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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Das erste Zimmer hinter der mit Kreide beschriebenen Thür
war ehedem das Schlafzimmer Friedrich Wilhelms I. Es befindet
sich in demselben das große Waschbecken des Königs, etwas höchst
Primitives, eine Art festgemauertes Waschfaß. Aus Gips gefertigt,
gleicht es den Abgußsteinen, die man in unseren Küchen findet,
und hat in der That eine Oeffnung zum Abfluß des Wassers, in
der ein steinerner Stöpsel steckt, halb so lang wie ein Arm und
halb so dick. Beim Anblick dieses Waschfasses glaubt man ohne
weitere Zweifel was vom Soldatenkönig berichtet wird, daß er
einer der reinlichsten Menschen war und "sich wohl zwanzigmal
des Tages wusch."

Die andere Thür, ebenfalls zur Rechten der Halle, führt in
den Speisesaal. Er mißt 15 Schritt im Quadrat. In der
Mitte desselben ist ein hölzerner Pfeiler angebracht, der vielleicht
mehr schmücken als stützen soll. Ein großer Kamin, neben dessen
einem Vorsprung einst eine Treppe direkt in die Küche führte, voll-
endet die Herrichtung. Es ist dies derselbe Saal, in dem, wie
schon hervorgehoben, an jedem 11. September der Tag von Mal-
plaquet und an jedem 3. November das Hubertusfest gefeiert ward.
Es ging dann viel heitrer hier her, als man jetzt wohl beim An-
blick dieser weißgetünchten Oede glauben möchte. Frauen waren
ausgeschlossen. Es war ein Männerfest. Zwanzig bis dreißig
Offiziers, meist alte Generale, die unter Eugen und Marlborough
mitgefochten hatten, saßen dann um den Tisch herum und Rhein-
wein und Ungar wurden nicht gespart. Der "starke Mann"
mußte kommen und seine Kunststücke machen; zuletzt, während
die Lichter flackerten und qualmten und die Piqueurs auf ihren
Jagdhörnern bliesen, packte der König den alten General-
lieutenant von Pannewitz, der von Malplaquet her eine breite
Schmarre im Gesicht hatte, und begann mit ihm den Tanz.
Dazwischen Taback, Brettspiel und Puppentheater, bis das Ver-
gnügen an sich selbst erstarb.

Wir treten nun aus diesem Eßsaal wieder in die Halle zurück.
Zur Linken derselben befinden sich ebenfalls zwei Zimmer, die
Zimmer der Königin. Sie sind verhältnißmäßig noch wohl er-
halten und geben einem ein deutliches Bild von der "Elegance"

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Das erſte Zimmer hinter der mit Kreide beſchriebenen Thür
war ehedem das Schlafzimmer Friedrich Wilhelms I. Es befindet
ſich in demſelben das große Waſchbecken des Königs, etwas höchſt
Primitives, eine Art feſtgemauertes Waſchfaß. Aus Gips gefertigt,
gleicht es den Abgußſteinen, die man in unſeren Küchen findet,
und hat in der That eine Oeffnung zum Abfluß des Waſſers, in
der ein ſteinerner Stöpſel ſteckt, halb ſo lang wie ein Arm und
halb ſo dick. Beim Anblick dieſes Waſchfaſſes glaubt man ohne
weitere Zweifel was vom Soldatenkönig berichtet wird, daß er
einer der reinlichſten Menſchen war und „ſich wohl zwanzigmal
des Tages wuſch.“

Die andere Thür, ebenfalls zur Rechten der Halle, führt in
den Speiſeſaal. Er mißt 15 Schritt im Quadrat. In der
Mitte deſſelben iſt ein hölzerner Pfeiler angebracht, der vielleicht
mehr ſchmücken als ſtützen ſoll. Ein großer Kamin, neben deſſen
einem Vorſprung einſt eine Treppe direkt in die Küche führte, voll-
endet die Herrichtung. Es iſt dies derſelbe Saal, in dem, wie
ſchon hervorgehoben, an jedem 11. September der Tag von Mal-
plaquet und an jedem 3. November das Hubertusfeſt gefeiert ward.
Es ging dann viel heitrer hier her, als man jetzt wohl beim An-
blick dieſer weißgetünchten Oede glauben möchte. Frauen waren
ausgeſchloſſen. Es war ein Männerfeſt. Zwanzig bis dreißig
Offiziers, meiſt alte Generale, die unter Eugen und Marlborough
mitgefochten hatten, ſaßen dann um den Tiſch herum und Rhein-
wein und Ungar wurden nicht geſpart. Der „ſtarke Mann“
mußte kommen und ſeine Kunſtſtücke machen; zuletzt, während
die Lichter flackerten und qualmten und die Piqueurs auf ihren
Jagdhörnern blieſen, packte der König den alten General-
lieutenant von Pannewitz, der von Malplaquet her eine breite
Schmarre im Geſicht hatte, und begann mit ihm den Tanz.
Dazwiſchen Taback, Brettſpiel und Puppentheater, bis das Ver-
gnügen an ſich ſelbſt erſtarb.

Wir treten nun aus dieſem Eßſaal wieder in die Halle zurück.
Zur Linken derſelben befinden ſich ebenfalls zwei Zimmer, die
Zimmer der Königin. Sie ſind verhältnißmäßig noch wohl er-
halten und geben einem ein deutliches Bild von der „Elegance“

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[259/0275] Das erſte Zimmer hinter der mit Kreide beſchriebenen Thür war ehedem das Schlafzimmer Friedrich Wilhelms I. Es befindet ſich in demſelben das große Waſchbecken des Königs, etwas höchſt Primitives, eine Art feſtgemauertes Waſchfaß. Aus Gips gefertigt, gleicht es den Abgußſteinen, die man in unſeren Küchen findet, und hat in der That eine Oeffnung zum Abfluß des Waſſers, in der ein ſteinerner Stöpſel ſteckt, halb ſo lang wie ein Arm und halb ſo dick. Beim Anblick dieſes Waſchfaſſes glaubt man ohne weitere Zweifel was vom Soldatenkönig berichtet wird, daß er einer der reinlichſten Menſchen war und „ſich wohl zwanzigmal des Tages wuſch.“ Die andere Thür, ebenfalls zur Rechten der Halle, führt in den Speiſeſaal. Er mißt 15 Schritt im Quadrat. In der Mitte deſſelben iſt ein hölzerner Pfeiler angebracht, der vielleicht mehr ſchmücken als ſtützen ſoll. Ein großer Kamin, neben deſſen einem Vorſprung einſt eine Treppe direkt in die Küche führte, voll- endet die Herrichtung. Es iſt dies derſelbe Saal, in dem, wie ſchon hervorgehoben, an jedem 11. September der Tag von Mal- plaquet und an jedem 3. November das Hubertusfeſt gefeiert ward. Es ging dann viel heitrer hier her, als man jetzt wohl beim An- blick dieſer weißgetünchten Oede glauben möchte. Frauen waren ausgeſchloſſen. Es war ein Männerfeſt. Zwanzig bis dreißig Offiziers, meiſt alte Generale, die unter Eugen und Marlborough mitgefochten hatten, ſaßen dann um den Tiſch herum und Rhein- wein und Ungar wurden nicht geſpart. Der „ſtarke Mann“ mußte kommen und ſeine Kunſtſtücke machen; zuletzt, während die Lichter flackerten und qualmten und die Piqueurs auf ihren Jagdhörnern blieſen, packte der König den alten General- lieutenant von Pannewitz, der von Malplaquet her eine breite Schmarre im Geſicht hatte, und begann mit ihm den Tanz. Dazwiſchen Taback, Brettſpiel und Puppentheater, bis das Ver- gnügen an ſich ſelbſt erſtarb. Wir treten nun aus dieſem Eßſaal wieder in die Halle zurück. Zur Linken derſelben befinden ſich ebenfalls zwei Zimmer, die Zimmer der Königin. Sie ſind verhältnißmäßig noch wohl er- halten und geben einem ein deutliches Bild von der „Elegance“ 17*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/275>, abgerufen am 22.11.2024.