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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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wie Schröpfer eine 14tägige Vorbereitung in der Diät zur Einweihung
in diese Mysterien erfordert habe; daß er auch des sonst gewöhnlichen
Hülfsmittels nicht bedürfe, zufolge dessen man sonst nur zwei oder drei
Personen zuzulassen unv solche den ganzen Tag über in demselben Zim-
mer einzusperren pflege. Er seinerseits verlange nur, daß Niemand sich
von der Stelle bewege, Niemand etwas angreife, Keiner während der
Operation spreche, noch weniger einem Andern seine Gedanken über
das Gesehene mittheile
. Sobald eines von diesen Gesetzen über-
treten werde, stehe er nicht mehr für die überaus große Gefahr,
welcher sie sämmtlich dadurch ausgesetzt sein würden.

Er legte nunmehr das schwarze Tuch, als zu der Feierlichkeit
wesentlich nöthig, auseinander, und bedeckte damit den Fußboden längs
der Zauberwand. Licht und Lampe wurden ausgelöscht und in der völ-
ligen Dunkelheit, die jetzt herrschte, benutzte er noch dazu das Rauchfaß
auf eine für die Augen seiner Zuschauer sehr empfindliche Art. Mit
väterlicher Sorgfalt erinnerte er sie nochmals in jeder Pause an die
große Gefahr in welcher sie sich befänden, empfahl ihnen sich die Hände
zu geben und denen beiden, welche an den Ecken standen, die metallne
Hand
anzufassen, welche er in der Dunkelheit für eine abgestorbene
Hand (main morte) ausgab. Die hierbei von einem der Zuschauer mit
Nachdruck gegebene Versicherung "daß der Zauberer, durch etwaige
Anwendung eines zu empfindlichen elektrischen Schlages, sich einer
unangenehmen Erwiderung aussetzen würde," verstimmte zuerst
den feierlichen mysteriösen Ernst, bei welchem allein eine Täuschung
gedeihen kann.

Die Beschwörung nahm nun mit gebieterischer aber dumpfer und
unverständlicher Stimme, nach einem Hin- und Herschreiten im Kreise,
mit dem Zauberstabe den Anfang. Es waren fast dieselben heiligen
Worte ("Helion, Melion, Tetragrammaton") denen Cagliostro über-
natürliche Kräfte beimißte, mit "Jehovah" und einigen französischen
Formeln: "Parois, esprit terrible! Esprit terrible epargne moi" ver-
mischt. Ueber dem Zimmer ertönte ein Donner und das Lämpchen
warf einige Funken von sich. Nach einigem Hin- und Herbewegen des
Rauchfasses, und nach einigen in Extase auf die Zuschauer geworfenen
Blicken, erschien auf ein lautes: Esprit, parois! an der von den
Zuschauern etwa 12 Fuß entfernten weißen Wand der Geist Vol-
taires
, in weißem, langem Gewande, mit rundem Haar, fast in
natürlicher Größe. Der Zauberer fragte, seines Verbots vom Still-
schweigen selbst uneingedenk, die Gesellschaft: "ob sie den Geist erkenn-
ten" und als man ihm antwortete, daß man die fast unkennbaren
Gesichtszüge deutlicher zu sehen wünschte, entschuldigte er sich damit: daß
er sich nicht anheischig gemacht habe Körper zu zeigen. Das Phantom

wie Schröpfer eine 14tägige Vorbereitung in der Diät zur Einweihung
in dieſe Myſterien erfordert habe; daß er auch des ſonſt gewöhnlichen
Hülfsmittels nicht bedürfe, zufolge deſſen man ſonſt nur zwei oder drei
Perſonen zuzulaſſen unv ſolche den ganzen Tag über in demſelben Zim-
mer einzuſperren pflege. Er ſeinerſeits verlange nur, daß Niemand ſich
von der Stelle bewege, Niemand etwas angreife, Keiner während der
Operation ſpreche, noch weniger einem Andern ſeine Gedanken über
das Geſehene mittheile
. Sobald eines von dieſen Geſetzen über-
treten werde, ſtehe er nicht mehr für die überaus große Gefahr,
welcher ſie ſämmtlich dadurch ausgeſetzt ſein würden.

Er legte nunmehr das ſchwarze Tuch, als zu der Feierlichkeit
weſentlich nöthig, auseinander, und bedeckte damit den Fußboden längs
der Zauberwand. Licht und Lampe wurden ausgelöſcht und in der völ-
ligen Dunkelheit, die jetzt herrſchte, benutzte er noch dazu das Rauchfaß
auf eine für die Augen ſeiner Zuſchauer ſehr empfindliche Art. Mit
väterlicher Sorgfalt erinnerte er ſie nochmals in jeder Pauſe an die
große Gefahr in welcher ſie ſich befänden, empfahl ihnen ſich die Hände
zu geben und denen beiden, welche an den Ecken ſtanden, die metallne
Hand
anzufaſſen, welche er in der Dunkelheit für eine abgeſtorbene
Hand (main morte) ausgab. Die hierbei von einem der Zuſchauer mit
Nachdruck gegebene Verſicherung „daß der Zauberer, durch etwaige
Anwendung eines zu empfindlichen elektriſchen Schlages, ſich einer
unangenehmen Erwiderung ausſetzen würde,“ verſtimmte zuerſt
den feierlichen myſteriöſen Ernſt, bei welchem allein eine Täuſchung
gedeihen kann.

Die Beſchwörung nahm nun mit gebieteriſcher aber dumpfer und
unverſtändlicher Stimme, nach einem Hin- und Herſchreiten im Kreiſe,
mit dem Zauberſtabe den Anfang. Es waren faſt dieſelben heiligen
Worte („Helion, Melion, Tetragrammaton“) denen Caglioſtro über-
natürliche Kräfte beimißte, mit „Jehovah“ und einigen franzöſiſchen
Formeln: „Parois, esprit terrible! Esprit terrible epargne moi“ ver-
miſcht. Ueber dem Zimmer ertönte ein Donner und das Lämpchen
warf einige Funken von ſich. Nach einigem Hin- und Herbewegen des
Rauchfaſſes, und nach einigen in Extaſe auf die Zuſchauer geworfenen
Blicken, erſchien auf ein lautes: Esprit, parois! an der von den
Zuſchauern etwa 12 Fuß entfernten weißen Wand der Geiſt Vol-
taires
, in weißem, langem Gewande, mit rundem Haar, faſt in
natürlicher Größe. Der Zauberer fragte, ſeines Verbots vom Still-
ſchweigen ſelbſt uneingedenk, die Geſellſchaft: „ob ſie den Geiſt erkenn-
ten“ und als man ihm antwortete, daß man die faſt unkennbaren
Geſichtszüge deutlicher zu ſehen wünſchte, entſchuldigte er ſich damit: daß
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[442/0460] wie Schröpfer eine 14tägige Vorbereitung in der Diät zur Einweihung in dieſe Myſterien erfordert habe; daß er auch des ſonſt gewöhnlichen Hülfsmittels nicht bedürfe, zufolge deſſen man ſonſt nur zwei oder drei Perſonen zuzulaſſen unv ſolche den ganzen Tag über in demſelben Zim- mer einzuſperren pflege. Er ſeinerſeits verlange nur, daß Niemand ſich von der Stelle bewege, Niemand etwas angreife, Keiner während der Operation ſpreche, noch weniger einem Andern ſeine Gedanken über das Geſehene mittheile. Sobald eines von dieſen Geſetzen über- treten werde, ſtehe er nicht mehr für die überaus große Gefahr, welcher ſie ſämmtlich dadurch ausgeſetzt ſein würden. Er legte nunmehr das ſchwarze Tuch, als zu der Feierlichkeit weſentlich nöthig, auseinander, und bedeckte damit den Fußboden längs der Zauberwand. Licht und Lampe wurden ausgelöſcht und in der völ- ligen Dunkelheit, die jetzt herrſchte, benutzte er noch dazu das Rauchfaß auf eine für die Augen ſeiner Zuſchauer ſehr empfindliche Art. Mit väterlicher Sorgfalt erinnerte er ſie nochmals in jeder Pauſe an die große Gefahr in welcher ſie ſich befänden, empfahl ihnen ſich die Hände zu geben und denen beiden, welche an den Ecken ſtanden, die metallne Hand anzufaſſen, welche er in der Dunkelheit für eine abgeſtorbene Hand (main morte) ausgab. Die hierbei von einem der Zuſchauer mit Nachdruck gegebene Verſicherung „daß der Zauberer, durch etwaige Anwendung eines zu empfindlichen elektriſchen Schlages, ſich einer unangenehmen Erwiderung ausſetzen würde,“ verſtimmte zuerſt den feierlichen myſteriöſen Ernſt, bei welchem allein eine Täuſchung gedeihen kann. Die Beſchwörung nahm nun mit gebieteriſcher aber dumpfer und unverſtändlicher Stimme, nach einem Hin- und Herſchreiten im Kreiſe, mit dem Zauberſtabe den Anfang. Es waren faſt dieſelben heiligen Worte („Helion, Melion, Tetragrammaton“) denen Caglioſtro über- natürliche Kräfte beimißte, mit „Jehovah“ und einigen franzöſiſchen Formeln: „Parois, esprit terrible! Esprit terrible epargne moi“ ver- miſcht. Ueber dem Zimmer ertönte ein Donner und das Lämpchen warf einige Funken von ſich. Nach einigem Hin- und Herbewegen des Rauchfaſſes, und nach einigen in Extaſe auf die Zuſchauer geworfenen Blicken, erſchien auf ein lautes: Esprit, parois! an der von den Zuſchauern etwa 12 Fuß entfernten weißen Wand der Geiſt Vol- taires, in weißem, langem Gewande, mit rundem Haar, faſt in natürlicher Größe. Der Zauberer fragte, ſeines Verbots vom Still- ſchweigen ſelbſt uneingedenk, die Geſellſchaft: „ob ſie den Geiſt erkenn- ten“ und als man ihm antwortete, daß man die faſt unkennbaren Geſichtszüge deutlicher zu ſehen wünſchte, entſchuldigte er ſich damit: daß er ſich nicht anheiſchig gemacht habe Körper zu zeigen. Das Phantom

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/460>, abgerufen am 24.11.2024.