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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Abhängigkeit geführt wurde. Schon die Lage Lehnin's, an der
Grenze aller Cultur, kam ihm zu statten. Die näher an
Citeaux gelegenen Klöster waren Klöster, wie andere mehr; wäh-
rend allen denjenigen eine gesteigerte Bedeutung beiwohnen mußte,
die, als vorgeschobenste Posten, in die kaum bekehrte slavisch-
heidnische Welt hineinragten. Ist doch die polnische Abzweigung der
römischen Kirche bis diesen Tag eine Lieblingstochter des Papst-
thums geblieben. Die Analogien ergeben sich von selbst.

Die Lehniner Aebte hatten Bischofs-Rang, und sie wohn-
ten und lebten demgemäß. Das Lehniner Abthaus, das, an
der Westfront der Kirche gelegen, bis diesen Augenblick steht,
zeigt zwar keine großen Verhältnisse, aber dies darf uns nicht
zu falschen Schlüssen verleiten; es war überhaupt keine Zeit der
großen Häuser. Außerdem hatten die Lehniner Aebte, ebenso
wie die Bischöfe von Havelberg und Lebus ihr "Stadthaus"
in Berlin, und es scheint, daß dies letztere von größeren Ver-
hältnissen war. Ursprünglich stand es an einer jetzt schwer zu
bestimmenden Stelle der Schloßfreiheit, höchst wahrscheinlich da,
wo sich jetzt das große Schlütersche Schloßportal erhebt; der
Schloßbau unter Kurfürst Friedrich dem Eisernen aber führte
zu einer tauschweisen Ablösung dieses Besitzes, und das Stadt-
haus für die Lehniner Aebte ward in die Heilige Geist-Straße
verlegt (jetzt 10 und 11, wo die kleine Burgstraße thorartig in
die Heilige Geist-Straße einmündet). Das Haus markirt sich
noch jetzt als ein alter Bau.

Länger als viertehalb hundert Jahre gab es Aebte von
Lehnin, und wir können ihre Namen mit Hülfe zahlreicher
Urkunden auf und ab verfolgen. Dennoch hält es schwer, die
Zahl der Aebte, die Lehnin von 1180 bis 1542 hatte, mit
voller Bestimmtheit festzustellen. Durch Jahrzehnte hin begegnen
wir vielfach einem und demselben Namen, und die Frage ent-
steht, haben wir es hier mit ein und demselben Abt, der zufäl-
lig sehr alt wurde, oder mit einer ganzen Reihe von Aebten zu
thun, die zufällig denselben Namen führten und durch I., II.,
III.
füglich hätten unterschieden werden sollen. Das Letztere ist

Abhängigkeit geführt wurde. Schon die Lage Lehnin’s, an der
Grenze aller Cultur, kam ihm zu ſtatten. Die näher an
Citeaux gelegenen Klöſter waren Klöſter, wie andere mehr; wäh-
rend allen denjenigen eine geſteigerte Bedeutung beiwohnen mußte,
die, als vorgeſchobenſte Poſten, in die kaum bekehrte ſlaviſch-
heidniſche Welt hineinragten. Iſt doch die polniſche Abzweigung der
römiſchen Kirche bis dieſen Tag eine Lieblingstochter des Papſt-
thums geblieben. Die Analogien ergeben ſich von ſelbſt.

Die Lehniner Aebte hatten Biſchofs-Rang, und ſie wohn-
ten und lebten demgemäß. Das Lehniner Abthaus, das, an
der Weſtfront der Kirche gelegen, bis dieſen Augenblick ſteht,
zeigt zwar keine großen Verhältniſſe, aber dies darf uns nicht
zu falſchen Schlüſſen verleiten; es war überhaupt keine Zeit der
großen Häuſer. Außerdem hatten die Lehniner Aebte, ebenſo
wie die Biſchöfe von Havelberg und Lebus ihr „Stadthaus“
in Berlin, und es ſcheint, daß dies letztere von größeren Ver-
hältniſſen war. Urſprünglich ſtand es an einer jetzt ſchwer zu
beſtimmenden Stelle der Schloßfreiheit, höchſt wahrſcheinlich da,
wo ſich jetzt das große Schlüterſche Schloßportal erhebt; der
Schloßbau unter Kurfürſt Friedrich dem Eiſernen aber führte
zu einer tauſchweiſen Ablöſung dieſes Beſitzes, und das Stadt-
haus für die Lehniner Aebte ward in die Heilige Geiſt-Straße
verlegt (jetzt 10 und 11, wo die kleine Burgſtraße thorartig in
die Heilige Geiſt-Straße einmündet). Das Haus markirt ſich
noch jetzt als ein alter Bau.

Länger als viertehalb hundert Jahre gab es Aebte von
Lehnin, und wir können ihre Namen mit Hülfe zahlreicher
Urkunden auf und ab verfolgen. Dennoch hält es ſchwer, die
Zahl der Aebte, die Lehnin von 1180 bis 1542 hatte, mit
voller Beſtimmtheit feſtzuſtellen. Durch Jahrzehnte hin begegnen
wir vielfach einem und demſelben Namen, und die Frage ent-
ſteht, haben wir es hier mit ein und demſelben Abt, der zufäl-
lig ſehr alt wurde, oder mit einer ganzen Reihe von Aebten zu
thun, die zufällig denſelben Namen führten und durch I., II.,
III.
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[79/0097] Abhängigkeit geführt wurde. Schon die Lage Lehnin’s, an der Grenze aller Cultur, kam ihm zu ſtatten. Die näher an Citeaux gelegenen Klöſter waren Klöſter, wie andere mehr; wäh- rend allen denjenigen eine geſteigerte Bedeutung beiwohnen mußte, die, als vorgeſchobenſte Poſten, in die kaum bekehrte ſlaviſch- heidniſche Welt hineinragten. Iſt doch die polniſche Abzweigung der römiſchen Kirche bis dieſen Tag eine Lieblingstochter des Papſt- thums geblieben. Die Analogien ergeben ſich von ſelbſt. Die Lehniner Aebte hatten Biſchofs-Rang, und ſie wohn- ten und lebten demgemäß. Das Lehniner Abthaus, das, an der Weſtfront der Kirche gelegen, bis dieſen Augenblick ſteht, zeigt zwar keine großen Verhältniſſe, aber dies darf uns nicht zu falſchen Schlüſſen verleiten; es war überhaupt keine Zeit der großen Häuſer. Außerdem hatten die Lehniner Aebte, ebenſo wie die Biſchöfe von Havelberg und Lebus ihr „Stadthaus“ in Berlin, und es ſcheint, daß dies letztere von größeren Ver- hältniſſen war. Urſprünglich ſtand es an einer jetzt ſchwer zu beſtimmenden Stelle der Schloßfreiheit, höchſt wahrſcheinlich da, wo ſich jetzt das große Schlüterſche Schloßportal erhebt; der Schloßbau unter Kurfürſt Friedrich dem Eiſernen aber führte zu einer tauſchweiſen Ablöſung dieſes Beſitzes, und das Stadt- haus für die Lehniner Aebte ward in die Heilige Geiſt-Straße verlegt (jetzt 10 und 11, wo die kleine Burgſtraße thorartig in die Heilige Geiſt-Straße einmündet). Das Haus markirt ſich noch jetzt als ein alter Bau. Länger als viertehalb hundert Jahre gab es Aebte von Lehnin, und wir können ihre Namen mit Hülfe zahlreicher Urkunden auf und ab verfolgen. Dennoch hält es ſchwer, die Zahl der Aebte, die Lehnin von 1180 bis 1542 hatte, mit voller Beſtimmtheit feſtzuſtellen. Durch Jahrzehnte hin begegnen wir vielfach einem und demſelben Namen, und die Frage ent- ſteht, haben wir es hier mit ein und demſelben Abt, der zufäl- lig ſehr alt wurde, oder mit einer ganzen Reihe von Aebten zu thun, die zufällig denſelben Namen führten und durch I., II., III. füglich hätten unterſchieden werden ſollen. Das Letztere iſt

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/97>, abgerufen am 29.11.2024.