Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.übersah und verzieh. In seinen Händen hielt er einen gehörn- Um 982, unmittelbar nach dem großen Wendenaufstande, *) Daß die Wenden, in späterer Zeit, solche aus Stein aufgeführte
Tempel gehabt haben, dafür spricht manches, namentlich auch manche örtliche Tradition. So finden wir in einer 1619 zu Wittenberg gedruck- ten Jubelpredigt eines Jüterbocker Geistlichen folgendes: "Das uralte Templein allhier, welches ungefähr nur vor vierzig und etlichen Jahren ist eingerissen worden, darinnen der heidnische Götzendienst der Wendischen Morgengöttin soll sein geleistet worden, dies Templein ist in der Länge, Breite und Höhe bis an das Dach recht viereckigt von Mauersteinen aufgeführt gewesen, hat oben ein Kreuz- gewölbe und darüber ein viereckigt zugespitztes Dach von hellen Steinen gehabt. Die Thür oder Eingang von abendwärts ist niedrig gewesen, also daß man im Eingehen sich etwas bücken müssen. Es hat auch keine Fenster gehabt, sondern nur ein rundes Loch etc. -- -- also habe ich's von mehreren Personen, die noch am Leben sind, überſah und verzieh. In ſeinen Händen hielt er einen gehörn- Um 982, unmittelbar nach dem großen Wendenaufſtande, *) Daß die Wenden, in ſpäterer Zeit, ſolche aus Stein aufgeführte
Tempel gehabt haben, dafür ſpricht manches, namentlich auch manche örtliche Tradition. So finden wir in einer 1619 zu Wittenberg gedruck- ten Jubelpredigt eines Jüterbocker Geiſtlichen folgendes: „Das uralte Templein allhier, welches ungefähr nur vor vierzig und etlichen Jahren iſt eingeriſſen worden, darinnen der heidniſche Götzendienſt der Wendiſchen Morgengöttin ſoll ſein geleiſtet worden, dies Templein iſt in der Länge, Breite und Höhe bis an das Dach recht viereckigt von Mauerſteinen aufgeführt geweſen, hat oben ein Kreuz- gewölbe und darüber ein viereckigt zugeſpitztes Dach von hellen Steinen gehabt. Die Thür oder Eingang von abendwärts iſt niedrig geweſen, alſo daß man im Eingehen ſich etwas bücken müſſen. Es hat auch keine Fenſter gehabt, ſondern nur ein rundes Loch ꝛc. — — alſo habe ich’s von mehreren Perſonen, die noch am Leben ſind, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0047" n="29"/> überſah und verzieh. In ſeinen Händen hielt er einen gehörn-<lb/> ten Mond, ein Symbol, über deſſen Bedeutung nur Vermu-<lb/> thungen exiſtiren. Seinen Haupttempel hatte er in Stettin, der<lb/> den Schilderungen nach, die wir davon beſitzen, den aus Holz<lb/> aufgeführten, mit Bildwerk und Schnitzereien ausgeſchmückten<lb/> Tempeln in Rhetra und Arkona ſehr verwandt geweſen ſein<lb/> muß. Auch der Triglaff-<hi rendition="#g">Dienſt</hi> war dem Dienſt des Radi-<lb/> gaſt oder Swatowit mehr oder weniger verwandt. Die Zeichen<lb/> wurden in ähnlicher Weiſe gedeutet, das Roß ſchritt über die<lb/> gekreuzten Lanzenſpitzen hin, und das Berühren dieſer oder jener<lb/> Lanze, mit dem einen oder andern Fuß — alles hatte ſeine<lb/> Bedeutung zum Heil oder Unheil. Nur das Roß ſelbſt war<lb/> nicht weiß ſondern <hi rendition="#g">ſchwarz</hi>, vielleicht weil Triglaff ſelbſt mehr<lb/> den finſtern als den lichten Göttern zugehörte.</p><lb/> <p>Um 982, unmittelbar nach dem großen Wendenaufſtande,<lb/> war es, daß nunmehr dieſem Triglaff zu Ehren auch in <hi rendition="#g">Bran-<lb/> nibor</hi> (wo bereits 50 Jahre ein Biſchofsſitz beſtanden hatte)<lb/> ein Tempel errichtet wurde; derſelbe erhob ſich auf dem Harlun-<lb/> ger Berge und ſah triumphirend in das dem Heiden- und Wen-<lb/> denthum wieder zurückeroberte Land hinein. Es war höchſt<lb/> wahrſcheinlich kein Holzbau mehr, wie der Stettiner, ſondern<lb/> ein Steinbau, nach Art der chriſtlichen Steinkapellen,<note xml:id="note-0047" next="#note-0048" place="foot" n="*)">Daß die Wenden, in ſpäterer Zeit, ſolche aus Stein aufgeführte<lb/> Tempel gehabt haben, dafür ſpricht manches, namentlich auch manche<lb/> örtliche Tradition. So finden wir in einer 1619 zu Wittenberg gedruck-<lb/> ten Jubelpredigt eines Jüterbocker Geiſtlichen folgendes: „Das uralte<lb/> Templein allhier, welches ungefähr nur vor vierzig und etlichen Jahren<lb/> iſt eingeriſſen worden, <hi rendition="#g">darinnen der heidniſche Götzendienſt<lb/> der Wendiſchen Morgengöttin ſoll ſein geleiſtet worden</hi>,<lb/> dies Templein iſt in der Länge, Breite und Höhe bis an das Dach<lb/> recht viereckigt von Mauerſteinen aufgeführt geweſen, hat oben ein Kreuz-<lb/> gewölbe und darüber ein viereckigt zugeſpitztes Dach von hellen Steinen<lb/> gehabt. Die Thür oder Eingang von abendwärts iſt niedrig geweſen,<lb/> alſo daß man im Eingehen ſich etwas bücken müſſen. Es hat auch<lb/> keine Fenſter gehabt, ſondern nur ein rundes Loch ꝛc. — — <hi rendition="#g">alſo habe<lb/> ich’s von mehreren Perſonen, die noch am Leben ſind,</hi></note> und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [29/0047]
überſah und verzieh. In ſeinen Händen hielt er einen gehörn-
ten Mond, ein Symbol, über deſſen Bedeutung nur Vermu-
thungen exiſtiren. Seinen Haupttempel hatte er in Stettin, der
den Schilderungen nach, die wir davon beſitzen, den aus Holz
aufgeführten, mit Bildwerk und Schnitzereien ausgeſchmückten
Tempeln in Rhetra und Arkona ſehr verwandt geweſen ſein
muß. Auch der Triglaff-Dienſt war dem Dienſt des Radi-
gaſt oder Swatowit mehr oder weniger verwandt. Die Zeichen
wurden in ähnlicher Weiſe gedeutet, das Roß ſchritt über die
gekreuzten Lanzenſpitzen hin, und das Berühren dieſer oder jener
Lanze, mit dem einen oder andern Fuß — alles hatte ſeine
Bedeutung zum Heil oder Unheil. Nur das Roß ſelbſt war
nicht weiß ſondern ſchwarz, vielleicht weil Triglaff ſelbſt mehr
den finſtern als den lichten Göttern zugehörte.
Um 982, unmittelbar nach dem großen Wendenaufſtande,
war es, daß nunmehr dieſem Triglaff zu Ehren auch in Bran-
nibor (wo bereits 50 Jahre ein Biſchofsſitz beſtanden hatte)
ein Tempel errichtet wurde; derſelbe erhob ſich auf dem Harlun-
ger Berge und ſah triumphirend in das dem Heiden- und Wen-
denthum wieder zurückeroberte Land hinein. Es war höchſt
wahrſcheinlich kein Holzbau mehr, wie der Stettiner, ſondern
ein Steinbau, nach Art der chriſtlichen Steinkapellen, *) und
*) Daß die Wenden, in ſpäterer Zeit, ſolche aus Stein aufgeführte
Tempel gehabt haben, dafür ſpricht manches, namentlich auch manche
örtliche Tradition. So finden wir in einer 1619 zu Wittenberg gedruck-
ten Jubelpredigt eines Jüterbocker Geiſtlichen folgendes: „Das uralte
Templein allhier, welches ungefähr nur vor vierzig und etlichen Jahren
iſt eingeriſſen worden, darinnen der heidniſche Götzendienſt
der Wendiſchen Morgengöttin ſoll ſein geleiſtet worden,
dies Templein iſt in der Länge, Breite und Höhe bis an das Dach
recht viereckigt von Mauerſteinen aufgeführt geweſen, hat oben ein Kreuz-
gewölbe und darüber ein viereckigt zugeſpitztes Dach von hellen Steinen
gehabt. Die Thür oder Eingang von abendwärts iſt niedrig geweſen,
alſo daß man im Eingehen ſich etwas bücken müſſen. Es hat auch
keine Fenſter gehabt, ſondern nur ein rundes Loch ꝛc. — — alſo habe
ich’s von mehreren Perſonen, die noch am Leben ſind,
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