schienen zu sein. Welche Gründe den König zu dieser Verbannung veranlaßten, ist nur zu muthmaßen, nicht nachzuweisen. Es heißt, daß FriedrichII. an dem wenig correkten Lebenswandel der Prinzessin Anstoß genommen habe, doch ist es nicht unwahrschein- lich, daß andere Dinge mit in's Spiel kamen und den Ausschlag gaben. Die Seitenlinie Brandenburg-Schwedt wurde vom großen Könige mit derselben Abneigung betrachtet, die schon sein Vater und namentlich sein Großvater FriedrichI. gegen dieselbe gehegt hatte und -- "wie's in den Wald hinein schallt, so schallt es auch wieder heraus." So bedeutend jene Zeit in vielen Stücken war, so war sie's doch keineswegs in allen, und Klatsch, Intrigue und Chronique scandaleuse hatten ein unglaublich großes Feld. Wir werden kaum irren, wenn wir annehmen, daß Prinzessin Henriette Marie ihre Zunge weniger als wünschenswerth im Zaum gehalten habe, und daß dieser Umstand mit zur unfreiwilligen Muße von Cöpenick führte. Daß die Prinzessin in Folge davon dreißig Jahre lang die Kunst des Schweigens geübt habe, haben wir allerdings nicht die geringste Ursach anzunehmen, es scheint vielmehr, daß man sich die Langeweile durch aller pikanteste Plaudereien nach Möglichkeit ver- trieben und alle Mesquinerieen eines kleinen Hofes, als bestes Mittel die Zeit hinzubringen, mit wahrer Meisterschaft cultivirt habe. Ueber das damalige Leben im Cöpenicker Schlosse geben einige Notizen Aufschluß, denen wir in einer Biographie des Freiherrn von Krohne, der sich Königlich Polnischer wirklicher Geheimerath nannte, begegnen. Dieser Abenteurer, der überall im Trüben zu fischen und an kleinen Höfen sein "Fortune" zu machen suchte, kam auch an den Hof des Markgrafen Friedrich Wilhelm von Schwedt, des regierenden Bruders unsrer Henriette Marie, deren Hofstaat der Markgraf aus den Revenuen seines Schwedter Markgrafenthums zu unterhalten hatte. Prinzessin- Schwester brauchte mehr als Markgraf-Bruder zu zahlen liebte und so wurde denn Freiherr von Krohne, nachdem er eben seine Dienste angeboten, an den Cöpenicker Hof geschickt, angeblich um der Prinzessin als Kammerherr zu Diensten zu sein, in Wahrheit aber um die Ausgaben, zu denen ihre Freigebigkeit oder ihre Ver- schwendung führte, zu controliren. Freiherr von Krohne traf ein, debütirte mit Geschick, wußte einen Hofrath, der ihm in
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ſchienen zu ſein. Welche Gründe den König zu dieſer Verbannung veranlaßten, iſt nur zu muthmaßen, nicht nachzuweiſen. Es heißt, daß FriedrichII. an dem wenig correkten Lebenswandel der Prinzeſſin Anſtoß genommen habe, doch iſt es nicht unwahrſchein- lich, daß andere Dinge mit in’s Spiel kamen und den Ausſchlag gaben. Die Seitenlinie Brandenburg-Schwedt wurde vom großen Könige mit derſelben Abneigung betrachtet, die ſchon ſein Vater und namentlich ſein Großvater FriedrichI. gegen dieſelbe gehegt hatte und — „wie’s in den Wald hinein ſchallt, ſo ſchallt es auch wieder heraus.“ So bedeutend jene Zeit in vielen Stücken war, ſo war ſie’s doch keineswegs in allen, und Klatſch, Intrigue und Chronique ſcandaleuſe hatten ein unglaublich großes Feld. Wir werden kaum irren, wenn wir annehmen, daß Prinzeſſin Henriette Marie ihre Zunge weniger als wünſchenswerth im Zaum gehalten habe, und daß dieſer Umſtand mit zur unfreiwilligen Muße von Cöpenick führte. Daß die Prinzeſſin in Folge davon dreißig Jahre lang die Kunſt des Schweigens geübt habe, haben wir allerdings nicht die geringſte Urſach anzunehmen, es ſcheint vielmehr, daß man ſich die Langeweile durch aller pikanteſte Plaudereien nach Möglichkeit ver- trieben und alle Mesquinerieen eines kleinen Hofes, als beſtes Mittel die Zeit hinzubringen, mit wahrer Meiſterſchaft cultivirt habe. Ueber das damalige Leben im Cöpenicker Schloſſe geben einige Notizen Aufſchluß, denen wir in einer Biographie des Freiherrn von Krohne, der ſich Königlich Polniſcher wirklicher Geheimerath nannte, begegnen. Dieſer Abenteurer, der überall im Trüben zu fiſchen und an kleinen Höfen ſein „Fortune“ zu machen ſuchte, kam auch an den Hof des Markgrafen Friedrich Wilhelm von Schwedt, des regierenden Bruders unſrer Henriette Marie, deren Hofſtaat der Markgraf aus den Revenuen ſeines Schwedter Markgrafenthums zu unterhalten hatte. Prinzeſſin- Schweſter brauchte mehr als Markgraf-Bruder zu zahlen liebte und ſo wurde denn Freiherr von Krohne, nachdem er eben ſeine Dienſte angeboten, an den Cöpenicker Hof geſchickt, angeblich um der Prinzeſſin als Kammerherr zu Dienſten zu ſein, in Wahrheit aber um die Ausgaben, zu denen ihre Freigebigkeit oder ihre Ver- ſchwendung führte, zu controliren. Freiherr von Krohne traf ein, debütirte mit Geſchick, wußte einen Hofrath, der ihm in
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ſchienen zu ſein. Welche Gründe den König zu dieſer Verbannung
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daß Friedrich II. an dem wenig correkten Lebenswandel der
Prinzeſſin Anſtoß genommen habe, doch iſt es nicht unwahrſchein-
lich, daß andere Dinge mit in’s Spiel kamen und den Ausſchlag
gaben. Die Seitenlinie Brandenburg-Schwedt wurde vom
großen Könige mit derſelben Abneigung betrachtet, die ſchon ſein
Vater und namentlich ſein Großvater Friedrich I. gegen dieſelbe
gehegt hatte und — „wie’s in den Wald hinein ſchallt, ſo ſchallt
es auch wieder heraus.“ So bedeutend jene Zeit in vielen Stücken
war, ſo war ſie’s doch keineswegs in allen, und Klatſch, Intrigue
und Chronique ſcandaleuſe hatten ein unglaublich großes Feld. Wir
werden kaum irren, wenn wir annehmen, daß Prinzeſſin Henriette
Marie ihre Zunge weniger als wünſchenswerth im Zaum gehalten
habe, und daß dieſer Umſtand mit zur unfreiwilligen Muße von
Cöpenick führte. Daß die Prinzeſſin in Folge davon dreißig Jahre lang
die Kunſt des Schweigens geübt habe, haben wir allerdings nicht die
geringſte Urſach anzunehmen, es ſcheint vielmehr, daß man ſich die
Langeweile durch aller pikanteſte Plaudereien nach Möglichkeit ver-
trieben und alle Mesquinerieen eines kleinen Hofes, als beſtes
Mittel die Zeit hinzubringen, mit wahrer Meiſterſchaft cultivirt habe.
Ueber das damalige Leben im Cöpenicker Schloſſe geben einige
Notizen Aufſchluß, denen wir in einer Biographie des Freiherrn
von Krohne, der ſich Königlich Polniſcher wirklicher Geheimerath
nannte, begegnen. Dieſer Abenteurer, der überall im Trüben zu
fiſchen und an kleinen Höfen ſein „Fortune“ zu machen ſuchte,
kam auch an den Hof des Markgrafen Friedrich Wilhelm
von Schwedt, des regierenden Bruders unſrer Henriette
Marie, deren Hofſtaat der Markgraf aus den Revenuen ſeines
Schwedter Markgrafenthums zu unterhalten hatte. Prinzeſſin-
Schweſter brauchte mehr als Markgraf-Bruder zu zahlen liebte
und ſo wurde denn Freiherr von Krohne, nachdem er eben ſeine
Dienſte angeboten, an den Cöpenicker Hof geſchickt, angeblich um
der Prinzeſſin als Kammerherr zu Dienſten zu ſein, in Wahrheit
aber um die Ausgaben, zu denen ihre Freigebigkeit oder ihre Ver-
ſchwendung führte, zu controliren. Freiherr von Krohne traf
ein, debütirte mit Geſchick, wußte einen Hofrath, der ihm in
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/115>, abgerufen am 24.11.2024.
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