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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Stelle verschüttet worden. Aber ob Süd-Afrika, ob Mohren-
land von jenseit der Linie, Dir je gehuldigt, das ist minde-
stens fraglich. Empfange denn die Gabe aus Gegenden, in
denen nur Freiligrath und der Kaffer "einsam schweift durch die
Karroo", empfange diese Tropfen Cap Constancia; -- die
Hänge des Tafelberges grüßen Dich und den Brieselang!"
Damit goß er den Capwein ihr zu Füßen. Wir schwenkten
die Hüte, stimmten Lieder an von Arndt und Körner und
machten uns auf den Rückweg.

Im Fluge. Denn immer bedrohlicher zog sich's über uns
zusammen und kein Wind machte sich mehr auf, das Gewölk zu
zerstreuen. So ging es an den alten Stätten vorbei, am Forst-
haus, am Remonte-Depot, an dem Elsbusch, aus dem uns
Lampe, der "Jäger", so bedrohlich entgegen getreten war. Als
wir Finkenkrug erreichten, war es die höchste Zeit, wenn uns
daran lag, mit den Extrazüglern, die eben in Sektionen for-
mirt aufbrachen, den Rettungshafen der Eisenbahn zu gewinnen.
Musik vorauf, so ging es durch die letzte Waldesstrecke. Die
Pauke that wieder ihr Aeußerstes, als plötzlich einer rief:
Pauke still! Sie schwieg wirklich. Ueber das weite Himmels-
gewölbe hin rollte der erste Donner. In den Wipfeln begann
ein unheimliches Wehen, die obersten Spitzen brachen fast.
"Rasch, rasch" hieß es, "Laufschritt"; alles drängte durch
einander, "sauve qui peut" und der Zug der schon hielt,
wurde im Sturm genommen. In demselben Augenblick brach
es los; die Blitze fuhren nieder, das Gekrach überdröhnte das
Gerassel des Zuges; wie ein Wolkenbruch fiel der Regen.

Als wir eine Stunde später, im klapperigen Gefährt über
die Alsenbrücke fuhren, auf den Thiergarten zu, stand das
Wasser in Lachen und Lanken. Wer um diese Stunde vom
Finkenkrug bis zur "Königseiche" gewandert wäre, der hätte wohl
den Brieselang gesehen wie vor tausend Jahren!


Stelle verſchüttet worden. Aber ob Süd-Afrika, ob Mohren-
land von jenſeit der Linie, Dir je gehuldigt, das iſt minde-
ſtens fraglich. Empfange denn die Gabe aus Gegenden, in
denen nur Freiligrath und der Kaffer „einſam ſchweift durch die
Karroo“, empfange dieſe Tropfen Cap Conſtancia; — die
Hänge des Tafelberges grüßen Dich und den Brieſelang!“
Damit goß er den Capwein ihr zu Füßen. Wir ſchwenkten
die Hüte, ſtimmten Lieder an von Arndt und Körner und
machten uns auf den Rückweg.

Im Fluge. Denn immer bedrohlicher zog ſich’s über uns
zuſammen und kein Wind machte ſich mehr auf, das Gewölk zu
zerſtreuen. So ging es an den alten Stätten vorbei, am Forſt-
haus, am Remonte-Depot, an dem Elsbuſch, aus dem uns
Lampe, der „Jäger“, ſo bedrohlich entgegen getreten war. Als
wir Finkenkrug erreichten, war es die höchſte Zeit, wenn uns
daran lag, mit den Extrazüglern, die eben in Sektionen for-
mirt aufbrachen, den Rettungshafen der Eiſenbahn zu gewinnen.
Muſik vorauf, ſo ging es durch die letzte Waldesſtrecke. Die
Pauke that wieder ihr Aeußerſtes, als plötzlich einer rief:
Pauke ſtill! Sie ſchwieg wirklich. Ueber das weite Himmels-
gewölbe hin rollte der erſte Donner. In den Wipfeln begann
ein unheimliches Wehen, die oberſten Spitzen brachen faſt.
„Raſch, raſch“ hieß es, „Laufſchritt“; alles drängte durch
einander, „sauve qui peut“ und der Zug der ſchon hielt,
wurde im Sturm genommen. In demſelben Augenblick brach
es los; die Blitze fuhren nieder, das Gekrach überdröhnte das
Geraſſel des Zuges; wie ein Wolkenbruch fiel der Regen.

Als wir eine Stunde ſpäter, im klapperigen Gefährt über
die Alſenbrücke fuhren, auf den Thiergarten zu, ſtand das
Waſſer in Lachen und Lanken. Wer um dieſe Stunde vom
Finkenkrug bis zur „Königseiche“ gewandert wäre, der hätte wohl
den Brieſelang geſehen wie vor tauſend Jahren!


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[54/0072] Stelle verſchüttet worden. Aber ob Süd-Afrika, ob Mohren- land von jenſeit der Linie, Dir je gehuldigt, das iſt minde- ſtens fraglich. Empfange denn die Gabe aus Gegenden, in denen nur Freiligrath und der Kaffer „einſam ſchweift durch die Karroo“, empfange dieſe Tropfen Cap Conſtancia; — die Hänge des Tafelberges grüßen Dich und den Brieſelang!“ Damit goß er den Capwein ihr zu Füßen. Wir ſchwenkten die Hüte, ſtimmten Lieder an von Arndt und Körner und machten uns auf den Rückweg. Im Fluge. Denn immer bedrohlicher zog ſich’s über uns zuſammen und kein Wind machte ſich mehr auf, das Gewölk zu zerſtreuen. So ging es an den alten Stätten vorbei, am Forſt- haus, am Remonte-Depot, an dem Elsbuſch, aus dem uns Lampe, der „Jäger“, ſo bedrohlich entgegen getreten war. Als wir Finkenkrug erreichten, war es die höchſte Zeit, wenn uns daran lag, mit den Extrazüglern, die eben in Sektionen for- mirt aufbrachen, den Rettungshafen der Eiſenbahn zu gewinnen. Muſik vorauf, ſo ging es durch die letzte Waldesſtrecke. Die Pauke that wieder ihr Aeußerſtes, als plötzlich einer rief: Pauke ſtill! Sie ſchwieg wirklich. Ueber das weite Himmels- gewölbe hin rollte der erſte Donner. In den Wipfeln begann ein unheimliches Wehen, die oberſten Spitzen brachen faſt. „Raſch, raſch“ hieß es, „Laufſchritt“; alles drängte durch einander, „sauve qui peut“ und der Zug der ſchon hielt, wurde im Sturm genommen. In demſelben Augenblick brach es los; die Blitze fuhren nieder, das Gekrach überdröhnte das Geraſſel des Zuges; wie ein Wolkenbruch fiel der Regen. Als wir eine Stunde ſpäter, im klapperigen Gefährt über die Alſenbrücke fuhren, auf den Thiergarten zu, ſtand das Waſſer in Lachen und Lanken. Wer um dieſe Stunde vom Finkenkrug bis zur „Königseiche“ gewandert wäre, der hätte wohl den Brieſelang geſehen wie vor tauſend Jahren!

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/72>, abgerufen am 22.11.2024.