Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

Bild:
<< vorherige Seite

Familie bis ins siebente Glied hinauf verfolgen. Es waren
sämmtlich Priegnitz-Ruppiner. Und zwar:

Anton Woltersdorf (damals noch Woltersdorp), geboren
1430.

Johann Woltersdorf, Potinken- oder Pantinenmacher, ge-
boren 1460.

Joachim Woltersdorf, Goldschmied in Ruppin, geboren
1496.

Joachim Woltersdorf II., Tuchmacher, Gildemeister und
Vorsteher der Klosterkirche zu Ruppin, geboren 1530.

Gabriel Woltersdorf I., Pastor und Inspector zu Ruppin.

Gabriel Woltersdorf II., Pastor und Inspector zu Zehdenick.

Gabriel Woltersdorf III., Pastor und Rector zu Kyritz.

Unser Gabriel Lucas, des Letztgenannten Sohn, studirte
von 1711 an in Halle, das um jene Zeit "das Herz war, dessen
Schläge man weit und breit fühlte." August Hermann Francke
stand eben damals in der Blüthe seines Wirkens, "dieser Mann
der Demuth und Wahrhaftigkeit, der sich rühmen durfte, daß von
den 6000 Studenten, die während zweimal zehn Jahren in Halle
studirt hatten, Tausende von erweckten Predigern ins deutsche
Vaterland ausgegangen seien." Unter diesen erweckten Predigern
war auch Gabriel Lucas Woltersdorf. Er blieb bis zuletzt eine
Leuchte für seine Kinder und seine Gemeinde.

1716 erhielt er durch einen vom Könige gutgeheißenen Macht-
spruch des kirchlichgesinnten Markgrafen Albrecht die Friedrichsfelder
Pfarre, die bis dahin der alte Samuel Donner innegehabt
hatte. Samuel Donner war schon 45 Jahr im Amt und wollte
von Adjunktur oder gar Entlassung nichts wissen. Er remonstrirte
deshalb und glaubte dies um so mehr zu dürfen, als er die Frie-
drichsfelder Pfarre als eine Erb-Pfarre betrachtete. Denn schon
sein Vater und Großvater waren Prediger ebendaselbst gewesen.
Er wurd aber durch den Markgrafen energisch abgewiesen. Der
Entscheid lautete:

"Da sich so wol bei der Lokal-Visitation, als auch sonsten
mehr als zuviel erwiesen hat, wie schlecht Supplikant bis dahero
seinem Amte vorgestanden und wie wenig die ihm anvertraute
Gemeinde durch ihn erbauet worden, so stehet ihm auch gar

Familie bis ins ſiebente Glied hinauf verfolgen. Es waren
ſämmtlich Priegnitz-Ruppiner. Und zwar:

Anton Woltersdorf (damals noch Woltersdorp), geboren
1430.

Johann Woltersdorf, Potinken- oder Pantinenmacher, ge-
boren 1460.

Joachim Woltersdorf, Goldſchmied in Ruppin, geboren
1496.

Joachim Woltersdorf II., Tuchmacher, Gildemeiſter und
Vorſteher der Kloſterkirche zu Ruppin, geboren 1530.

Gabriel Woltersdorf I., Paſtor und Inſpector zu Ruppin.

Gabriel Woltersdorf II., Paſtor und Inſpector zu Zehdenick.

Gabriel Woltersdorf III., Paſtor und Rector zu Kyritz.

Unſer Gabriel Lucas, des Letztgenannten Sohn, ſtudirte
von 1711 an in Halle, das um jene Zeit „das Herz war, deſſen
Schläge man weit und breit fühlte.“ Auguſt Hermann Francke
ſtand eben damals in der Blüthe ſeines Wirkens, „dieſer Mann
der Demuth und Wahrhaftigkeit, der ſich rühmen durfte, daß von
den 6000 Studenten, die während zweimal zehn Jahren in Halle
ſtudirt hatten, Tauſende von erweckten Predigern ins deutſche
Vaterland ausgegangen ſeien.“ Unter dieſen erweckten Predigern
war auch Gabriel Lucas Woltersdorf. Er blieb bis zuletzt eine
Leuchte für ſeine Kinder und ſeine Gemeinde.

1716 erhielt er durch einen vom Könige gutgeheißenen Macht-
ſpruch des kirchlichgeſinnten Markgrafen Albrecht die Friedrichsfelder
Pfarre, die bis dahin der alte Samuel Donner innegehabt
hatte. Samuel Donner war ſchon 45 Jahr im Amt und wollte
von Adjunktur oder gar Entlaſſung nichts wiſſen. Er remonſtrirte
deshalb und glaubte dies um ſo mehr zu dürfen, als er die Frie-
drichsfelder Pfarre als eine Erb-Pfarre betrachtete. Denn ſchon
ſein Vater und Großvater waren Prediger ebendaſelbſt geweſen.
Er wurd aber durch den Markgrafen energiſch abgewieſen. Der
Entſcheid lautete:

„Da ſich ſo wol bei der Lokal-Viſitation, als auch ſonſten
mehr als zuviel erwieſen hat, wie ſchlecht Supplikant bis dahero
ſeinem Amte vorgeſtanden und wie wenig die ihm anvertraute
Gemeinde durch ihn erbauet worden, ſo ſtehet ihm auch gar

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0168" n="152"/>
Familie bis ins &#x017F;iebente Glied hinauf verfolgen. Es waren<lb/>
&#x017F;ämmtlich Priegnitz-Ruppiner. Und zwar:</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Anton</hi> Woltersdorf (damals noch Woltersdorp), geboren<lb/>
1430.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Johann</hi> Woltersdorf, Potinken- oder Pantinenmacher, ge-<lb/>
boren 1460.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Joachim</hi> Woltersdorf, Gold&#x017F;chmied in Ruppin, geboren<lb/>
1496.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Joachim</hi> Woltersdorf <hi rendition="#aq">II.</hi>, Tuchmacher, Gildemei&#x017F;ter und<lb/>
Vor&#x017F;teher der Klo&#x017F;terkirche zu Ruppin, geboren 1530.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Gabriel</hi> Woltersdorf <hi rendition="#aq">I.</hi>, Pa&#x017F;tor und In&#x017F;pector zu Ruppin.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Gabriel</hi> Woltersdorf <hi rendition="#aq">II.</hi>, Pa&#x017F;tor und In&#x017F;pector zu Zehdenick.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Gabriel</hi> Woltersdorf <hi rendition="#aq">III.</hi>, Pa&#x017F;tor und Rector zu Kyritz.</p><lb/>
            <p>Un&#x017F;er <hi rendition="#g">Gabriel Lucas</hi>, des Letztgenannten Sohn, &#x017F;tudirte<lb/>
von 1711 an in Halle, das um jene Zeit &#x201E;das Herz war, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Schläge man weit und breit fühlte.&#x201C; Augu&#x017F;t Hermann <hi rendition="#g">Francke</hi><lb/>
&#x017F;tand eben damals in der Blüthe &#x017F;eines Wirkens, &#x201E;die&#x017F;er Mann<lb/>
der Demuth und Wahrhaftigkeit, der &#x017F;ich rühmen durfte, daß von<lb/>
den 6000 Studenten, die während zweimal zehn Jahren in Halle<lb/>
&#x017F;tudirt hatten, Tau&#x017F;ende von <hi rendition="#g">erweckten Predigern</hi> ins deut&#x017F;che<lb/>
Vaterland ausgegangen &#x017F;eien.&#x201C; Unter die&#x017F;en erweckten Predigern<lb/>
war auch <hi rendition="#g">Gabriel Lucas</hi> Woltersdorf. Er blieb bis zuletzt eine<lb/>
Leuchte für &#x017F;eine Kinder und &#x017F;eine Gemeinde.</p><lb/>
            <p>1716 erhielt er durch einen vom Könige gutgeheißenen Macht-<lb/>
&#x017F;pruch des kirchlichge&#x017F;innten Markgrafen Albrecht die Friedrichsfelder<lb/>
Pfarre, die bis dahin der alte <hi rendition="#g">Samuel Donner</hi> innegehabt<lb/>
hatte. Samuel Donner war &#x017F;chon 45 Jahr im Amt und wollte<lb/>
von Adjunktur oder gar Entla&#x017F;&#x017F;ung nichts wi&#x017F;&#x017F;en. Er remon&#x017F;trirte<lb/>
deshalb und glaubte dies um &#x017F;o mehr zu dürfen, als er die Frie-<lb/>
drichsfelder Pfarre als eine <hi rendition="#g">Erb-Pfarre</hi> betrachtete. Denn &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;ein Vater und Großvater waren Prediger ebenda&#x017F;elb&#x017F;t gewe&#x017F;en.<lb/>
Er wurd aber durch den Markgrafen energi&#x017F;ch abgewie&#x017F;en. Der<lb/>
Ent&#x017F;cheid lautete:</p><lb/>
            <p>&#x201E;Da &#x017F;ich &#x017F;o wol bei der Lokal-Vi&#x017F;itation, als auch &#x017F;on&#x017F;ten<lb/>
mehr als zuviel erwie&#x017F;en hat, wie &#x017F;chlecht Supplikant bis dahero<lb/>
&#x017F;einem Amte vorge&#x017F;tanden und wie wenig die ihm anvertraute<lb/>
Gemeinde durch ihn erbauet worden, &#x017F;o &#x017F;tehet ihm auch gar<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0168] Familie bis ins ſiebente Glied hinauf verfolgen. Es waren ſämmtlich Priegnitz-Ruppiner. Und zwar: Anton Woltersdorf (damals noch Woltersdorp), geboren 1430. Johann Woltersdorf, Potinken- oder Pantinenmacher, ge- boren 1460. Joachim Woltersdorf, Goldſchmied in Ruppin, geboren 1496. Joachim Woltersdorf II., Tuchmacher, Gildemeiſter und Vorſteher der Kloſterkirche zu Ruppin, geboren 1530. Gabriel Woltersdorf I., Paſtor und Inſpector zu Ruppin. Gabriel Woltersdorf II., Paſtor und Inſpector zu Zehdenick. Gabriel Woltersdorf III., Paſtor und Rector zu Kyritz. Unſer Gabriel Lucas, des Letztgenannten Sohn, ſtudirte von 1711 an in Halle, das um jene Zeit „das Herz war, deſſen Schläge man weit und breit fühlte.“ Auguſt Hermann Francke ſtand eben damals in der Blüthe ſeines Wirkens, „dieſer Mann der Demuth und Wahrhaftigkeit, der ſich rühmen durfte, daß von den 6000 Studenten, die während zweimal zehn Jahren in Halle ſtudirt hatten, Tauſende von erweckten Predigern ins deutſche Vaterland ausgegangen ſeien.“ Unter dieſen erweckten Predigern war auch Gabriel Lucas Woltersdorf. Er blieb bis zuletzt eine Leuchte für ſeine Kinder und ſeine Gemeinde. 1716 erhielt er durch einen vom Könige gutgeheißenen Macht- ſpruch des kirchlichgeſinnten Markgrafen Albrecht die Friedrichsfelder Pfarre, die bis dahin der alte Samuel Donner innegehabt hatte. Samuel Donner war ſchon 45 Jahr im Amt und wollte von Adjunktur oder gar Entlaſſung nichts wiſſen. Er remonſtrirte deshalb und glaubte dies um ſo mehr zu dürfen, als er die Frie- drichsfelder Pfarre als eine Erb-Pfarre betrachtete. Denn ſchon ſein Vater und Großvater waren Prediger ebendaſelbſt geweſen. Er wurd aber durch den Markgrafen energiſch abgewieſen. Der Entſcheid lautete: „Da ſich ſo wol bei der Lokal-Viſitation, als auch ſonſten mehr als zuviel erwieſen hat, wie ſchlecht Supplikant bis dahero ſeinem Amte vorgeſtanden und wie wenig die ihm anvertraute Gemeinde durch ihn erbauet worden, ſo ſtehet ihm auch gar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/168
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/168>, abgerufen am 25.11.2024.