um sich wehr- und mannhaft zu machen und hier, nach erfolgtem Regierungsantritte, fanden jene waidmännischen Festlichkeiten statt, die Wusterhausen recht eigentlich zum Jagdschloß par excellence erhoben.
Hier auf dem Schloßhof, den jetzt die friedliche Pumpe ziert, war es wo jedesmal nach abgehaltener Jagd den Hunden ihr "Jagdrecht" wurde. Das war die Nachfeier zum eigentlichen Fest. Der zerlegte Hirsch ward wieder mit seiner Haut bedeckt, an der sich noch der Kopf sammt dem Geweih befinden mußte. So lag der Hirsch auf dem Hof, während hundert und mehr Parforce- Hunde, die durch ein Gatter von ihrer Beute getrennt waren, laut heulten und winselten und nur durch Karbatschen in Ordnung gehalten wurden. Endlich erschien der König, der Jägerbursche zog die Haut des Hirsches fort, das Gatter öffnete sich und die Meute fiel über ihr "Jagdrecht" her, während die Piqueurs im Kreise standen und auf ihren Hörnern bliesen.
Wenigstens zwei Monat alljährlich wohnte König Friedrich Wilhelm I. in Wusterhausen. Spätestens am 24. August traf er ein und frühestens am 4. oder 5. November brach er auf. Die ersten 8 Tage gehörten der Rebhuhnjagd, vorzüglich auf der Groß- Machenower Feldmark; später dann folgten die Jagden auf Roth- und Schwarzwild. Zwei Festlichkeiten im größeren Stil gab es herkömmlich während der Wusterhausener Saison: die Jahres- feier der Schlacht bei Malplaquet am 11. September und das Hubertusfest am 3. November. Bei Malplaquet war der König, damals noch Kronprinz, zum ersten Mal im Feuer gewesen; das erheischte, wie billig, ein Erinnerungsfest. Das Hubertusfest war zugleich das Abschiedsfest von Wusterhausen. Nur einmal fiel es aus, am 3. November 1730. Am 28. Oktober, sechs Tage vor dem Hubertustag, hatte das Kriegsgericht in Schloß Cöpenick gesessen, das über Kronprinz Friedrich und Katte befinden sollte.
Hier in Wusterhausen spielten später die Hof- und Heiraths- Intriguen und hier schwankte die Wage bis zuletzt, ob der Erbprinz von Baireuth oder der Prinz von Wales (wie so sehr gewünscht wurde) die Braut heimführen würde; hier endlich, nachdem die Ungewitter sich verzogen und ruhigeren Tagen Platz gemacht hatten,
um ſich wehr- und mannhaft zu machen und hier, nach erfolgtem Regierungsantritte, fanden jene waidmänniſchen Feſtlichkeiten ſtatt, die Wuſterhauſen recht eigentlich zum Jagdſchloß par excellence erhoben.
Hier auf dem Schloßhof, den jetzt die friedliche Pumpe ziert, war es wo jedesmal nach abgehaltener Jagd den Hunden ihr „Jagdrecht“ wurde. Das war die Nachfeier zum eigentlichen Feſt. Der zerlegte Hirſch ward wieder mit ſeiner Haut bedeckt, an der ſich noch der Kopf ſammt dem Geweih befinden mußte. So lag der Hirſch auf dem Hof, während hundert und mehr Parforce- Hunde, die durch ein Gatter von ihrer Beute getrennt waren, laut heulten und winſelten und nur durch Karbatſchen in Ordnung gehalten wurden. Endlich erſchien der König, der Jägerburſche zog die Haut des Hirſches fort, das Gatter öffnete ſich und die Meute fiel über ihr „Jagdrecht“ her, während die Piqueurs im Kreiſe ſtanden und auf ihren Hörnern blieſen.
Wenigſtens zwei Monat alljährlich wohnte König Friedrich Wilhelm I. in Wuſterhauſen. Späteſtens am 24. Auguſt traf er ein und früheſtens am 4. oder 5. November brach er auf. Die erſten 8 Tage gehörten der Rebhuhnjagd, vorzüglich auf der Groß- Machenower Feldmark; ſpäter dann folgten die Jagden auf Roth- und Schwarzwild. Zwei Feſtlichkeiten im größeren Stil gab es herkömmlich während der Wuſterhauſener Saiſon: die Jahres- feier der Schlacht bei Malplaquet am 11. September und das Hubertusfeſt am 3. November. Bei Malplaquet war der König, damals noch Kronprinz, zum erſten Mal im Feuer geweſen; das erheiſchte, wie billig, ein Erinnerungsfeſt. Das Hubertusfeſt war zugleich das Abſchiedsfeſt von Wuſterhauſen. Nur einmal fiel es aus, am 3. November 1730. Am 28. Oktober, ſechs Tage vor dem Hubertustag, hatte das Kriegsgericht in Schloß Cöpenick geſeſſen, das über Kronprinz Friedrich und Katte befinden ſollte.
Hier in Wuſterhauſen ſpielten ſpäter die Hof- und Heiraths- Intriguen und hier ſchwankte die Wage bis zuletzt, ob der Erbprinz von Baireuth oder der Prinz von Wales (wie ſo ſehr gewünſcht wurde) die Braut heimführen würde; hier endlich, nachdem die Ungewitter ſich verzogen und ruhigeren Tagen Platz gemacht hatten,
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um ſich wehr- und mannhaft zu machen und hier, nach erfolgtem
Regierungsantritte, fanden jene waidmänniſchen Feſtlichkeiten ſtatt,
die Wuſterhauſen recht eigentlich zum Jagdſchloß par excellence
erhoben.
Hier auf dem Schloßhof, den jetzt die friedliche Pumpe ziert,
war es wo jedesmal nach abgehaltener Jagd den Hunden ihr
„Jagdrecht“ wurde. Das war die Nachfeier zum eigentlichen Feſt.
Der zerlegte Hirſch ward wieder mit ſeiner Haut bedeckt, an
der ſich noch der Kopf ſammt dem Geweih befinden mußte. So
lag der Hirſch auf dem Hof, während hundert und mehr Parforce-
Hunde, die durch ein Gatter von ihrer Beute getrennt waren,
laut heulten und winſelten und nur durch Karbatſchen in Ordnung
gehalten wurden. Endlich erſchien der König, der Jägerburſche
zog die Haut des Hirſches fort, das Gatter öffnete ſich und die
Meute fiel über ihr „Jagdrecht“ her, während die Piqueurs im
Kreiſe ſtanden und auf ihren Hörnern blieſen.
Wenigſtens zwei Monat alljährlich wohnte König Friedrich
Wilhelm I. in Wuſterhauſen. Späteſtens am 24. Auguſt traf er
ein und früheſtens am 4. oder 5. November brach er auf. Die
erſten 8 Tage gehörten der Rebhuhnjagd, vorzüglich auf der Groß-
Machenower Feldmark; ſpäter dann folgten die Jagden auf Roth-
und Schwarzwild. Zwei Feſtlichkeiten im größeren Stil gab
es herkömmlich während der Wuſterhauſener Saiſon: die Jahres-
feier der Schlacht bei Malplaquet am 11. September und das
Hubertusfeſt am 3. November. Bei Malplaquet war der König,
damals noch Kronprinz, zum erſten Mal im Feuer geweſen; das
erheiſchte, wie billig, ein Erinnerungsfeſt. Das Hubertusfeſt war
zugleich das Abſchiedsfeſt von Wuſterhauſen. Nur einmal fiel es
aus, am 3. November 1730. Am 28. Oktober, ſechs Tage
vor dem Hubertustag, hatte das Kriegsgericht in Schloß
Cöpenick geſeſſen, das über Kronprinz Friedrich und Katte
befinden ſollte.
Hier in Wuſterhauſen ſpielten ſpäter die Hof- und Heiraths-
Intriguen und hier ſchwankte die Wage bis zuletzt, ob der Erbprinz
von Baireuth oder der Prinz von Wales (wie ſo ſehr gewünſcht
wurde) die Braut heimführen würde; hier endlich, nachdem die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/272>, abgerufen am 22.11.2024.
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