblick an brach das Unheil herein und jene Schläge kamen, deren ich theilweis ſchon erwähnte. Zweimal brach Feuer aus, Krieg und Mißwachs zerſtörten die Ernten und raſche Todesfälle rafften die Glieder der Familie fort. Der General ſtarb plötzlich, bald darauf die beiden Söhne deſſelben, endlich Geiſt v. Beeren ſelbſt. Die junge Wittwe, welche Geiſt hinter- ließ, verlobte ſich zwei Jahre ſpäter mit dem Hauptmann Willmer *), einem liebenswürdigen Mann, und die Hochzeit ſtand nahe bevor. Da gerieth Willmer in Streit mit einem Kameraden, einem Herrn v. Dolfs von den Garde-Küraſſieren, und in der Haide von Wulkow kam es zum Duell. Willmer ward erſchoſſen. Sein Grab befindet ſich auf dem Kirchhofe von Groß-Beeren. Neben ihm ruht die Tochter des „tollen Geiſt,“ die ebenfalls auf räthſel- hafte Weiſe ſtarb. Sie war in Berlin im Penſionat und fuhr nach Groß-Beeren hinaus, um ihre Mutter zu beſuchen. Als der Wagen vor dem Hauſe hielt, ſchien das Fräulein feſt und ruhig zu ſchlafen — ſie war todt. Frau v. Geiſt verkaufte ſchließlich die Beſitzung, aber der Unſegen dauerte fort. Nichts gedieh, nichts wollte vorwärts. Der nächſte Beſitzer verlor ſein Ver- mögen, der ihm folgende führte ein wüſtes, unſtätes Leben und verſcholl, der dritte hielt ſich, aber Streit und Hader verbitterten ihm die Tage. Der Unſegen blieb; aber es blieb auch ein Geiſt’ſches Element an dieſer Stelle lebendig, ein halb räthſelhaftes Verlan- gen es ihm an Tollheiten nachzuthun. Man kann hieran Studien machen über die Macht und die nachwirkende Kraft eines Origi- *) Nach einer andern Lesart war ihr Verlobter ein franzöſiſcher Of- fizier, der, in der Schlacht bei Groß-Beeren verwundet, in’s Herrenhaus ge- ſchafft und von Frau v. Beeren gepflegt wurde. Dieſe Pflege ſchloß dann, wie gewöhnlich, mit einer Verlobung. Dieſe Verſion läßt ſich übrigens mit der im Text erzählten in Einklang bringen. Capitain Willmer, wie ſein Name ergiebt, war ein Deutſcher; da aber bei Großbeeren zwei ſächſiſche Diviſionen auf franzöſiſcher Seite fochten, ſo iſt es wohl möglich, daß er als verwundeter ſächſiſcher Offizier die Bekanntſchaft der Frau v. Beeren machte.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/324>, abgerufen am 24.11.2024.