Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.Augenblick an das wirkliche Lebendigsein dieser seiner Figuren Graf Königsmark hatt' irgendwo Dies genüge. Dieselbe Ballade weist übrigens viel schlimmereIn Sachsen an der Saale Ein Gut, wohin er gern entfloh Der höfischen Kabale. Die Wirthschaft dort besorgt ein treuer Verständiger und frommer Meier. Strophen auf. Keine Dichtungsart vielleicht kann die Verwechs- lung von Einfach-natürlichem mit Hausbacken-pro- saischem so wenig ertragen wie die Ballade. Schmidt von Werneuchen war kein Sonettist und noch weni- Aber diese "Bauernhochzeiten" unsers märkischen Poeten waren 15*
Augenblick an das wirkliche Lebendigſein dieſer ſeiner Figuren Graf Königsmark hatt’ irgendwo Dies genüge. Dieſelbe Ballade weiſt übrigens viel ſchlimmereIn Sachſen an der Saale Ein Gut, wohin er gern entfloh Der höfiſchen Kabale. Die Wirthſchaft dort beſorgt ein treuer Verſtändiger und frommer Meier. Strophen auf. Keine Dichtungsart vielleicht kann die Verwechs- lung von Einfach-natürlichem mit Hausbacken-pro- ſaiſchem ſo wenig ertragen wie die Ballade. Schmidt von Werneuchen war kein Sonettiſt und noch weni- Aber dieſe „Bauernhochzeiten“ unſers märkiſchen Poeten waren 15*
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Augenblick an das wirkliche Lebendigſein dieſer ſeiner Figuren
glaubte. So kam es, daß er in dieſer Dichtungsart beſtändig den
bekannten einen Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen that
und uns ſtatt erſchütternder Geſtalten bloße Karrikaturen vorführte.
Um wenigſtens eine Belagsſtelle für dies mein Urtheil zu citiren,
laß ich hier die erſte Strophe der Spuk-Ballade „Graf Königs-
mark und ſein Verwalter“ folgen:
Graf Königsmark hatt’ irgendwo
In Sachſen an der Saale
Ein Gut, wohin er gern entfloh
Der höfiſchen Kabale.
Die Wirthſchaft dort beſorgt ein treuer
Verſtändiger und frommer Meier.
Dies genüge. Dieſelbe Ballade weiſt übrigens viel ſchlimmere
Strophen auf. Keine Dichtungsart vielleicht kann die Verwechs-
lung von Einfach-natürlichem mit Hausbacken-pro-
ſaiſchem ſo wenig ertragen wie die Ballade.
Schmidt von Werneuchen war kein Sonettiſt und noch weni-
ger ein Minſtrel, der es verſtanden hätte, bei den Feſtmahlen
alter Häuptlinge die heroiſchen Sagen des Clan’s zu ſingen, aber
er war ein Naturbeobachter und Naturbeſchreiber trotz einem.
Nicht die Geßner’ſche Idylle war ſeine Stärke, bei den Niederländern
ſchien er in die Schule gegangen zu ſein, und wenn Friedrich
Wilhelm I. einmal ausrufen durfte: „ich hab’ ein treu-Holländiſch
Herz,“ ſo durfte Schmidt von Werneuchen ſagen: „ich hab ein
gut-Hollländiſch Aug’.“ Und wirklich, jetzt, wo man es liebt, die
Künſtler dadurch zu charakteriſiren, daß man ſie mit hervorragenden
Erſcheinungen einer verwandten Kunſt vergleicht, möcht’ es geſtattet
ſein, Schmidt von Werneuchen einen märkiſchen Adrian von Oſtade
zu nennen. Beide haben in „Bauernhochzeiten“ excellirt.
Aber dieſe „Bauernhochzeiten“ unſers märkiſchen Poeten waren
doch, der Geſammtheit ſeines Schaffens gegenüber, nur die Staf-
fage; er konnte ein Genremaler ſein, wenn ihm der Sinn danach
ſtand, vor Allem indeß war er ein Landſchafter, oft freilich nur
ein grober Realiſt der die Natur rein äußerlich abſchrieb, oft aber
auch ein feinfühliger Künſtler, der ſich auf die leiſeſten land-
ſchaftlichen Stimmungen, auf den Ton und alle ſeine Nüancen ver-
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