Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.tagszeit hörte in der Unter-Kirche den Hrn. Ellinger, Archidiaco- In Frankfurt giebt es viel schöne Leute. Die Universität war sehr schwach, so daß nach der Aussage Mr. In der Oberkirche war eine schöne Musique, weil ein Dankfest, Vormittags besuchte Hrn. Hitzwedel und Ellinger, der mir man- Reppen. Den 21. ging der Marsch auf Reppen. Ich fuhr aus tagszeit hörte in der Unter-Kirche den Hrn. Ellinger, Archidiaco- In Frankfurt giebt es viel ſchöne Leute. Die Univerſität war ſehr ſchwach, ſo daß nach der Ausſage Mr. In der Oberkirche war eine ſchöne Musique, weil ein Dankfeſt, Vormittags beſuchte Hrn. Hitzwedel und Ellinger, der mir man- Reppen. Den 21. ging der Marſch auf Reppen. Ich fuhr aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0466" n="448"/> tagszeit hörte in der <hi rendition="#g">Unter-Kirche</hi> den Hrn. <hi rendition="#aq">Ellinger, Archidiaco-<lb/> num</hi> daſelbſt. Der Mann mag nicht ohne Gnade ſeyn, ſteht aber in<lb/> einer gar zu heftigen Gemüthsfaßung. Theilet aber ſonſt das Wort<lb/> recht. Die Bitterkeit, ſo er gegen das <hi rendition="#aq">auditorium</hi> zu haben ſcheint,<lb/> mag vielen Segen hindern. Nachinittags hörete in der Oberkirchen (bey<lb/> jetziger <hi rendition="#aq">vacantz</hi> des <hi rendition="#aq">diaconats,</hi> wozu Herr Hitzwedel gelangen wird)<lb/> dieſen Hrn. Hitzwedel. Er predigt noch ſo wie ſonſt zu Berlin <hi rendition="#aq">i. e.</hi><lb/> bibliſch, aber ohne ſpecielle <hi rendition="#aq">application</hi> an die herkömmlichen Bräuche,<lb/> die Zuhörer zum Herrn Jeſu zu ziehen. Der Herr lehre und beßere<lb/> uns und gebe mir Gnade, die an euch bemerkten Fehler zu meiner<lb/> Beſſerung anzuwenden.</p><lb/> <p>In Frankfurt giebt es viel ſchöne Leute.</p><lb/> <p>Die Univerſität war ſehr ſchwach, ſo daß nach der Ausſage <hi rendition="#aq">Mr.<lb/> Colbergs stud. theol. Luther.</hi> die Anzahl der Studenten nicht über<lb/> 120 belaufen mögte.</p><lb/> <p>In der Oberkirche war eine ſchöne <hi rendition="#aq">Musique,</hi> weil ein Dankfeſt,<lb/> daß Gott vor etwa 200 Jahren (<hi rendition="#aq">anno</hi> 1565) die <hi rendition="#aq">contagion</hi> und<lb/> Waſſers-Noth abgewandt, gefeiert wurde. 2 Paar <hi rendition="#aq">Pauken,</hi> die Trom-<lb/> peten und ſchöne <hi rendition="#aq">Orgel</hi> machten ein gewaltiges Gethöne. Die Leute<lb/> haben unter der <hi rendition="#aq">Music</hi> die Gewohnheit, daß ſie ins geſammt ein Gebet<lb/> oder ſonſt etwas leſen, weil, wie einer ſagte, ſie doch vom Text der<lb/><hi rendition="#aq">music</hi> nichts verſtänden. Die Schule ſoll unter dem <hi rendition="#aq">Rectorat</hi> des Hrn.<lb/> Chriſtgau mehr ab- als zunehmen. In <hi rendition="#aq">prima classe</hi> ſollen etwan 20 ſein.<lb/> Daß ſeine Frau ſich in Schulſachen miſcht, ſoll Schuld daran ſeyn.</p><lb/> <p>Vormittags beſuchte Hrn. Hitzwedel und <hi rendition="#aq">Ellinger,</hi> der mir man-<lb/> ches von dem <hi rendition="#aq">irregulären</hi> Verhalten des Predigers <hi rendition="#aq">Colberg’s</hi> erzählte,<lb/><hi rendition="#aq">item</hi> von ſeines <hi rendition="#aq">Collegen</hi> Frauen, die auf einer Hochzeit in <hi rendition="#aq">Mariti</hi><lb/> Gegenwart brav mitgetanzet, zuletzt auch mit den gemeinſten Bürgern;<lb/><hi rendition="#aq">item</hi> ein andermal nicht nur dieſes, ſondern ſich auch von mehrern<lb/> Anweſenden, auch <hi rendition="#aq">Studenten</hi> öffentlich küſſen laſſen. Er <hi rendition="#aq">referirte</hi> mir<lb/> auch manchen falſchen Streich, den er ihm geſpielt, <hi rendition="#aq">item</hi> von ſo vielen<lb/> Leiden, die er ausgeſtanden um des angelegten Waiſenhauſes willen,<lb/> da er auch von den <hi rendition="#aq">hospitaliten</hi> einmal ſey geprügelt worden.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Reppen.</hi> Den 21. ging der Marſch auf Reppen. Ich fuhr aus<lb/> morgens um 9 Uhr und langte mit dem <hi rendition="#aq">Regiment</hi> um 1 Uhr daſelbſt<lb/> an. Das <hi rendition="#aq">quartier</hi> bekam beym Ober-Pfarrer Herr Klewer obgleich<lb/> das <hi rendition="#aq">billet</hi> auf den <hi rendition="#aq">Diaconum</hi> gerichtet war. Denn aus Irrthum und<lb/> vielleicht beſonderer göttlicher <hi rendition="#aq">direction</hi> wieß man uns dorthin. Reppen<lb/> iſt ein ebener Flecken, oder, weil es drei Bürgermeiſter hat, eine<lb/> mäßige, aber <hi rendition="#aq">pauvre</hi> Stadt. Herr <hi rendition="#aq">pastor primarius</hi> Klewer iſt 14<lb/> Tage lang unter dem jetzigen Glaſenapſchen, ehemals Wartensleben-<lb/> ſchen <hi rendition="#aq">Regiment musquetier</hi> geweſen. Auf Vorſtellung der jetzt ver-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [448/0466]
tagszeit hörte in der Unter-Kirche den Hrn. Ellinger, Archidiaco-
num daſelbſt. Der Mann mag nicht ohne Gnade ſeyn, ſteht aber in
einer gar zu heftigen Gemüthsfaßung. Theilet aber ſonſt das Wort
recht. Die Bitterkeit, ſo er gegen das auditorium zu haben ſcheint,
mag vielen Segen hindern. Nachinittags hörete in der Oberkirchen (bey
jetziger vacantz des diaconats, wozu Herr Hitzwedel gelangen wird)
dieſen Hrn. Hitzwedel. Er predigt noch ſo wie ſonſt zu Berlin i. e.
bibliſch, aber ohne ſpecielle application an die herkömmlichen Bräuche,
die Zuhörer zum Herrn Jeſu zu ziehen. Der Herr lehre und beßere
uns und gebe mir Gnade, die an euch bemerkten Fehler zu meiner
Beſſerung anzuwenden.
In Frankfurt giebt es viel ſchöne Leute.
Die Univerſität war ſehr ſchwach, ſo daß nach der Ausſage Mr.
Colbergs stud. theol. Luther. die Anzahl der Studenten nicht über
120 belaufen mögte.
In der Oberkirche war eine ſchöne Musique, weil ein Dankfeſt,
daß Gott vor etwa 200 Jahren (anno 1565) die contagion und
Waſſers-Noth abgewandt, gefeiert wurde. 2 Paar Pauken, die Trom-
peten und ſchöne Orgel machten ein gewaltiges Gethöne. Die Leute
haben unter der Music die Gewohnheit, daß ſie ins geſammt ein Gebet
oder ſonſt etwas leſen, weil, wie einer ſagte, ſie doch vom Text der
music nichts verſtänden. Die Schule ſoll unter dem Rectorat des Hrn.
Chriſtgau mehr ab- als zunehmen. In prima classe ſollen etwan 20 ſein.
Daß ſeine Frau ſich in Schulſachen miſcht, ſoll Schuld daran ſeyn.
Vormittags beſuchte Hrn. Hitzwedel und Ellinger, der mir man-
ches von dem irregulären Verhalten des Predigers Colberg’s erzählte,
item von ſeines Collegen Frauen, die auf einer Hochzeit in Mariti
Gegenwart brav mitgetanzet, zuletzt auch mit den gemeinſten Bürgern;
item ein andermal nicht nur dieſes, ſondern ſich auch von mehrern
Anweſenden, auch Studenten öffentlich küſſen laſſen. Er referirte mir
auch manchen falſchen Streich, den er ihm geſpielt, item von ſo vielen
Leiden, die er ausgeſtanden um des angelegten Waiſenhauſes willen,
da er auch von den hospitaliten einmal ſey geprügelt worden.
Reppen. Den 21. ging der Marſch auf Reppen. Ich fuhr aus
morgens um 9 Uhr und langte mit dem Regiment um 1 Uhr daſelbſt
an. Das quartier bekam beym Ober-Pfarrer Herr Klewer obgleich
das billet auf den Diaconum gerichtet war. Denn aus Irrthum und
vielleicht beſonderer göttlicher direction wieß man uns dorthin. Reppen
iſt ein ebener Flecken, oder, weil es drei Bürgermeiſter hat, eine
mäßige, aber pauvre Stadt. Herr pastor primarius Klewer iſt 14
Tage lang unter dem jetzigen Glaſenapſchen, ehemals Wartensleben-
ſchen Regiment musquetier geweſen. Auf Vorſtellung der jetzt ver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeFontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |