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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Also links.

Da hatten wir's denn wirklich mal getroffen. Es war auch
die Damenseite, die Seite der jungen Paare, und ich kann
mich nicht entsinnen, von meinen Landsmänninen, honni soit
qui mal y pense,
jemals einen so ungestört guten Eindruck
empfangen zu haben. Schlank, hübsch, wohlgekleidet, munter
ohne Lärm, neckisch ohne Frivolität, frei ohne "Freiheiten",
schritten sie paarweise auf und ab, spielten zwischen den Bäu-
men, oder flogen in der Schaukel durch die Luft. Fremde,
die sich auf vergleichende Völkerkunde verstehen, würden die
günstigsten Urtheile von dieser Stelle mit hinweg genommen
haben, wenn man ihnen, die Paare vorstellend, hätte sagen
können: dies ist die Schwester eines Steinmetzen, die Braut
eines Büchsenmachers, die junge Frau eines Schiffszimmermanns
oder Kahnbauers.

Eine kurze Rast wurde genommen, das Seidel "von ge-
genüber," geprobt dann brachen wir wieder auf, mit einem Gruß
gegen das graciöse Paar, das eben jetzt im Versteckspiel hinter den
Bäumen sich neckte, und traten dann in jenen schon erwähnten,
an der Grenzlinie von Wald und Wiese sich hinschlängelnden Weg
ein, der, zumal in Apriltagen, wenn Alles wieder See und Sumpf
ist und jedes Elsengebüsch zu einer Insel wird, die alten Brieselang-
Zeiten herauf beschwört. Heut bot die Scenerie nichts von den
Bildern jener Zeit. Links zwitscherten die Vögel im Wald,
nach rechts hin dehnte sich die Wiese, mit Tausendschön, Ra-
nunkel und rothem Ampfer gesprenkelt. Alles war Heiterkeit
und Friede. Unser "Pfadfinder", der während unsers kurzen
Aufenthalts im Finkenkrug sich mehr meinem Reisegefährten als
mir zu attachiren gewußt hatte, brach hier die rasch angeknüpf-
ten Beziehungen ebenso rasch wieder ab, gesellte sich mir aufs
neue und antwortete eingehend und immer bereit auf meine
hundert Fragen, die alsbald kreuz und quer gingen wie der
Weg, den er uns führte.

Sie fragen nach Wildstand und Wilddieben; nun, der
Wilddiebe hat der Brieselang wohl nicht allzuviel, aber der

Alſo links.

Da hatten wir’s denn wirklich mal getroffen. Es war auch
die Damenſeite, die Seite der jungen Paare, und ich kann
mich nicht entſinnen, von meinen Landsmänninen, honni soit
qui mal y pense,
jemals einen ſo ungeſtört guten Eindruck
empfangen zu haben. Schlank, hübſch, wohlgekleidet, munter
ohne Lärm, neckiſch ohne Frivolität, frei ohne „Freiheiten“,
ſchritten ſie paarweiſe auf und ab, ſpielten zwiſchen den Bäu-
men, oder flogen in der Schaukel durch die Luft. Fremde,
die ſich auf vergleichende Völkerkunde verſtehen, würden die
günſtigſten Urtheile von dieſer Stelle mit hinweg genommen
haben, wenn man ihnen, die Paare vorſtellend, hätte ſagen
können: dies iſt die Schweſter eines Steinmetzen, die Braut
eines Büchſenmachers, die junge Frau eines Schiffszimmermanns
oder Kahnbauers.

Eine kurze Raſt wurde genommen, das Seidel „von ge-
genüber,“ geprobt dann brachen wir wieder auf, mit einem Gruß
gegen das graciöſe Paar, das eben jetzt im Verſteckſpiel hinter den
Bäumen ſich neckte, und traten dann in jenen ſchon erwähnten,
an der Grenzlinie von Wald und Wieſe ſich hinſchlängelnden Weg
ein, der, zumal in Apriltagen, wenn Alles wieder See und Sumpf
iſt und jedes Elſengebüſch zu einer Inſel wird, die alten Brieſelang-
Zeiten herauf beſchwört. Heut bot die Scenerie nichts von den
Bildern jener Zeit. Links zwitſcherten die Vögel im Wald,
nach rechts hin dehnte ſich die Wieſe, mit Tauſendſchön, Ra-
nunkel und rothem Ampfer geſprenkelt. Alles war Heiterkeit
und Friede. Unſer „Pfadfinder“, der während unſers kurzen
Aufenthalts im Finkenkrug ſich mehr meinem Reiſegefährten als
mir zu attachiren gewußt hatte, brach hier die raſch angeknüpf-
ten Beziehungen ebenſo raſch wieder ab, geſellte ſich mir aufs
neue und antwortete eingehend und immer bereit auf meine
hundert Fragen, die alsbald kreuz und quer gingen wie der
Weg, den er uns führte.

Sie fragen nach Wildſtand und Wilddieben; nun, der
Wilddiebe hat der Brieſelang wohl nicht allzuviel, aber der

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[40/0058] Alſo links. Da hatten wir’s denn wirklich mal getroffen. Es war auch die Damenſeite, die Seite der jungen Paare, und ich kann mich nicht entſinnen, von meinen Landsmänninen, honni soit qui mal y pense, jemals einen ſo ungeſtört guten Eindruck empfangen zu haben. Schlank, hübſch, wohlgekleidet, munter ohne Lärm, neckiſch ohne Frivolität, frei ohne „Freiheiten“, ſchritten ſie paarweiſe auf und ab, ſpielten zwiſchen den Bäu- men, oder flogen in der Schaukel durch die Luft. Fremde, die ſich auf vergleichende Völkerkunde verſtehen, würden die günſtigſten Urtheile von dieſer Stelle mit hinweg genommen haben, wenn man ihnen, die Paare vorſtellend, hätte ſagen können: dies iſt die Schweſter eines Steinmetzen, die Braut eines Büchſenmachers, die junge Frau eines Schiffszimmermanns oder Kahnbauers. Eine kurze Raſt wurde genommen, das Seidel „von ge- genüber,“ geprobt dann brachen wir wieder auf, mit einem Gruß gegen das graciöſe Paar, das eben jetzt im Verſteckſpiel hinter den Bäumen ſich neckte, und traten dann in jenen ſchon erwähnten, an der Grenzlinie von Wald und Wieſe ſich hinſchlängelnden Weg ein, der, zumal in Apriltagen, wenn Alles wieder See und Sumpf iſt und jedes Elſengebüſch zu einer Inſel wird, die alten Brieſelang- Zeiten herauf beſchwört. Heut bot die Scenerie nichts von den Bildern jener Zeit. Links zwitſcherten die Vögel im Wald, nach rechts hin dehnte ſich die Wieſe, mit Tauſendſchön, Ra- nunkel und rothem Ampfer geſprenkelt. Alles war Heiterkeit und Friede. Unſer „Pfadfinder“, der während unſers kurzen Aufenthalts im Finkenkrug ſich mehr meinem Reiſegefährten als mir zu attachiren gewußt hatte, brach hier die raſch angeknüpf- ten Beziehungen ebenſo raſch wieder ab, geſellte ſich mir aufs neue und antwortete eingehend und immer bereit auf meine hundert Fragen, die alsbald kreuz und quer gingen wie der Weg, den er uns führte. Sie fragen nach Wildſtand und Wilddieben; nun, der Wilddiebe hat der Brieſelang wohl nicht allzuviel, aber der

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/58>, abgerufen am 05.12.2024.