Reynier anzugreifen und das verloren gegangene Großbeeren zurück- zuerobern. Er rief seine Brigade-Generale zusammen, um ihnen den von ihm gefaßten Entschluß mitzutheilen. Er habe sich schon am Tage vorher von der Aktionsunlust des Oberkommandirenden überzeugen können, der seinen Mangel an Eifer mit seinem Miß- trauen in den Werth der ihm unterstellten "neuen Truppen" zu begründen versucht habe. Diese "neuen Truppen" aber seien, was ihnen in diesem und jenem auch fehlen möge, vom besten Geiste beseelt und bedürften nur einer entschlossenen Führung, um sich aufs Neue zu bewähren, wie sie sich schon vor dem Waffenstill- stand und neuerdings wieder bei Luckau bewährt hätten. Jeden- falls sei es sein Wille, nicht ohne ein vorgängiges ernstes Gefecht das Feld zu räumen. "Unsere Gebeine", so schloß er, "sollen diesseits Berlin bleichen, nicht jenseits." Alle Generale stimmten ihm zu, wonach er ohne Weiteres nach Ruhlsdorf hin melden ließ: "er werde mit dem III. Corps avanciren und Groß-Beeren inner- halb einer Stunde wiedernehmen."
Als die Truppen von diesem Entschlusse hörten, erfüllte sie plötzlich ein Geist der Zuversicht, und wiewohl sie durch 24 Stunden hin nicht Holz und nicht Stroh, kaum Kommisbrot und Brannt- wein und eigentlich nichts als Regen und wieder Regen gehabt hatten, verlangte doch jeder nach Kampf und brach in hellen Jubel aus, als es hieß: an die Gewehre!
Die Dispositionen zum Angriff waren schnell getroffen und lauteten:
Die Brigade Krafft, gefolgt von der Brigade Thümen, avancirt gegen die Hügelposition zwischen Kirche und Windmühle.
Die Brigade Prinz von Hessen-Homburg avancirt gegen die Position zwischen der Windmühle und dem Vorwerk Neu- Beeren.
Die Brigade von Borstell endlich führt eine Seitenbewe- gung aus und sucht den Front-Angriff auf Groß-Beeren aus der diesseitigen linken Flanke zu souteniren.
Es war 6 Uhr, als sich die genannten Brigaden in drei Linien von Heinersdorf her in Bewegung setzten.
Mit Erstaunen hörte Reynier die Meldung, daß das ge-
Reynier anzugreifen und das verloren gegangene Großbeeren zurück- zuerobern. Er rief ſeine Brigade-Generale zuſammen, um ihnen den von ihm gefaßten Entſchluß mitzutheilen. Er habe ſich ſchon am Tage vorher von der Aktionsunluſt des Oberkommandirenden überzeugen können, der ſeinen Mangel an Eifer mit ſeinem Miß- trauen in den Werth der ihm unterſtellten „neuen Truppen“ zu begründen verſucht habe. Dieſe „neuen Truppen“ aber ſeien, was ihnen in dieſem und jenem auch fehlen möge, vom beſten Geiſte beſeelt und bedürften nur einer entſchloſſenen Führung, um ſich aufs Neue zu bewähren, wie ſie ſich ſchon vor dem Waffenſtill- ſtand und neuerdings wieder bei Luckau bewährt hätten. Jeden- falls ſei es ſein Wille, nicht ohne ein vorgängiges ernſtes Gefecht das Feld zu räumen. „Unſere Gebeine“, ſo ſchloß er, „ſollen dieſſeits Berlin bleichen, nicht jenſeits.“ Alle Generale ſtimmten ihm zu, wonach er ohne Weiteres nach Ruhlsdorf hin melden ließ: „er werde mit dem III. Corps avanciren und Groß-Beeren inner- halb einer Stunde wiedernehmen.“
Als die Truppen von dieſem Entſchluſſe hörten, erfüllte ſie plötzlich ein Geiſt der Zuverſicht, und wiewohl ſie durch 24 Stunden hin nicht Holz und nicht Stroh, kaum Kommisbrot und Brannt- wein und eigentlich nichts als Regen und wieder Regen gehabt hatten, verlangte doch jeder nach Kampf und brach in hellen Jubel aus, als es hieß: an die Gewehre!
Die Dispoſitionen zum Angriff waren ſchnell getroffen und lauteten:
Die Brigade Krafft, gefolgt von der Brigade Thümen, avancirt gegen die Hügelpoſition zwiſchen Kirche und Windmühle.
Die Brigade Prinz von Heſſen-Homburg avancirt gegen die Poſition zwiſchen der Windmühle und dem Vorwerk Neu- Beeren.
Die Brigade von Borſtell endlich führt eine Seitenbewe- gung aus und ſucht den Front-Angriff auf Groß-Beeren aus der dieſſeitigen linken Flanke zu ſouteniren.
Es war 6 Uhr, als ſich die genannten Brigaden in drei Linien von Heinersdorf her in Bewegung ſetzten.
Mit Erſtaunen hörte Reynier die Meldung, daß das ge-
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Reynier anzugreifen und das verloren gegangene Großbeeren zurück-
zuerobern. Er rief ſeine Brigade-Generale zuſammen, um ihnen
den von ihm gefaßten Entſchluß mitzutheilen. Er habe ſich ſchon
am Tage vorher von der Aktionsunluſt des Oberkommandirenden
überzeugen können, der ſeinen Mangel an Eifer mit ſeinem Miß-
trauen in den Werth der ihm unterſtellten „neuen Truppen“ zu
begründen verſucht habe. Dieſe „neuen Truppen“ aber ſeien, was
ihnen in dieſem und jenem auch fehlen möge, vom beſten Geiſte
beſeelt und bedürften nur einer entſchloſſenen Führung, um ſich
aufs Neue zu bewähren, wie ſie ſich ſchon vor dem Waffenſtill-
ſtand und neuerdings wieder bei Luckau bewährt hätten. Jeden-
falls ſei es ſein Wille, nicht ohne ein vorgängiges ernſtes Gefecht
das Feld zu räumen. „Unſere Gebeine“, ſo ſchloß er, „ſollen
dieſſeits Berlin bleichen, nicht jenſeits.“ Alle Generale ſtimmten
ihm zu, wonach er ohne Weiteres nach Ruhlsdorf hin melden ließ:
„er werde mit dem III. Corps avanciren und Groß-Beeren inner-
halb einer Stunde wiedernehmen.“
Als die Truppen von dieſem Entſchluſſe hörten, erfüllte ſie
plötzlich ein Geiſt der Zuverſicht, und wiewohl ſie durch 24 Stunden
hin nicht Holz und nicht Stroh, kaum Kommisbrot und Brannt-
wein und eigentlich nichts als Regen und wieder Regen gehabt
hatten, verlangte doch jeder nach Kampf und brach in hellen Jubel
aus, als es hieß: an die Gewehre!
Die Dispoſitionen zum Angriff waren ſchnell getroffen und
lauteten:
Die Brigade Krafft, gefolgt von der Brigade Thümen,
avancirt gegen die Hügelpoſition zwiſchen Kirche und Windmühle.
Die Brigade Prinz von Heſſen-Homburg avancirt gegen
die Poſition zwiſchen der Windmühle und dem Vorwerk Neu-
Beeren.
Die Brigade von Borſtell endlich führt eine Seitenbewe-
gung aus und ſucht den Front-Angriff auf Groß-Beeren aus der
dieſſeitigen linken Flanke zu ſouteniren.
Es war 6 Uhr, als ſich die genannten Brigaden in drei
Linien von Heinersdorf her in Bewegung ſetzten.
Mit Erſtaunen hörte Reynier die Meldung, daß das ge-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/312>, abgerufen am 24.11.2024.
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