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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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Dorfgasse hinaus, um zunächst dem Schlosse drüben unsern Früh-
besuch zu machen.

Das Schloß zu Buch ist ein Flügelbau von jener einfachen Art,
wie das vorige Jahrhundert ihrer so viele auf unsern märkischen
Rittergütern entstehen sah. Sie haben einen gemeinsamen Familien-
zug und wenn sich das vor uns liegende Schloß von ähnlichen
Bauten unterscheidet, so ist es durch nichts als durch eine noch
größere Einfachheit. Aller Schmuck scheint geflissentlich vermieden.
Keine Säulen, kein Fries, kein Fenstersims; nicht Thurm, nicht Erker,
ja selbst die Rampe fehlt, die sonst wohl den Eindruck der Statt-
lichkeit schafft oder steigert. Ein paar Arabesken schnörkeln sich
um die Thür und ein halbes Dutzend Orangenbäume fassen den
Kiesplatz ein. Alles schlicht, und doch hat man das bestimmte
Gefühl, daß hier Reichthum und Vornehmheit ihre Stätte haben.
Das Haus gleicht einem einfachen Kleid, einfach und altmodisch,
aber der Park, der es einfaßt, ist wie ein reicher Mantel, der die
Frage nach dem Schnitt des Kleides verstummen macht.

Und dieser Eindruck wiederholt sich im Innern. Aller bürgerliche
Comfort fehlt, ebenso die kleinen Niedlichkeiten, in deren Hervor-
bringung die Neuzeit so verschwenderisch gewesen; aber diese Nippes
fehlen nur, weil das Herz des Besitzers an andern Dingen hing
oder weil er in feinem Sinn empfand, daß das Moderne zu dem
historisch Ueberlieferten nicht passen würde.

Wir haben unsern Umgang vollendet und treten wieder in
den Park hinaus. Einer der vielen Laubengänge desselben führt
uns bis an die nahe gelegene Kirche.

Diese Kirche zu Buch ist ein ziemlich auffälliges Bauwerk.
In einer alten Beschreibung Berlins und seiner Umgegend wird
sie die "schöne Kirche" genannt, ein Ausspruch, der wohl nur in
Zeiten möglich war, in denen man aufrichtig glaubte, durch
Laternen- und Butterglocken-Thürme die gothischen Formen unsrer
alten Feldsteinkirchen ersetzen oder gar noch verbessern zu
können. Alles was dieser Bucher Kirche zugestanden werden darf,
ist Stattlichkeit und ein gewisser malerischer Reiz. Ihre Grundform
bildet ein griechisches Kreuz, aus dessen Mitte sich eine merkwürdige
Mischung von gegliedertem Kuppel- und Etagenthurm erhebt. Ver-
such' ich eine Beschreibung. Jeder kennt jene Garten- und Speise-

Dorfgaſſe hinaus, um zunächſt dem Schloſſe drüben unſern Früh-
beſuch zu machen.

Das Schloß zu Buch iſt ein Flügelbau von jener einfachen Art,
wie das vorige Jahrhundert ihrer ſo viele auf unſern märkiſchen
Rittergütern entſtehen ſah. Sie haben einen gemeinſamen Familien-
zug und wenn ſich das vor uns liegende Schloß von ähnlichen
Bauten unterſcheidet, ſo iſt es durch nichts als durch eine noch
größere Einfachheit. Aller Schmuck ſcheint gefliſſentlich vermieden.
Keine Säulen, kein Fries, kein Fenſterſims; nicht Thurm, nicht Erker,
ja ſelbſt die Rampe fehlt, die ſonſt wohl den Eindruck der Statt-
lichkeit ſchafft oder ſteigert. Ein paar Arabesken ſchnörkeln ſich
um die Thür und ein halbes Dutzend Orangenbäume faſſen den
Kiesplatz ein. Alles ſchlicht, und doch hat man das beſtimmte
Gefühl, daß hier Reichthum und Vornehmheit ihre Stätte haben.
Das Haus gleicht einem einfachen Kleid, einfach und altmodiſch,
aber der Park, der es einfaßt, iſt wie ein reicher Mantel, der die
Frage nach dem Schnitt des Kleides verſtummen macht.

Und dieſer Eindruck wiederholt ſich im Innern. Aller bürgerliche
Comfort fehlt, ebenſo die kleinen Niedlichkeiten, in deren Hervor-
bringung die Neuzeit ſo verſchwenderiſch geweſen; aber dieſe Nippes
fehlen nur, weil das Herz des Beſitzers an andern Dingen hing
oder weil er in feinem Sinn empfand, daß das Moderne zu dem
hiſtoriſch Ueberlieferten nicht paſſen würde.

Wir haben unſern Umgang vollendet und treten wieder in
den Park hinaus. Einer der vielen Laubengänge deſſelben führt
uns bis an die nahe gelegene Kirche.

Dieſe Kirche zu Buch iſt ein ziemlich auffälliges Bauwerk.
In einer alten Beſchreibung Berlins und ſeiner Umgegend wird
ſie die „ſchöne Kirche“ genannt, ein Ausſpruch, der wohl nur in
Zeiten möglich war, in denen man aufrichtig glaubte, durch
Laternen- und Butterglocken-Thürme die gothiſchen Formen unſrer
alten Feldſteinkirchen erſetzen oder gar noch verbeſſern zu
können. Alles was dieſer Bucher Kirche zugeſtanden werden darf,
iſt Stattlichkeit und ein gewiſſer maleriſcher Reiz. Ihre Grundform
bildet ein griechiſches Kreuz, aus deſſen Mitte ſich eine merkwürdige
Miſchung von gegliedertem Kuppel- und Etagenthurm erhebt. Ver-
ſuch’ ich eine Beſchreibung. Jeder kennt jene Garten- und Speiſe-

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[170/0186] Dorfgaſſe hinaus, um zunächſt dem Schloſſe drüben unſern Früh- beſuch zu machen. Das Schloß zu Buch iſt ein Flügelbau von jener einfachen Art, wie das vorige Jahrhundert ihrer ſo viele auf unſern märkiſchen Rittergütern entſtehen ſah. Sie haben einen gemeinſamen Familien- zug und wenn ſich das vor uns liegende Schloß von ähnlichen Bauten unterſcheidet, ſo iſt es durch nichts als durch eine noch größere Einfachheit. Aller Schmuck ſcheint gefliſſentlich vermieden. Keine Säulen, kein Fries, kein Fenſterſims; nicht Thurm, nicht Erker, ja ſelbſt die Rampe fehlt, die ſonſt wohl den Eindruck der Statt- lichkeit ſchafft oder ſteigert. Ein paar Arabesken ſchnörkeln ſich um die Thür und ein halbes Dutzend Orangenbäume faſſen den Kiesplatz ein. Alles ſchlicht, und doch hat man das beſtimmte Gefühl, daß hier Reichthum und Vornehmheit ihre Stätte haben. Das Haus gleicht einem einfachen Kleid, einfach und altmodiſch, aber der Park, der es einfaßt, iſt wie ein reicher Mantel, der die Frage nach dem Schnitt des Kleides verſtummen macht. Und dieſer Eindruck wiederholt ſich im Innern. Aller bürgerliche Comfort fehlt, ebenſo die kleinen Niedlichkeiten, in deren Hervor- bringung die Neuzeit ſo verſchwenderiſch geweſen; aber dieſe Nippes fehlen nur, weil das Herz des Beſitzers an andern Dingen hing oder weil er in feinem Sinn empfand, daß das Moderne zu dem hiſtoriſch Ueberlieferten nicht paſſen würde. Wir haben unſern Umgang vollendet und treten wieder in den Park hinaus. Einer der vielen Laubengänge deſſelben führt uns bis an die nahe gelegene Kirche. Dieſe Kirche zu Buch iſt ein ziemlich auffälliges Bauwerk. In einer alten Beſchreibung Berlins und ſeiner Umgegend wird ſie die „ſchöne Kirche“ genannt, ein Ausſpruch, der wohl nur in Zeiten möglich war, in denen man aufrichtig glaubte, durch Laternen- und Butterglocken-Thürme die gothiſchen Formen unſrer alten Feldſteinkirchen erſetzen oder gar noch verbeſſern zu können. Alles was dieſer Bucher Kirche zugeſtanden werden darf, iſt Stattlichkeit und ein gewiſſer maleriſcher Reiz. Ihre Grundform bildet ein griechiſches Kreuz, aus deſſen Mitte ſich eine merkwürdige Miſchung von gegliedertem Kuppel- und Etagenthurm erhebt. Ver- ſuch’ ich eine Beſchreibung. Jeder kennt jene Garten- und Speiſe-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/186>, abgerufen am 22.11.2024.