Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.ließ es rundum gehen, witzelte und spöttelte und -- warf es dann Von dem Augenblick an brach das Unheil herein und jene Der Unsegen blieb; aber es blieb auch ein Geist'sches *) Nach einer andern Lesart war ihr Verlobter ein französischer Of-
fizier, der, in der Schlacht bei Groß-Beeren verwundet, in's Herrenhaus ge- schafft und von Frau v. Beeren gepflegt wurde. Diese Pflege schloß dann, wie gewöhnlich, mit einer Verlobung. Diese Version läßt sich übrigens mit der im Text erzählten in Einklang bringen. Capitain Willmer, wie sein Name ergiebt, war ein Deutscher; da aber bei Großbeeren zwei sächsische Divisionen auf französischer Seite fochten, so ist es wohl möglich, daß er als verwundeter sächsischer Offizier die Bekanntschaft der Frau v. Beeren machte. ließ es rundum gehen, witzelte und ſpöttelte und — warf es dann Von dem Augenblick an brach das Unheil herein und jene Der Unſegen blieb; aber es blieb auch ein Geiſt’ſches *) Nach einer andern Lesart war ihr Verlobter ein franzöſiſcher Of-
fizier, der, in der Schlacht bei Groß-Beeren verwundet, in’s Herrenhaus ge- ſchafft und von Frau v. Beeren gepflegt wurde. Dieſe Pflege ſchloß dann, wie gewöhnlich, mit einer Verlobung. Dieſe Verſion läßt ſich übrigens mit der im Text erzählten in Einklang bringen. Capitain Willmer, wie ſein Name ergiebt, war ein Deutſcher; da aber bei Großbeeren zwei ſächſiſche Diviſionen auf franzöſiſcher Seite fochten, ſo iſt es wohl möglich, daß er als verwundeter ſächſiſcher Offizier die Bekanntſchaft der Frau v. Beeren machte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0324" n="308"/> ließ es rundum gehen, witzelte und ſpöttelte und — warf es dann<lb/> in’s Feuer.</p><lb/> <p>Von dem Augenblick an brach das Unheil herein und jene<lb/> Schläge kamen, deren ich theilweis ſchon erwähnte. Zweimal brach<lb/> Feuer aus, Krieg und Mißwachs zerſtörten die Ernten und raſche<lb/> Todesfälle rafften die Glieder der Familie fort. Der General<lb/> ſtarb plötzlich, bald darauf die beiden Söhne deſſelben, endlich<lb/> Geiſt v. Beeren ſelbſt. Die junge Wittwe, welche <hi rendition="#g">Geiſt</hi> hinter-<lb/> ließ, verlobte ſich zwei Jahre ſpäter mit dem Hauptmann Willmer<note place="foot" n="*)">Nach einer andern Lesart war ihr Verlobter ein <hi rendition="#g">franzöſiſcher</hi> Of-<lb/> fizier, der, in der Schlacht bei Groß-Beeren verwundet, in’s Herrenhaus ge-<lb/> ſchafft und von Frau v. Beeren gepflegt wurde. Dieſe Pflege ſchloß dann,<lb/> wie gewöhnlich, mit einer Verlobung. Dieſe Verſion läßt ſich übrigens mit<lb/> der im Text erzählten in Einklang bringen. Capitain Willmer, wie ſein<lb/> Name ergiebt, war ein Deutſcher; da aber bei Großbeeren zwei ſächſiſche<lb/> Diviſionen auf franzöſiſcher Seite fochten, ſo iſt es wohl möglich, daß er<lb/> als verwundeter ſächſiſcher Offizier die Bekanntſchaft der Frau v. Beeren<lb/> machte.</note>,<lb/> einem liebenswürdigen Mann, und die Hochzeit ſtand nahe bevor.<lb/> Da gerieth Willmer in Streit mit einem Kameraden, einem<lb/> Herrn v. Dolfs von den Garde-Küraſſieren, und in der Haide<lb/> von Wulkow kam es zum Duell. Willmer ward erſchoſſen. Sein<lb/> Grab befindet ſich auf dem Kirchhofe von Groß-Beeren. Neben<lb/> ihm ruht die Tochter des „tollen Geiſt,“ die ebenfalls auf räthſel-<lb/> hafte Weiſe ſtarb. Sie war in Berlin im Penſionat und fuhr<lb/> nach Groß-Beeren hinaus, um ihre Mutter zu beſuchen. Als der<lb/> Wagen vor dem Hauſe hielt, ſchien das Fräulein feſt und ruhig<lb/> zu ſchlafen — <hi rendition="#g">ſie war todt</hi>. Frau v. Geiſt verkaufte ſchließlich<lb/> die Beſitzung, aber der Unſegen dauerte fort. Nichts gedieh,<lb/> nichts wollte vorwärts. Der nächſte Beſitzer verlor ſein Ver-<lb/> mögen, der ihm folgende führte ein wüſtes, unſtätes Leben und<lb/> verſcholl, der dritte hielt ſich, aber Streit und Hader verbitterten<lb/> ihm die Tage.</p><lb/> <p>Der Unſegen blieb; aber es blieb auch ein <hi rendition="#g">Geiſt</hi>’ſches<lb/> Element an dieſer Stelle lebendig, ein halb räthſelhaftes Verlan-<lb/> gen es ihm an Tollheiten nachzuthun. Man kann hieran Studien<lb/> machen über die Macht und die nachwirkende Kraft eines Origi-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [308/0324]
ließ es rundum gehen, witzelte und ſpöttelte und — warf es dann
in’s Feuer.
Von dem Augenblick an brach das Unheil herein und jene
Schläge kamen, deren ich theilweis ſchon erwähnte. Zweimal brach
Feuer aus, Krieg und Mißwachs zerſtörten die Ernten und raſche
Todesfälle rafften die Glieder der Familie fort. Der General
ſtarb plötzlich, bald darauf die beiden Söhne deſſelben, endlich
Geiſt v. Beeren ſelbſt. Die junge Wittwe, welche Geiſt hinter-
ließ, verlobte ſich zwei Jahre ſpäter mit dem Hauptmann Willmer *),
einem liebenswürdigen Mann, und die Hochzeit ſtand nahe bevor.
Da gerieth Willmer in Streit mit einem Kameraden, einem
Herrn v. Dolfs von den Garde-Küraſſieren, und in der Haide
von Wulkow kam es zum Duell. Willmer ward erſchoſſen. Sein
Grab befindet ſich auf dem Kirchhofe von Groß-Beeren. Neben
ihm ruht die Tochter des „tollen Geiſt,“ die ebenfalls auf räthſel-
hafte Weiſe ſtarb. Sie war in Berlin im Penſionat und fuhr
nach Groß-Beeren hinaus, um ihre Mutter zu beſuchen. Als der
Wagen vor dem Hauſe hielt, ſchien das Fräulein feſt und ruhig
zu ſchlafen — ſie war todt. Frau v. Geiſt verkaufte ſchließlich
die Beſitzung, aber der Unſegen dauerte fort. Nichts gedieh,
nichts wollte vorwärts. Der nächſte Beſitzer verlor ſein Ver-
mögen, der ihm folgende führte ein wüſtes, unſtätes Leben und
verſcholl, der dritte hielt ſich, aber Streit und Hader verbitterten
ihm die Tage.
Der Unſegen blieb; aber es blieb auch ein Geiſt’ſches
Element an dieſer Stelle lebendig, ein halb räthſelhaftes Verlan-
gen es ihm an Tollheiten nachzuthun. Man kann hieran Studien
machen über die Macht und die nachwirkende Kraft eines Origi-
*) Nach einer andern Lesart war ihr Verlobter ein franzöſiſcher Of-
fizier, der, in der Schlacht bei Groß-Beeren verwundet, in’s Herrenhaus ge-
ſchafft und von Frau v. Beeren gepflegt wurde. Dieſe Pflege ſchloß dann,
wie gewöhnlich, mit einer Verlobung. Dieſe Verſion läßt ſich übrigens mit
der im Text erzählten in Einklang bringen. Capitain Willmer, wie ſein
Name ergiebt, war ein Deutſcher; da aber bei Großbeeren zwei ſächſiſche
Diviſionen auf franzöſiſcher Seite fochten, ſo iſt es wohl möglich, daß er
als verwundeter ſächſiſcher Offizier die Bekanntſchaft der Frau v. Beeren
machte.
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