wagen waren außerdem eingebüßt worden. Unser Verlust bezifferte sich auf nicht mehr als 1100 Mann, alle vom Bülow'schen Corps. Auf Seite der Schweden war nur ein Offizier verwundet worden.
Berlin jubelte und bethätigte seinen Jubel. Elf Wagenreihen mit Brod und Tabak, mit Bier und Branntwein beladen, setzten sich nach dem Bivouac von Heinersdorf hin in Bewegung. Auch von Eberswalde, Charlottenburg und Oranienburg erschienen Transporte.
Der Kronprinz von Schweden erließ anderen Tages aus dem Lager von Ruhlsdorf ein Bulletin, in welchem er mit nicht allzu- großer historischer Treue die Begebenheiten der letzten Tage be- kannt machte. Hinsichtlich des Generals von Bülow und seines Corps hieß es wörtlich: "General v. Bülow erhielt Befehl, den Feind anzugreifen. Er führte diesen Befehl mit der- jenigen Entschlossenheit aus, die den geschickten General bekundet. Seine Truppen marschirten mit eben jener Ruhe, die während des siebenjährigen Krieges die Soldaten des großen Friedrich aus- zeichnete." General von Bülow selbst enthielt sich begreiflicher- weise jedes Hinweises auf die "Soldaten des großen Friedrich", unterließ aber nicht, das Thatsächliche richtig zu stellen. "Ich faßte", so heißt es in seinem Bericht an den König, "den Ent- schluß, den Feind anzugreifen und wurde dazu durch einen nach- träglichen Befehl des Kronprinzen autorisirt. Unter Einschluß der mir zugetheilten russischen Batterien, sowie der Kosaken, haben die Truppen Ew. Majestät allein gefochten."
Im Uebrigen war es keine große Schlacht gewesen. Einem energischen, aber wie gewöhnlich erfolglosen Artilleriekampfe war eine Dorf-Erstürmung gefolgt, welcher es, aller Tapferkeit uner- achtet, doch insoweit an allem Heldischen gebrach, als wir den Schlüssel der Position: die Kirchhofs-Stellung, in erheblicher Ueberzahl angriffen. Es bleiben aber solche vor den Thoren einer Hauptstadt geschlagenen Schlachten immer ganz besonders im Ge- dächtnisse der Menschheit, einfach deshalb, weil die Zahl der durch solche Kämpfe zu direkter Dankbarkeit Verpflichteten um Vieles größer ist als bei Provinzial- oder gar Auslands-Schlachten. Und so kommt es denn auch, daß Groß-Beeren -- beispielsweise weit über das im Uebrigen sehr verwandte Dennewitz hinaus -- ein
wagen waren außerdem eingebüßt worden. Unſer Verluſt bezifferte ſich auf nicht mehr als 1100 Mann, alle vom Bülow’ſchen Corps. Auf Seite der Schweden war nur ein Offizier verwundet worden.
Berlin jubelte und bethätigte ſeinen Jubel. Elf Wagenreihen mit Brod und Tabak, mit Bier und Branntwein beladen, ſetzten ſich nach dem Bivouac von Heinersdorf hin in Bewegung. Auch von Eberswalde, Charlottenburg und Oranienburg erſchienen Transporte.
Der Kronprinz von Schweden erließ anderen Tages aus dem Lager von Ruhlsdorf ein Bulletin, in welchem er mit nicht allzu- großer hiſtoriſcher Treue die Begebenheiten der letzten Tage be- kannt machte. Hinſichtlich des Generals von Bülow und ſeines Corps hieß es wörtlich: „General v. Bülow erhielt Befehl, den Feind anzugreifen. Er führte dieſen Befehl mit der- jenigen Entſchloſſenheit aus, die den geſchickten General bekundet. Seine Truppen marſchirten mit eben jener Ruhe, die während des ſiebenjährigen Krieges die Soldaten des großen Friedrich aus- zeichnete.“ General von Bülow ſelbſt enthielt ſich begreiflicher- weiſe jedes Hinweiſes auf die „Soldaten des großen Friedrich“, unterließ aber nicht, das Thatſächliche richtig zu ſtellen. „Ich faßte“, ſo heißt es in ſeinem Bericht an den König, „den Ent- ſchluß, den Feind anzugreifen und wurde dazu durch einen nach- träglichen Befehl des Kronprinzen autoriſirt. Unter Einſchluß der mir zugetheilten ruſſiſchen Batterien, ſowie der Koſaken, haben die Truppen Ew. Majeſtät allein gefochten.“
Im Uebrigen war es keine große Schlacht geweſen. Einem energiſchen, aber wie gewöhnlich erfolgloſen Artilleriekampfe war eine Dorf-Erſtürmung gefolgt, welcher es, aller Tapferkeit uner- achtet, doch inſoweit an allem Heldiſchen gebrach, als wir den Schlüſſel der Poſition: die Kirchhofs-Stellung, in erheblicher Ueberzahl angriffen. Es bleiben aber ſolche vor den Thoren einer Hauptſtadt geſchlagenen Schlachten immer ganz beſonders im Ge- dächtniſſe der Menſchheit, einfach deshalb, weil die Zahl der durch ſolche Kämpfe zu direkter Dankbarkeit Verpflichteten um Vieles größer iſt als bei Provinzial- oder gar Auslands-Schlachten. Und ſo kommt es denn auch, daß Groß-Beeren — beiſpielsweiſe weit über das im Uebrigen ſehr verwandte Dennewitz hinaus — ein
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wagen waren außerdem eingebüßt worden. Unſer Verluſt bezifferte
ſich auf nicht mehr als 1100 Mann, alle vom Bülow’ſchen Corps.
Auf Seite der Schweden war nur ein Offizier verwundet worden.
Berlin jubelte und bethätigte ſeinen Jubel. Elf Wagenreihen
mit Brod und Tabak, mit Bier und Branntwein beladen, ſetzten
ſich nach dem Bivouac von Heinersdorf hin in Bewegung. Auch von
Eberswalde, Charlottenburg und Oranienburg erſchienen Transporte.
Der Kronprinz von Schweden erließ anderen Tages aus dem
Lager von Ruhlsdorf ein Bulletin, in welchem er mit nicht allzu-
großer hiſtoriſcher Treue die Begebenheiten der letzten Tage be-
kannt machte. Hinſichtlich des Generals von Bülow und ſeines
Corps hieß es wörtlich: „General v. Bülow erhielt Befehl,
den Feind anzugreifen. Er führte dieſen Befehl mit der-
jenigen Entſchloſſenheit aus, die den geſchickten General bekundet.
Seine Truppen marſchirten mit eben jener Ruhe, die während
des ſiebenjährigen Krieges die Soldaten des großen Friedrich aus-
zeichnete.“ General von Bülow ſelbſt enthielt ſich begreiflicher-
weiſe jedes Hinweiſes auf die „Soldaten des großen Friedrich“,
unterließ aber nicht, das Thatſächliche richtig zu ſtellen. „Ich
faßte“, ſo heißt es in ſeinem Bericht an den König, „den Ent-
ſchluß, den Feind anzugreifen und wurde dazu durch einen nach-
träglichen Befehl des Kronprinzen autoriſirt. Unter Einſchluß
der mir zugetheilten ruſſiſchen Batterien, ſowie der Koſaken, haben
die Truppen Ew. Majeſtät allein gefochten.“
Im Uebrigen war es keine große Schlacht geweſen. Einem
energiſchen, aber wie gewöhnlich erfolgloſen Artilleriekampfe war
eine Dorf-Erſtürmung gefolgt, welcher es, aller Tapferkeit uner-
achtet, doch inſoweit an allem Heldiſchen gebrach, als wir den
Schlüſſel der Poſition: die Kirchhofs-Stellung, in erheblicher
Ueberzahl angriffen. Es bleiben aber ſolche vor den Thoren einer
Hauptſtadt geſchlagenen Schlachten immer ganz beſonders im Ge-
dächtniſſe der Menſchheit, einfach deshalb, weil die Zahl der durch
ſolche Kämpfe zu direkter Dankbarkeit Verpflichteten um Vieles
größer iſt als bei Provinzial- oder gar Auslands-Schlachten. Und
ſo kommt es denn auch, daß Groß-Beeren — beiſpielsweiſe weit
über das im Uebrigen ſehr verwandte Dennewitz hinaus — ein
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/316>, abgerufen am 28.11.2024.
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