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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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hörte jedoch die Einwilligung seines (des alten Geist) einzigen Bruders,
der als General in preußischen Diensten stand und in Erscheinung
und Sinnesart das volle Gegentheil unseres Helden und Kobolds
war. Er kommandirte die spätern brandenburger Kürassiere, die
nach ihm damals die "von Beeren-Kürassiere" hießen. Der Ge-
neral verweigerte die Zustimmung. Geist von Beeren seinerseits
war natürlich nicht der Mann, dergleichen ruhig hinzunehmen und
beschloß sich zu verheirathen, lediglich seinem Bruder zum Tort.
Der Harem wurde mit großen Kosten von ihm aufgelöst und gleich
danach erfolgte seine Vermählung mit einem Fräulein v. Eyssenhardt.
Es währte jedoch nur kurze Zeit. Er starb 1812 und hinterließ eine
einzige Tochter. Auch diese schied jung aus dem Leben. Das plötzliche
Erlöschen der Familie, wie aller Unsegen überhaupt, der theils vor
theils nach dem Tode des alten Geist die Zugehörigen des Hauses
traf, wird mit der Familiensage vom "Allerhühnchen" in Ver-
bindung gebracht. Es ist dies die folgende.

Vor mehreren Hundert Jahren war eine Frau von Beeren
eines Kindleins glücklich genesen. In einem großen Himmelbett,
dessen Gardinen halb geöffnet waren, lag die junge Frau, neben
sich die Wiege mit dem Kind, und verfolgte in träumerischem
Spiel die Schatten, die in dem spärlich erleuchteten Zimmer an
Wand und Decke auf und ab tanzten. Plötzlich bemerkte sie, daß
es unter dem Kachelofen, der auf vier schweren Holzfüßen stand,
hell wurde, und als sie sich aufrichtete, sah sie deutlich, daß ein
Theil der Diele wie eine kleine Kellerthür aufgehoben war. Aus
der Oeffnung stiegen alsbald allerhand zwergenhafte Gestalten,
von denen die vordersten kleine Lichtchen trugen, während andere
die Honneurs machten und die nach ihnen Kommenden willkommen
hießen. Alle waren geputzt. Ehe sich die Wöchnerin von ihrem
Staunen erholen konnte, ordneten sich die Kleinen zu einem Zuge
und marschirten zu zwei und zwei vor das Bett der jungen Frau.
Die zwei Vordersten baten um die Erlaubniß, ein Familienfest
feiern zu dürfen, zu dem sie sich unter dem Ofen versammelt
hätten. Frau v. Beeren war eine liebenswürdige Natur, ihr guter
Humor gewann die Oberhand und sie nickte bejahend mit dem
Kopf. Alsbald kehrten die Kleinen unter den Ofen zurück und
begannen ihr Fest. Aus der Kelleröffnung wurden Tischchen herauf-

hörte jedoch die Einwilligung ſeines (des alten Geiſt) einzigen Bruders,
der als General in preußiſchen Dienſten ſtand und in Erſcheinung
und Sinnesart das volle Gegentheil unſeres Helden und Kobolds
war. Er kommandirte die ſpätern brandenburger Küraſſiere, die
nach ihm damals die „von Beeren-Küraſſiere“ hießen. Der Ge-
neral verweigerte die Zuſtimmung. Geiſt von Beeren ſeinerſeits
war natürlich nicht der Mann, dergleichen ruhig hinzunehmen und
beſchloß ſich zu verheirathen, lediglich ſeinem Bruder zum Tort.
Der Harem wurde mit großen Koſten von ihm aufgelöſt und gleich
danach erfolgte ſeine Vermählung mit einem Fräulein v. Eyſſenhardt.
Es währte jedoch nur kurze Zeit. Er ſtarb 1812 und hinterließ eine
einzige Tochter. Auch dieſe ſchied jung aus dem Leben. Das plötzliche
Erlöſchen der Familie, wie aller Unſegen überhaupt, der theils vor
theils nach dem Tode des alten Geiſt die Zugehörigen des Hauſes
traf, wird mit der Familienſage vom „Allerhühnchen“ in Ver-
bindung gebracht. Es iſt dies die folgende.

Vor mehreren Hundert Jahren war eine Frau von Beeren
eines Kindleins glücklich geneſen. In einem großen Himmelbett,
deſſen Gardinen halb geöffnet waren, lag die junge Frau, neben
ſich die Wiege mit dem Kind, und verfolgte in träumeriſchem
Spiel die Schatten, die in dem ſpärlich erleuchteten Zimmer an
Wand und Decke auf und ab tanzten. Plötzlich bemerkte ſie, daß
es unter dem Kachelofen, der auf vier ſchweren Holzfüßen ſtand,
hell wurde, und als ſie ſich aufrichtete, ſah ſie deutlich, daß ein
Theil der Diele wie eine kleine Kellerthür aufgehoben war. Aus
der Oeffnung ſtiegen alsbald allerhand zwergenhafte Geſtalten,
von denen die vorderſten kleine Lichtchen trugen, während andere
die Honneurs machten und die nach ihnen Kommenden willkommen
hießen. Alle waren geputzt. Ehe ſich die Wöchnerin von ihrem
Staunen erholen konnte, ordneten ſich die Kleinen zu einem Zuge
und marſchirten zu zwei und zwei vor das Bett der jungen Frau.
Die zwei Vorderſten baten um die Erlaubniß, ein Familienfeſt
feiern zu dürfen, zu dem ſie ſich unter dem Ofen verſammelt
hätten. Frau v. Beeren war eine liebenswürdige Natur, ihr guter
Humor gewann die Oberhand und ſie nickte bejahend mit dem
Kopf. Alsbald kehrten die Kleinen unter den Ofen zurück und
begannen ihr Feſt. Aus der Kelleröffnung wurden Tiſchchen herauf-

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[306/0322] hörte jedoch die Einwilligung ſeines (des alten Geiſt) einzigen Bruders, der als General in preußiſchen Dienſten ſtand und in Erſcheinung und Sinnesart das volle Gegentheil unſeres Helden und Kobolds war. Er kommandirte die ſpätern brandenburger Küraſſiere, die nach ihm damals die „von Beeren-Küraſſiere“ hießen. Der Ge- neral verweigerte die Zuſtimmung. Geiſt von Beeren ſeinerſeits war natürlich nicht der Mann, dergleichen ruhig hinzunehmen und beſchloß ſich zu verheirathen, lediglich ſeinem Bruder zum Tort. Der Harem wurde mit großen Koſten von ihm aufgelöſt und gleich danach erfolgte ſeine Vermählung mit einem Fräulein v. Eyſſenhardt. Es währte jedoch nur kurze Zeit. Er ſtarb 1812 und hinterließ eine einzige Tochter. Auch dieſe ſchied jung aus dem Leben. Das plötzliche Erlöſchen der Familie, wie aller Unſegen überhaupt, der theils vor theils nach dem Tode des alten Geiſt die Zugehörigen des Hauſes traf, wird mit der Familienſage vom „Allerhühnchen“ in Ver- bindung gebracht. Es iſt dies die folgende. Vor mehreren Hundert Jahren war eine Frau von Beeren eines Kindleins glücklich geneſen. In einem großen Himmelbett, deſſen Gardinen halb geöffnet waren, lag die junge Frau, neben ſich die Wiege mit dem Kind, und verfolgte in träumeriſchem Spiel die Schatten, die in dem ſpärlich erleuchteten Zimmer an Wand und Decke auf und ab tanzten. Plötzlich bemerkte ſie, daß es unter dem Kachelofen, der auf vier ſchweren Holzfüßen ſtand, hell wurde, und als ſie ſich aufrichtete, ſah ſie deutlich, daß ein Theil der Diele wie eine kleine Kellerthür aufgehoben war. Aus der Oeffnung ſtiegen alsbald allerhand zwergenhafte Geſtalten, von denen die vorderſten kleine Lichtchen trugen, während andere die Honneurs machten und die nach ihnen Kommenden willkommen hießen. Alle waren geputzt. Ehe ſich die Wöchnerin von ihrem Staunen erholen konnte, ordneten ſich die Kleinen zu einem Zuge und marſchirten zu zwei und zwei vor das Bett der jungen Frau. Die zwei Vorderſten baten um die Erlaubniß, ein Familienfeſt feiern zu dürfen, zu dem ſie ſich unter dem Ofen verſammelt hätten. Frau v. Beeren war eine liebenswürdige Natur, ihr guter Humor gewann die Oberhand und ſie nickte bejahend mit dem Kopf. Alsbald kehrten die Kleinen unter den Ofen zurück und begannen ihr Feſt. Aus der Kelleröffnung wurden Tiſchchen herauf-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/322>, abgerufen am 24.11.2024.